Konzern stabilisieren: Motorenhersteller Deutz investiert in Servicegeschäft, Off-Road-Bereich und Panzerfahrzeuge
In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger von 18. Januar 2025 sprach der Vorstandschef des Motorenherstellers Deutz über die Zukunft des 1864 in der Stadt am Rhein gegründeten Konzerns. Zur Erweiterung des Portfolios, das überwiegend aus Motoren für Industrie, Bau, Landwirtschaft und Nutzfahrzeuge besteht, wolle man nun unter anderem auch für militärische Einsätze produzieren. In einem ersten Schritt hatte man hierfür, wie im September 2024 angekündigt, kürzlich einen Vertriebs- und Servicepartner in Polen zur zügigen Versorgung erster Militärfahrzeuge mit Deutz-Motoren zur Unterstützung für die Ukraine übernommen.
Ausstattung für Notzeiten
Mit Bezug auf eine gegenwärtige „Zeitenwende“, die es mit entsprechender Ausrüstung zu begleiten gelte, begründete Dr. Schulte das Engagement im Rüstungssegment und hat dort vor allem radgetriebene Panzerfahrzeuge im Blick: „Hier können wir mit unserem Motorensortiment einen Beitrag leisten“. Aber auch Stromgeneratoren für die stationäre Versorgung von Lazaretten wären denkbar.
Großer Bedarf in Osteuropa
Als Zielgruppe nennt der promovierte Wirtschaftswissenschaftler vor allem osteuropäische Bündnispartner der Nato-Länder. Für die dortigen Fahrzeuge aus sowjetischer Produktion seien Ersatzteile nur in Russland zu haben und damit „nicht mehr verfügbar“. Alleine in Polen gebe es tausende solcher Fahrzeuge, „die perspektivisch neue und moderne Motoren benötigen. Das bietet großes Potenzial“, so der 46-jährige in dem Interview.
Deutlich weniger Verkäufe
Weiterer Grund für die Erweiterung der Geschäftsfelder sei die wirtschaftliche Rezession, die sich natürlich auch auf die Auslastung niederschlägt. Aufgrund ausbleibender Aufträge seitens der großen Bau- und Landmaschinenhersteller seien bei Deutz die Verkaufszahlen um rund 40.000 Motoren zurückgegangen.
Reaktion: breiteres Angebot
Dennoch, so der Vorstandschef, der 2021 als CFO bei der Deutz AG einstieg, könne man aufgrund des in den letzten zwei Jahren vergrößerten Angebotsspektrums profitabel arbeiten.
„Bis 2023 waren wir sehr viel stärker abhängig vom Verkauf der Verbrennermotoren. Ging die Nachfrage in diesem Bereich konjunkturbedingt zurück, waren wir sehr schnell in den roten Zahlen“.
Weltweit großer Bedarf an Motorservice
Zur Stabilisierung habe man vor allem mehr in das Geschäft mit Service, Ersatzteilen und Wartung investiert. 2023 zum Beispiel übernahm Deutz ein auf Dieselmotoren spezialisiertes Serviceunternehmen in Skandinavien. „Weltweit sind rund zwei Millionen Deutz-Motoren im Markt, viele davon schon seit Jahrzehnten“. Diese Maschinen könnten noch lange laufen und böten ein lukratives Geschäftsfeld für Wartungsdienste. Dazu kommt die Tendenz in herausfordernden Zeiten, statt neu zu kaufen lieber zu reparieren. Das mache sich auch auf dem Konto bemerkbar: „Mittlerweile bringt der Servicebereich mehr als 500 Millionen Euro Umsatz im Jahr.“
Keine Zukunft mehr bei Verbrennern
Qualität und Zuverlässigkeit haben zwar ihren Preis, was auch Deutz zu entsprechenden Anpassungen zwang. Doch trotz der günstigeren Konkurrenz aus Fernost konnte der Premiumhersteller auch durch seine Serviceleistungen punkten: die Kunden seien bereit, entsprechend mehr zu bezahlen. Trotzdem wird ein Stellenabbau wohl unvermeidlich sein. Gemäß dem Deutz-Sparplan sollen Sach- und Personalkosten bis Ende 2026 deutlich sinken.
In der Folge werde die Produktion in Köln-Kalk zu diesem Zeitpunkt eingestellt – die rund 100 Beschäftigten sollen auf die anderen Kölner Fertigungsstandorte verteilt werden.
Im Bereich Forschung und Entwicklung allerdings ist die Entlassung von bis zu 200 Mitarbeitern im Gespräch – und zwar im Bereich Verbrennermotoren. Obwohl Dr. Schulte vor noch nicht einmal einem Jahr dieses „Herzstück der deutschen Industrie“ zumindest für die Nutzfahrzeugbranche als unabdingbar bezeichnete, mit Daimler Truck bereits an der Weiterentwicklung von Nfz-Motoren arbeitete und diesen Weg weiterverfolgen wollte, klingen aus dem Interview nun ganz andere Töne an:
„Wir müssen da ehrlich zu uns selbst sein. Vor allem, wenn es um Verbrenner geht. Da stehen aktuell keine weiteren Entwicklungsaufgaben an.“
Service und Montage
Weitere Maßnahmen zur Stärkung des Konzerns sieht man in mehr Zukäufen und Kooperationen. Dr. Schulte nennt die genannte Zusammenarbeit mit Daimler Truck bei der Entwicklung von mittelschweren und schweren Motoren, die seit rund zwei Jahren besteht. Zudem übernahm Deutz letztes Jahr Vertrieb und Service von Daimler-Truck-Off-Road-Motoren von Rolls Royce Power-Systems. „Damit erschließen wir uns neue Kundengruppen und sparen Entwicklungskosten“. Zur Auslastung des Werks in Köln-Porz ist dort ab 2029 die Endmontage des mittelschweren Motors geplant.
Nfz-Verbrenner aktuell nicht ersetzbar
Ein völliges Verbot von Nutzfahrzeug-Verbrennermotoren sieht der Deutz-Vorstandschef, obwohl er die Aktivitäten in der Weiterentwicklung einschränken will, noch in einiger Ferne – „Maschinen dieser Größenordnung können nach dem aktuellen Stand der Technik nicht mit einem batterieelektrischen Antrieb betrieben werden“ – aber schließlich könnten sich „die Rahmenbedingungen“ auch recht schnell ändern. Man wolle daher flexibel bleiben und sich stärker an der tatsächlichen Nachfrage orientieren.
Den Einsatz von Verbrennerfahrzeugen sieht Schulte zukünftig offenbar vor allem im Bereich abseits des Straßenverkehrs: Derzeit würde unablässig an emissionsärmeren und leiseren Motoren gearbeitet, denn „Verbrennermotoren werden jenseits der Straße noch lange gebaut“. Parallel werde jedoch gegenwärtig auch der Wasserstoff-Antrieb stark forciert. Einen weiteren Treiber der Transformation zu „umweltfreundlicheren“ Antrieben sieht Dr. Schulte in künftig strengeren gesetzlichen Vorgaben zum Betrieb in Innenstädten: dann dürften in Metropolen wie London oder Amsterdam „nur noch batterieelektrische Motoren in kleinen Baggern auf Baustellen zum Einsatz kommen“. Die Voraussetzungen für diese Arbeiten könnten die E-Motoren von Deutz bieten.
Dieselmotoren gegen Dunkelflaute
Einen weiteren künftigen Bedarf weltweit sieht Dr. Schulte nach Dieselmotoren für Notstromaggregate in Krankenhäusern, Wasserwerken oder Supermärkten. Aufgrund der Energiewende mit der Betonung auf Wind- und Solarenergie, verbunden mit dem Bau immer größerer energieintensiver Rechenzentren seien Dunkelflauten und Stromausfälle auch in Deutschland zu erwarten. Damit steigt die Nachfrage nach zuverlässigem Ersatzstrom: „Wir werden das Geschäft daher ausbauen und Märkte in Europa in Nordafrika erschließen.“
Angesprochen auf das Unternehmensziel, bis 2030 den Umsatz auf rund vier Milliarden Euro zu verdoppeln, zeigt sich der Manager aus mehreren Gründen optimistisch und sieht stabile Entwicklungen vor allem im Off-Road-Bereich. Zudem sei man bei wasserstoff- sowie batterieelektrischen Antrieben auch bereits gut aufgestellt und plane die schrittweise Erschließung weiterer Märkte. „Die letzten 160 Jahre haben gezeigt, dass wir das können.“
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