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Acea: Abgasnorm Euro-7 ist ineffizient und teuer

Derzeit plant die Europäische Union eine Überarbeitung der Abgasnormen, die als Ersatz für die bestehende Euro-6/VI-Regelung für die Zulassung neuer Automodelle gelten soll. Die Folgenabschätzung der Kommission stimmt aber nicht mit einer diesbezüglichen neuen Studie überein, sagt der Automobilherstellerverband Acea.

Laut dem europäischen Verband der Automobilhersteller (Acea) würden gemäß den Ergebnissen einer Studie die Herstellungskosten für Fahrzeuge durch die Euro-7-Bestimmungen deutlich höher ausfallen als im EU-Vorschlag angenommen. | Bild: Acea.
Laut dem europäischen Verband der Automobilhersteller (Acea) würden gemäß den Ergebnissen einer Studie die Herstellungskosten für Fahrzeuge durch die Euro-7-Bestimmungen deutlich höher ausfallen als im EU-Vorschlag angenommen. | Bild: Acea.
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Claudia Leistritz

Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sollen die bisher bestehenden Abgasnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge (Euro 6) sowie Lkw und Busse (Euro VI) ab 2025 durch verschärfte neue Euro-7-Standardregeln ersetzt werden, die dann ohne Unterschied für die Neuzulassung aller Fahrzeuge gelten, ob Pkw oder Lkw. Die neue Regelung betrachtet beispielsweise die Emissionen unabhängig vom Kraftstoff oder der Technologie und legt für alle Kraftstoffarten, ob Benzin, Diesel, Elektroantrieb oder alternative Kraftstoffe, die gleichen Grenzen fest.

Nun hat aber eine Studie des Londoner Beratungsunternehmens Frontier Economics ergeben, dass mit Übernahme der neuen Richtlinien für die Schadstoffemissionen die Herstellungskosten aller Fahrzeuge tatsächlich deutlich höher liegen würden als in der Folgenabschätzung der EU-Kommission angegeben. Und damit kämen auch auf die Endverbraucher höhere Kosten zu, wie Medienberichten zufolge schon befürchtet wurde. Aber der äußerst geringe Nutzen aus der Bestimmung rechtfertige den höheren Preis keineswegs, meint der europäische Verband der Automobilhersteller Acea (Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) in seiner aktuellen Pressemeldung. Die bestehende Euro-6/VI-Regelung sei bereits äußerst wirksam und solle beibehalten werden.

Kosten höher als gedacht

Nach der Studie würden die Herstellungskosten für verbrennerbetriebene Pkw und Transporter je Fahrzeug um rund 2.000 Euro, diejenigen für Lkw und Busse mit Dieselmotor um nahezu 12.000 Euro ansteigen. „Diese Zahlen sind vier-bis zehnmal höher als die Schätzungen der Kommission in ihrer Euro-7-Folgenabschätzung“, schreibt der Brüsseler Verband. Die Kommission habe in ihrer Euro-7-Folgeabschätzung nur höchstens 450 Euro für Pkw und Transporter sowie 2.800 für Lkw und Busse an höheren Herstellungskosten errechnet.

Die von der EU abgegebenen Schätzungen würden aber nur die direkten Herstellungskosten, vor allem bezogen auf Ausrüstung und Investitionen, betrachten. Bei diesen zusätzlichen Kosten müsse außerdem beachtet werden, dass diese nicht den Einkaufspreis abbildeten, sondern am Ende vielmehr die Preise für die Endverbraucher noch wesentlich steigerten. Daher würden die tatsächlich anfallenden Kosten wahrscheinlich sogar noch höher liegen als sie die Studie von Frontier Economics errechnet habe.

Euro 6/VI bisher am strengsten überhaupt

Die derzeitigen Euro-6/VI-Vorschriften stellen weltweit die umfassendsten und strengsten Normen für Schadstoffemissionen wie NOx (Stickstoffoxid) und Partikel dar und werden auch von Experten als äußerst wirksam betrachtet. Der Verband dazu:

„Dank modernster Fahrzeugtechnik sind die Abgasemissionen bereits auf einem kaum noch messbaren Niveau“.

Und so bemängelt auch die Generaldirektorin des Acea-Verbands, Sigrid de Vries, den Euro-7-Vorschlag:

„Die europäische Autoindustrie hat sich verpflichtet, die Emissionen zum Wohle des Klimas, der Umwelt und der Gesundheit weiter zu senken. Der Euro-7-Vorschlag ist jedoch nicht der richtige Weg für dieses Ziel, da er nur eine extrem geringe Auswirkung auf die Umwelt hätte und dazu auch noch sehr viel kosten würde“.

Besser bei der alten Regelung bleiben und zugleich elektrifizieren

Der Ersatz von älteren Fahrzeugen durch solche mit Euro-6/VI-Regelung bei gleichzeitiger Umstellung auf elektrifizierte Fahrzeuge  würde sich hingegen vorteilhafter auswirken, meint der Verband. Kürzliche Studien hätten ergeben, dass dadurch bis 2035 die NOx-Emissionen im Straßentransport um 80 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 reduziert werden könnten. Wende man jedoch die verschärften Euro 7-Regeln an (beispielsweise wenn NOx und Partikel auf null begrenzt würden), könnten die NOx-Emissionen im Straßentransport im Vergleich mit Euro-6/VI im Bereich Pkw und Vans bestenfalls um weitere 4 Prozent, für Lkw um weitere 2 Prozent gemindert werden. So schließt de Vries:

„Durch den Übergang zur Elektrifizierung werden größere Vorteile für die Umwelt und die Gesundheit erzielt, wenn zur gleichen Zeit ältere Fahrzeuge auf den Straßen der EU mit hocheffizienten Euro-6/VI-Modellen ersetzt werden“.

Denn neben den direkten Kosten würde der Euro-7-Vorschlag auch indirekte Kosten, beispielsweise durch einen höheren Kraftstoffverbrauch, in die Höhe treiben. Über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeuges könnten dadurch die Kraftstoffkosten um 3,5 Prozent ansteigen. Das bedeute beispielsweise bei Fern-Lkw einen Mehrbetrag von 20.000 Euro, bei Pkw und Lieferwagen entsprechend 650 Euro mehr.

Diese indirekten Kosten jedoch, die die Folgenabschätzung der EU-Kommission nicht berücksichtige, müssten zu den direkten Kosten hinzugerechnet werden und ergäben damit auch entsprechend höhere Fahrzeuganschaffungskosten. In einer Zeit steigender Energiepreise und hoher Inflation jedoch würde dies die Verbraucher unter zusätzlichen finanziellen Druck setzen.

ADAC-Analyse: Euro-7 berücksichtigt mehr Schadstoffe 

Ausführlichere Informationen zu den Euro-7-Normen hat der Autoclub ADAC Ende März 2023 veröffentlicht. Demnach werden beispielsweise in der vorgeschlagenen Neufassung die Fahrzeuge in Bezug auf die berücksichtigten Schadstoffe schon unterschiedlich bewertet. So führt die Euro-7-Liste für Pkw neben den bisherigen Schadstoffen Stickoxide (Nox), Kohlenmonoxid, Partikel und Kohlenwasserstoff neu auch Ammoniak (NH3) auf, der eine wichtige Rolle bei der Bildung von „städtischem Smog“ spielen soll. Für Lkw gilt entsprechend eine zusätzliche Begrenzung von Formaldehyd (CH2O) und Distickstoffmonoxid (N2O).

Bremsen, Reifen, Batterien: Euro-7 beträfe auch E-Fahrzeuge 

Außerdem sollen nach der neuen Regelung erstmals auch für Partikelemissionen von Bremsen sowie Mikroplastikemissionen von Reifen Grenzwerte festgesetzt werden, die dann natürlich auch für Elektrofahrzeuge gelten würden.

Auch sind in der neuen Regelung beispielsweise Dauerhaltbarkeitsanforderungen vorgesehen, also die Forderung nach dauerhafter Einhaltung der Grenzwerte über einen längeren Zeitraum hinweg. Überprüft werden sollen dann die vorgegebenen Werte bei Pkw und Vans nach „200.000 Kilometern und 10 Jahren“. Und erstmals würde für E-Autos auch die Haltbarkeit von Traktionsbatterien kontrolliert. So dürfe die Speicherkapazität der Batterie nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern „nicht unter 80 Prozent des ursprünglichen Werts“ abfallen, wie der ADAC schreibt. Und nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern müssten immer noch mindestens 70 Prozent zur Verfügung stehen.

Der ADAC jedoch (er geht, anders als der Acea-Verband, von einem geringeren Betrag an zusätzlichen Anschaffungskosten aus, nämlich von höchstens 150 Euro für Pkw und Transporter sowie etwa 2.700 Euro für Lkw und Busse) kommt zu dem Schluss, dass der geschätzte Umweltnutzen von Euro-7 „in Bezug auf vermiedene gesundheitliche Auswirkungen durch Luftverschmutzung“ die Kosten für Hersteller, Verbraucher und Behörden in einem Verhältnis von mehr als 5 zu 1 und somit deutlich übersteigen würde.

Für ihren Vorschlag muss sich die Kommission noch mit dem EU-Ministerrat und dem Europaparlament abstimmen.

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