In seiner Pressemeldung verkündet der Herzogenauracher Technologiekonzern heute den Abbau von weltweit 1.300 seiner Arbeitsplätze, davon rund 300 im Ausland. Der Vorstand habe im Rahmen von ergänzenden strukturellen Maßnahmen beschlossen, damit bis Ende 2026 „insbesondere in der Sparte Automotive Technologies Überkapazitäten abzubauen und Fixkosten zu reduzieren“.
Rasante Veränderungen im Bereich Antriebstechnologien
Als Begründung für den Umbau nennt der Automobil- und Industriezulieferer ein verändertes Marktumfeld und den „sich beschleunigenden Wandel im Bereich Antriebstechnologien“. Man wolle damit die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der Fahrzeugsparte verbessern und die Bereiche Fixkosten und Überkapazitäten, die angesichts der forcierten Elektrifizierung aus der Produktion von Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren resultierten, begrenzen. Die wesentlichen Schritte sollen bis Ende 2026 sozialverträglich und „im Rahmen der Zukunftsvereinbarung“ umgesetzt sein.
Stattdessen mehr Geld für Elektrifizierung
Dafür will man zumindest für die Standorte in Deutschland noch stärker in mehr Gewinn versprechende „Zukunftsfelder“ investieren:
„Es reicht künftig nicht aus, nur technologisch führend zu sein. Vielmehr sind wettbewerbsfähige Kostenstrukturen entscheidend, um die Transformation weiter zu beschleunigen und Schaeffler konsequent auf die Elektrifizierung des Antriebsstrangs auszurichten",
sagt Matthias Zink, CEO der Sparte Automotive Technologies der Schaeffler AG. In der Konsequenz müsse man eben Kosten und Überkapazitäten einschränken.
Reaktion auf Transformation
Weiterhin erklärt das Unternehmen, dass die beschleunigte Transformation der Fahrzeugantriebe hin zur Elektromobilität im Bereich Verbrennerfahrzeuge zu „Überkapazitäten“ führen würde, die angepasst werden müssten. Und auch dass die anderen Automobilhersteller ihre Entwicklungen im Bereich herkömmliche Antriebe reduzierten, erfordere entsprechende Reaktionen seitens des Konzerns. Hinzu komme ohnehin das Bestreben, sowohl die Fertigung wie die Zentralfunktionen im Betrieb „so effizient wie möglich“ zu gestalten.
Bereich herkömmliche Antriebe abbauen
Die geplanten Maßnahmen zielen auf einen Abbau von insgesamt 1.300 Stellen im In- und Ausland, die vor allem die Unternehmensbereiche Motor-/ Getriebesysteme und Lager der Sparte Automotive Technologies sowie auch innerhalb der Zentralfunktionen des Unternehmens betreffen. Drei Viertel tragen zur Verschlankung der Verwaltungsbereiche und zentralen Funktionen „im Bereich Forschung und Entwicklung für Verbrennungsmotoren“ bei, der Rest reduziere die Produktionskapazitäten.
In Deutschland sind die Veränderungen am stärksten am Stammsitz in Herzogenaurach sowie den Standorten in Bühl und Homburg spürbar. Ein Viertel der einzusparenden Arbeitsplätze liegt „außerhalb von Deutschland“, heißt es.
130 Millionen Euro für Transformation
Die Vorhaben dienten zur Sicherstellung des zukünftigen Wachstums von Schaeffler, sagt Sascha Zaps, Regional CEO Europa der Schaeffler AG. Man wolle damit die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens stärken und zugleich langfristig Arbeitsplätze im Land erhalten.
Laut Bericht rechnet man auf diese Weise mit jährlichen Einsparungen in Höhe von voraussichtlich 100 Millionen Euro. Demgegenüber seien „Transformationsaufwendungen“ von rund 130 Millionen Euro zu leisten, „von denen voraussichtlich der Großteil als Rückstellung im 4. Quartal 2022 gebildet wird.“
Verbrennersparte abbauen, E-Mobilität aufbauen
Einige Felder seien hier besonders zu berücksichtigen: so der vom Wettbewerb besonders abhängige Lagermarkt, weswegen die Lagerfertigung am Stammsitz in Herzogenaurach strukturell anzupassen sei. Auch müssten in Herzogenaurach, Bühl sowie weiteren Standorten im Ausland die internen Strukturen im Bereich verbrennerbezogene Forschung und Entwicklung den neuen Markterfordernissen angepasst und entsprechend abgebaut werden. Weiterhin gefördert und in Hinsicht auf Effizienz und Prototypenbau optimiert würde im Gegenzug der Unternehmensbereich E-Mobilität im fränkischen Herzogenaurach sowie im nahe bei Baden-Baden gelegenen Bühl.
Automatisierung, Verschlankung
Am Standort im saarländischen Homburg will man sich auf eine „wettbewerbsfähige Produktion“ konzentrieren und in diesem Zuge Stellen abbauen, und zwar durch zunehmende Automatisierung der Abläufe einerseits, effizientere interne Strukturen und Prozesse in der Fertigung andererseits. Weitere Fixkosten wolle man auch durch Reduzierung von Verwaltungsstellen in den Zentraleinheiten des Konzerns, hauptsächlich am Stammsitz in Herzogenaurach, senken.
Auch weitere Standorte sollen in diesem Zug Veränderungen erfahren: In Ingolstadt und Morbach beispielsweise werden ausschließlich Komponenten für Verbrennermotoren hergestellt, die nun aber von "Nachfragerückgängen" betroffen seien. Hier sind in der nächsten Zeit mit den Arbeitnehmervertretern „im Rahmen von neu konzipierten Dialogprozessen“ neue Standortkonzepte zu entwickeln, beschreibt das Unternehmen die durchgreifenden Umstrukturierungsmaßnahmen.
Wasserstoff, E-Mobilität, Aftermarket
Der Verschlankung im Bereich herkömmliche Antriebe stehen im Gegenzug Investitionen an den gleichen Standorten zur Stärkung der Sparte Antriebe der Zukunft gegenüber. So will man am Hauptsitz, an dem derzeit ein Zentrallabor errichtet wird, die Aktivitäten auf dem Feld Wasserstoff mit einem entsprechenden Kompetenzzentrum ausbauen. Am gleichen Ort will man die Arbeit an Komponenten und Systemen für die E-Mobilität intensivieren. Zudem soll sich das Werk zum „Leitwerk für die Umformtechnik für umgeformte Lager“ entwickeln, während zugleich neue Digitalisierungs- und Automatisierungstechnologien eingesetzt werden. Ebenso wird im baden-württembergischen Bühl der Entwicklungs- und Fertigungscampus für die Elektromobilität ausgebaut, den man zum „weltweiten Leitwerk für die E-Motoren-Fertigung“ machen will.
Noch weitere deutsche Niederlassungen hat man zum Zweck der Umstrukturierungen ins Auge gefasst. So wird am Campus Homburg in die Digitalisierung und Automatisierung investiert, um ein Kompetenzzentrum für Wälzkörper für die Sparte Automotive Technologies zu etablieren. Die Produktion im mittelfränkischen Gunzenhausen, überwiegend im Handelsgeschäft tätig, soll zu einem Werk der Sparte Automotive Aftermarket werden. Dazu, so der Bericht, arbeite man gegenwärtig an einem Konzept zur Anpassung der Produktion an die entsprechenden Bedarfe, so dass ab 2024 die Verantwortung für das Werk stufenweise an die Sparte übertragen werden könne. „Sowohl die Werkleitung als auch die Arbeitnehmervertreter sollen intensiv in die Ausgestaltung des Konzeptes einbezogen werden“.
Sozialverträglich
Zur Umsetzung wird verlautbart, diese solle „möglichst sozialverträglich“ ablaufen. Als Grundlage diene die Zukunftsvereinbarung, die die Schaeffler Gruppe 2018 mit der IG Metall getroffen hat. Man befinde sich im „konstruktiven Dialog“ mit den Zuständigen und wolle die Umbaumaßnahmen mit einer Kombination unterschiedlicher Instrumente umsetzen, um betriebsbedingte Kündigungen vermeiden zu können; dies beispielsweise auch mit Hilfe von Qualifizierungsangeboten und fachlichen Weiterbildungen für die Mitarbeiter.
Stabilität erreichen mit Augenmaß
Nun sollen baldmöglichst mit den Ansprechpartnern sozialverträgliche Lösungen ausgearbeitet werden, damit alle Beteiligten frühzeitig informiert werden können, erklärt Corinna Schittenhelm, Vorstand Personal und Arbeitsdirektorin der Schaeffler AG. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die Maßnahmen mit Augenmaß und Weitsicht umzusetzen und damit unsere Standorte bestmöglich aufzustellen“.
Schaeffler, gegründet vor 75 Jahren, verfügt über rund 170 Standorte in 50 Ländern und betreibt ein weltweites Netz aus Produktionsstandorten, Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie Vertriebsgesellschaften. Hauptbetätigungsfeld des Konzerns mit seinen etwa 83.000 Mitarbeitern sind die Produktion von Präzisionskomponenten und Systemen für Antriebsstrang und Fahrwerk sowie Wälz- und Gleitlagerlösungen für Industrieanwendungen.
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