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E-Mobilität, Effizienz und H2-Verbrenner: Mahle bleibt technologieoffen

Auf einem Tech Day stellte der Automobilzulieferer Mahle seine Strategie für die nächsten Jahre vor. Neben der Fokussierung auf die E-Mobilität betont CEO Arnd Franz vor allem die Technologieoffenheit des Konzerns.

Tech Day bei Mahle - wir konnten die Innovationen der Schwaben schon vor der IAA sehen.| Foto: Mahle
Tech Day bei Mahle - wir konnten die Innovationen der Schwaben schon vor der IAA sehen.| Foto: Mahle
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Tobias Schweikl
(erschienen bei VISION mobility von Thomas Kanzler)

Neben dem „perfekten E-Motor“ stellen die Schwaben auch ein neues integriertes Thermomanagement-Modul reduziert Systemkomplexität vor, dass 20 Prozent mehr Reichweite ermöglichen soll. Und im Außenbereich der Veranstaltung können wir erstmals die von Mahle und Siemens in Kooperation entwickelte induktive Ladestation testen.

Systemkompetenz sei ein entscheidender Erfolgsfaktor in der Elektrifizierung, stellt Franz auf der Veranstaltung im konzerneigenen Wasserstoffprüfzentrum in Stuttgart fest. Denn das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten sei bei elektrischen Antrieben wesentlich komplexer als bei Verbrennungsmotoren. Mahle präsentiert einen neuen Technologiebaukasten für E-Motoren, der die Vorteile der als Benchmark geltenden SCT- und MCT-E-Motoren kombiniert. Der „perfekte Motor“ soll damit dauerhaft hohe Spitzenleistung, kontaktlose und damit verschleißfreie Kraftübertragung, den Verzicht auf Seltene Erden sowie höchste Effizienz vereinen.

„Mahle wird sich als System-Champion in der Elektromobilität positionieren“, sagt CEO Arnd Franz.

Zudem hat der Zulieferer ein neues Thermomanagement Modul entwickelt, das wesentliche Komponenten des Thermomanagements zusammenführt. Dies reduziert Bauraum, Entwicklungsaufwand und Kosten und macht das Gesamtsystem deutlich effizienter: Bis zu 20 Prozent mehr Reichweite sind möglich – die Batterie muss seltener geladen werden.

Neuheiten schon vor der IAA

Mahle wird beide Produkte auf der IAA Mobility erstmals einem breiten Publikum präsentieren. Weitere Themen auf der Messe werden Komponenten für grüne Verbrennungsmotoren sein. Der Stuttgarter Technologiekonzern richtet sich als global agierender Partner der Automobilhersteller technologieoffen auf die Bedarfe der globalen Märkte aus. Elektrifizierung und Thermomanagement sowie hocheffiziente, nachhaltige Verbrenner stehen dabei im strategischen Fokus.

„Die Elektrifizierung ist das Zukunftsthema für Mahle“, betont Franz.

Batterieelektrische Fahrzeuge bieten für Mahle ein nahezu dreifach höheres Umsatzpotential als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Der Konzern fokussiert sich in diesem Bereich auf elektrische Antriebe und auf intelligentes Laden. Ziel ist es, Reichweite und Leistung zu erhöhen sowie Schnellladefähigkeit und Ladekomfort voranzutreiben.

Gleichzeitig muss CEO Franz aber auch einräumen, dass bisher im Konzernbereich E-Mobilität kein Geld verdient wird. Die momentan notwendigen Investitionen überträfen die Gewinne bei weitem, so Franz. Er rechne erst in vier bis fünf Jahren mit Gewinnen in diesem Bereich.

Baukasten-Motor ohne seltene Erden

In den vergangenen zwei Jahren stellte Mahle zwei hoch innovative E-Motoren vor: den kontaktlos und ohne Seltene Erden arbeitenden MCT- (Magnet-free Contactless Transmitter) und den Ausdauer-Champion SCT- (Superior Continuous Torque) E-Motor. Jetzt kombiniert der Konzern erstmals die Eigenschaften der beiden Konzepte in einem Technologie-Baukasten.

„Mit diesem einzigartigen Baukasten für E-Motoren können wir unseren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten“, erläutert Franz.

Auf Nachfrage konkretisierte Franz, dass Mahle bereits mit mehreren großen Automobilherstellern in Gesprächen sei und der Motor 2027 in Serie gehen werde.

Induktives Laden – gemeinsam mit Siemens

Bei der Ladeinfrastruktur setzt Mahle neben kabelgebundenen Lösungen für Langzeitparker (Mahle chargeBIG) auf kabelloses Laden – eine komfortable und vielversprechende Alternative für E-Fahrzeuge. Gemeinsam mit Siemens entwickelt Mahle ein Gesamtsystem aus Infrastruktur und Fahrzeugtechnik, um damit Standards für induktive Ladesysteme zu setzen. Im Rahmen des Tech Day stellt der Automobilzulieferer ein neues automatisiertes Positionierungssystem für diese Ladetechnologie vor.

Wir konnten den Prototypen des Systems testen und waren sofort von der Einfachheit der Ladelösung überzeugt. Kurz vor dem Parkplatz mit der Induktionsschleife erkennt das E-Fahrzeug die Lademöglichkeit und leitet den Fahrer mit einfachen Pfeilen auf dem Display in die richtige Position. Fahrzeug und Induktions-Lader koppeln sich automatisch und starten dann den Ladevorgang.

„Mit bis zu 11 kW kann geladen werden, Schnellladen ist mit dieser Lösung nicht sinnvoll“, erläutert Volker Schall, Leiter Produktgestaltung induktive Ladesystem bei Mahle. „Noch ist nicht absehbar, wann wir damit in Serie gehen werden. Sollte sich ein maßgeblicher E-Fahrzeug-Hersteller für kabelloses Laden entscheiden, kann es sehr schnell gehen.“

Anmerkung der Redaktion - induktives Laden

Der maßgebliche E-Fahrzeug-Hersteller könnte alsbald in Erscheinung treten – Tesla hat erst kürzlich das Freiburger Startup Wiferion übernommen. Wiferion hatte sich auf induktive Ladelösungen spezialisiert. Man darf gespannt sein, wann Tesla mit dem kabellosen Laden voran prescht.

Heizen und Kühlen – mehr Effizienz für den Stromer

Effizientes Thermomanagement macht effiziente E-Mobilität erst möglich. Das Heizen und Kühlen im Fahrzeug sei für die Elektrifizierung ein wesentliches Technologiefeld und eine Mahle Kernkompetenz, betont Franz.

„Mahle verfügt über exzellentes Know-how in beiden Bereichen – Elektrifizierung und Thermomanagement“, so CEO Franz weiter. „Das ermöglicht thermische Systemlösungen für batterieelektrische Fahrzeuge, Hybride und konventionell angetriebene Fahrzeuge.“

Beim E-Auto hängen wesentliche Akzeptanzfaktoren der Endkunden vom Thermomanagement ab: Lebensdauer der Batterie, Reichweite des E-Autos, Performance des Antriebs und Schnellladefähigkeit. Dadurch steigt die Komplexität des Systems erheblich. Um diese Komplexität wieder zu senken und gleichzeitig die Effizienz zu erhöhen, hat der Stuttgarter Zulieferer ein neues Thermomanagement Modul entwickelt. Es fasst beispielsweise Wärmetauscher, Kühlmittelpumpen, Kondensator, Chiller, Sensorik und Ventile in einer Einheit zusammen. Dies reduziert Bauraum, Entwicklungsaufwand und Kosten. Zugleich wird das Gesamtsystem deutlich effizienter: Bis zu 20 Prozent mehr Reichweite sind mit dem Mahle Modul im Systemverbund mit Wärmepumpe gegenüber einer reinen E-Heizer-Architektur realisierbar. Die höhere Kühlperformance verbessert zudem die Schnellladefähigkeit.

"Grüne" Verbrenner

Verbrennungsmotoren werden in Pkws in absehbarer Zeit in Europa, Japan und den USA keine Rolle mehr spielen. Anders ist es allerdings auf den Märkten in Afrika, Südamerika und den asiatischen Staaten. Hier sieht CEO Franz noch lange einen Markt für Verbrennungs-Motoren. Und auch der chinesische Markt durchaus noch interessant: nach Prognosen des Konzerns wird sich zwar der Anteil der rein elektrisch betriebenen Fahrzeuge bis 2035 auf etwa 55 Prozent erhöhen, Mahle rechnet aber mit einem Anteil von 40 Prozent Hybrid-Fahrzeuge in China.

„Für Verbrennungsmotoren bleibt Mahle zuverlässiger Lieferant für seine Kunden, solange es Bedarf auf den globalen Märkten gibt“, sagt Franz.

Die Expertise für Verbrennungsmotoren nutze der Konzern, um den Weg für nachhaltige Kraftstoffe motorseitig frei zu machen. So seien zum Beispiel Wasserstoffmotoren besonders beim schweren Nutzfahrzeug und bei Off-Highway-Anwendungen eine schnelle Möglichkeit, um den Antrieb zu dekarbonisieren.

Eigene Prüfstände für den Betrieb von Wasserstoff-Verbrennern und einem Brennstoffzellen-Antrieb zeugen von der Kompetenz des Zulieferers. Der Leiter des Wasserstoffprüfzentrums bei Mahle, Peter von Kietzell, erläutert am Prüfstand die Vorzüge der verschiedenen Techniken. So sei der H2-Verbrenner besser für schwere Lasten und sehr hohen Leistungsbedarf im Nutzfahrzeug-Bereich geeignet. Zudem sei die Umrüstung eines „normalen“ Verbrenners zu einem Wasserstoff-Motor für das Unternehmen schnell machbar. Der Wirkungsgrad des Motors sei mit 44 Prozent mit einem modernen Diesel vergleichbar.

Die Brennstoffzellen-Technik wiederrum punkte mit geringerem Verbrauch bei nicht so hohen Leistungsanforderungen.

„Die H2-Verbrenner bei den Nutzfahrzeugen könnte eine wichtige Übergangstechnik hin zur Wasserstoff-Infrastruktur werden. Schließlich rechne sich eine Wasserstoff-Tankstelle erst bei etwa 400 H2-Pkws. Bei Lastwagen reichen 40 H2-Lkws, um eine Tankstelle rentabel zu machen. Das kann vielleicht schon eine Spedition vor Ort sein“, erläutert Franz.

Was bedeutet das?

Mahle ist unter den größten 25 Automobilzulieferern der Welt und behaupten sich in den Kernmärkten E-Mobilität und Thermomanagement. Weiterhin entwickelt Mahle Verbrenner, die mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Wobei CEO Franz einräumen musste, dass grüner Wasserstoff wohl nie ausreichend vorhanden sein wird. Und auch grüner und blauer Wasserstoff (blauer Wasserstoff entsteht durch die Dampfreduzierung von Erdgas) werde in seinen Augen erst in den 40er Jahren ausreichend zur Verfügung stehen. Die Stuttgarter elektrifizieren übrigens fast alles, was Räder hat –bei den E-Bike Antrieben, die wir auch vor Ort testen konnten, ist Mahle Leichtbau-Weltmeister.

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