Erneute Forderung der Automobilverbände: Fahrzeugdaten müssen zugänglich sein

Um einen fairen Wettbewerb zwischen Akteuren der Automobilindustrie zu ermöglichen, müssen die nötigen Fahrzeugdaten allen Beteiligten frei zugänglich sein. Die Verbände bemängeln die aktuellen Regelungen und fordern angesichts der aktuellen MPK dringend eine Anpassung seitens der Politik.

In der Industrie 4.0 sind immer mehr Maschinen vernetzt. Wartungen und Reparaturen bei Fahrzeugen hängen vom Zugang zu den erforderlichen Daten ab. Die derzeitigen Regulierungen jedoch erlauben keinen fairen Wettbewerb, monieren die Verbände. | Bild: Gerd Altmann/Pixabay.
In der Industrie 4.0 sind immer mehr Maschinen vernetzt. Wartungen und Reparaturen bei Fahrzeugen hängen vom Zugang zu den erforderlichen Daten ab. Die derzeitigen Regulierungen jedoch erlauben keinen fairen Wettbewerb, monieren die Verbände. | Bild: Gerd Altmann/Pixabay.
Claudia Leistritz

Am heutigen Donnerstag, 7. September 2023, hat in Brüssel eine der vier jährlichen Ministerpräsidentenkonferenzen (MPK) begonnen. Neben anderen Themen soll es darin auch um die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gehen. Gemeinsam mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie weiteren EU-Kommissionsmitgliedern wollen die 16 Regierungschefs der Bundesländer nun zwei Tage lang unter anderem darüber beraten, wie sich Klimaschutzziele mit einer Stärkung der Wirtschaft vereinbaren lassen.

Appell deutscher Automobilverbände

Einige Tage vor diesem Ereignis haben nun deutsche Verbände der Automobilbranche, darunter der ADAC, der GVA (Gesamtverband Autoteile-Handel) und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), einen dringlichen Appell an die Regierungschefs der Länder gerichtet. Darin fordern sie, die derzeit unzureichenden Regelungen des EU-Datengesetzes („Data Act“) für einen freien Zugang zu Fahrzeugdaten für den freien Aftermarket (IAM) zu optimieren in Richtung einer sektorspezifischen Regelung, die speziell den Automobilbereich berücksichtigt.

Unzureichende gegenwärtige Lage

Das Datengesetz der EU ("Data Act"), das am 23. Februar 2022 von der EU-Kommission verabschiedet wurde und „faire“ Regeln für die Nutzung von Daten festlegen will, die von „Internet of Things (IoT)-Geräten“ stammen, sei in Bezug auf die Automobilindustrie in keiner Weise ausreichend, so die Verbände in ihrem Schreiben an die Ministerpräsidenten der Bundesländer. Dieses Gesetz regelt die Nutzung von Daten zwischen Unternehmen (B2B), zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C) sowie zwischen Unternehmen und Behörden (B2G) und betrifft unter anderem Hersteller, Dateninhaber und Nutzer vernetzter Geräte, also beispielsweise von Haushaltsgeräten und anderer Maschinen, aber auch von Fahrzeugen, die zunehmend digital vernetzt sind.

Mit den Festlegungen sollen unter anderem Nutzer die Daten auswerten und unter bestimmten Bedingungen auch an Dritte weitergeben können, da ohne diesen Zugriff beispielsweise Reparaturen nicht oder nur eingeschränkt vorgenommen werden können. Die Oberhoheit über den Datenzugriff haben jedoch die Hersteller, die diesen Zugang ermöglichen müssen.

Wettbewerb eingeschränkt

Im gegenwärtigen Data Act nun würden die „Besonderheiten des Autombilsektors“ nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es in dem Schreiben. Denn immer noch hätten nur die Fahrzeughersteller den „alleinigen, direkten“ Zugriff auf die Daten und würden auf diese Weise den Wettbewerb zu Lasten der Verbraucher einschränken. Die Teilnehmer des freien Kfz-Aftermarket, also beispielsweise Werkstätten, seien jedoch darauf angewiesen, auswertbare Fahrzeugdaten sowie „den Zugang zur Kundenschnittstelle und zum Display im Fahrzeugcockpit“ zu erhalten, um ihre Serviceleistungen erbringen zu können.

Teure Mobilität

Es gebe zwar mit dem Digital Services Act, dem Digital Markets Act sowie dem Data Act der Europäischen Kommission bereits ein umfassendes Regulierungspaket für den Datenzugang. Allerdings seien vernetzte Fahrzeuge nicht mit Geräten wie beispielsweise Fitnessuhren oder smarten Kaffeemaschinen vergleichbar und erforderten weiterreichende und teilweise ganz andere Regelungen. Um diesen Sachverhalt für alle Teilnehmer fair zu gestalten, müssten speziell auf diese Erfordernisse zugeschnittene Vorgaben den Wettbewerb ergänzend regeln, heißt es weiter.

„Vernetzte Fahrzeuge sind mit hohen Investitionen für Verbraucherinnen und Verbraucher verbunden, erfüllen das Grundbedürfnis an Mobilität und müssen daher aus gutem Grund wettbewerbsrechtlich besonders geregelt werden“,

so die Verbände. Ohne einen gleichberechtigten Zugang würden zahlreiche Unternehmen des Automotive Aftermarket ausgeschlossen und irgendwann vom Markt verschwinden – mit schwerwiegenden Folgen: Die Preise würden zu Lasten der Verbraucher steigen und die Mobilität verteuern.

Jahrelang vergebliche Forderungen

Nun sei zwar vom Bundesrat in einem entsprechenden Beschluss zum Data Act (130/22(B)) schon auf einige dieser Schwachstellen hingewiesen worden wie unter anderem unklare Formulierungen oder Rechtsbegriffe. Und auch Faktoren wie Nutzerfreundlichkeit und höhere Qualität der Datensätze würden darin befürwortet. Als Vertreter des Automotive Aftermarket begrüße man diese Empfehlungen, sehe allerdings immer noch einen ganz grundlegenden Mangel in der Angelegenheit, auf den man darüberhinaus schon seit Jahren immer wieder aufmerksam gemacht habe: nach wie vor verhinderten die Autohersteller den wirklich freien Zugang zu den Daten.

So hatten sich die Verbände beispielsweise auch Anfang dieses Jahres, gemeinsam mit dem europäischen Verband der Automobilzulieferer Clepa und dem Verband der Werkstattausrüster Egea, in einem Schreiben an maßgebliche Politiker gewandt – ohne Erfolg.

„Bereits seit über sechs Jahren weisen wir eindringlich darauf hin, dass ein fairer Wettbewerb bei Dienstleistungen rund um die Mobilität durch den ausschließlichen Zugang der Autohersteller zu Daten des vernetzten Fahrzeugs, seinen Funktionen und Ressourcen für andere Dienstleister nicht besteht“,

so das Schreiben. Gefordert werde daher eine „sektorspezifische Regelung“, die also den Datenzugang für die speziellen Anforderungen im Automobil-Sektor berücksichtige. Hier solle der Data Act in einer Ergänzung entsprechende Klarstellungen enthalten und dadurch ein „level playing field“ eröffnen, das Verbraucherinnen und Verbrauchern eine echte Wahlfreiheit biete.

Voraussetzung für digitale Transformation

Als Voraussetzung für das Gelingen einer digitalen Transformation im gesamten Automobilsektor solle sich die Ministerpräsidentenkonferenz daher nachdrücklich für diese auf den Sektor fokussierte Regelung einsetzen. Es drohe sonst eine „erhebliche mehrjährige Verzögerung“, die den betroffenen Akteuren erheblichen Schaden zufügen könnte: dann werde der unabhängige Kfz-Aftermarket eben letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt – mit allen negativen Konsequenzen nicht nur für die betroffenen Unternehmen und ihre Arbeitsplätze in den Bundesländern, sondern auch für die Verbraucher.

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