Mit den weltweiten Bemühungen um CO2-Reduzierung, die der Umwelt zugutekommen soll, nimmt die Industrie immer mehr Bereiche in den Blick, die auch abseits der Emissionsproblematik aufkommen. Vermehrt richten Firmen ihre Abläufe, Herstellungsprozesse oder Produkte nach umweltschonenden Gesichtspunkten aus, wollen Ressourcen schonen. So wird zum Beispiel der Wasserverbrauch reduziert, Recyclingpapier als Verpackung genutzt und altes Material nicht auf dem Schrottplatz entsorgt, sondern repariert oder durch Recycling in neu verwendbare Bestandteile zerlegt. Für Reinigungsprozesse entwickelt man weniger aggressive Substanzen und insgesamt soll der Verbrauch an Mitteln aus der Natur so gering wie möglich sein. Ein Vorgehen, das heutzutage in der Regel als nachhaltig bezeichnet wird.
Was die Reifenindustrie betrifft, dient neben dem Nachschneiden die Runderneuerung zur Verlängerung der Lebensdauer. Aber es wird auch nach Methoden zur Nutzung von aussortiertem Material gesucht – die jährlich anfallenden großen Mengen an Altreifen erfordern geeignete Verwertungsverfahren, worauf der Fachverband Zare immer wieder hinweist. Daneben lässt sich schon bei der Reifenproduktion zumindest bereits ein gewisser Prozentsatz an recycelten Materialien einsetzen, um den Raubbau an der Natur einzugrenzen und Abfälle mit Nutzungspotential sinnvoll weiterzuverwerten. Diese Herangehensweise hat Reifenhersteller Continental in den letzten Jahren entwickelt und teilweise bis zur Marktreife professionalisiert.
Schon seit einiger Zeit versetzt der Hannoveraner Technologiekonzern zum Beispiel das Material einiger seiner Reifenmodelle mit Zusätzen von Stoffen, die durch ihre Verwendung die Natur so wenig wie möglich beeinträchtigen sollen. Dabei setzt man unter anderem auf das Recycling ausgedienter Produkte oder die Verwendung von nicht als Nahrungs-oder Futtermittel dienenden, nachwachsenden Rohstoffen.
So wurde auf der letzten IAA Transportation 2022 beispielsweise ein auf den elektrifizierten Bus- und Lieferverkehr ausgelegter Konzeptreifen vorgestellt, der zu rund 50 Prozent aus nachwachsenden oder neu aufbereiteten Stoffen besteht. Im gleichen Jahr berichtete Continental von der Entwicklung eines Reifens, dessen Karkasse statt Polyester recycelte PET-Getränkeflaschen enthält. Und erst vor einem Monat verkündete man die Wiederverwertung alter Reifen aus dem Offroad-E-Racing für Logistik-Fahrzeuge.
Bis zu 65 Prozent Anteil
In Hinsicht auf Nachhaltigkeit will sich der Konzern nach eigener Aussage „zum fortschrittlichsten Hersteller der Reifenindustrie“ entwickeln. Und so nimmt das Unternehmen auch die Vorreiterrolle in der Umsetzung für sich in Anspruch: vom Konzept bis zur Serienreife in nur einem Jahr.
Begonnen hat es 2021 mit dem Konzeptreifen Conti GreenConcept, bei dem aus landwirtschaftlichen Abfällen gewonnenes Silika, Polyester aus recycelten PET-Flaschen und andere nachwachsende Materialien zum Einsatz kamen. Von den Produkten wurden mittlerweile einige auch in Serienreifen implementiert. Als bisher den Vorstellungen am besten entsprechendes Produkt bezeichnet der Hersteller den Pkw-und EV-Sommerreifen UltraContact NXT, der aus „bis zu 65 Prozent recycelten und erneuerbaren Materialien“ besteht.
Qualität erhalten
Continental hat sich fest vorgenommen, solche Reifen ohne Einbußen an Sicherheit oder Leistung vermehrt und beschleunigt zur Marktreife zu bringen, sagt Jorge Almeida, Leiter Nachhaltigkeit des Reifenbereichs Continental – als konsequente Fortsetzung der Pionierleistung:
„Wir waren die ersten, die zukunftsweisende Technologien wie recyceltes PET in Serienreifen integriert haben. Und wir waren auch der erste Reifenhersteller der ein Modell mit einem besonders hohen Anteil an nachwachsenden und wiederverwerteten Materialien auf den Markt gebracht hat.“
Neue Materialien einarbeiten - ein Balanceakt
In nur einem Jahr beispielsweise bereitete man die sonst in Müllverbrennungsanlagen oder Deponien abgelagerten PET-Flaschen für die Reifenproduktion auf und produzierte damit einen Serienreifen. Dabei kommt die gemeinsam mit Partnern entwickelte ContiRe.Tex-Technologie zur Anwendung, die aus diesem recycelten Material das „Textil“ Polyestergarn für die Reifenkarkasse gewinnt. Ziel dieser Technologie zur umweltfreundlicheren und energieeffizienteren Nutzung und Wiederverwertbarkeit der Reifen ist es, irgendwann Reifen zu 100 Prozent aus recycelten oder nachhaltigen Materialien zu fertigen. Zur Herstellung des Reifens mit Polyestergarn in der Karkasse werden je nach Reifengröße zwischen neun und 15 PET-Flaschen pro Reifen benötigt, wobei die PET-Flaschen den Angaben zufolge ausschließlich aus Regionen stammen, die über keine eigene Verwertungsmöglichkeit verfügen.
Die kurze Zeit von einem Jahr von der Entwicklung zur Serienreife stelle eine besondere Leistung dar, so Continental. Man müsse bedenken dass es dazu nicht reiche, nur die Reifenwerke für den entsprechenden Produktionsprozess umzustellen: Werden neue Rohmaterialien eingesetzt, sehen sich Ingenieure und Materialexperten von Continental jedes Mal vor die neue Herausforderung gestellt, die verschiedenen Stoffe so optimal aufeinander abzustimmen, dass „sichere, energieeffiziente und langlebige Hochleistungsreifen“ dabei herauskommen, schildert der Hersteller das Vorgehen. Mit dieser Technologie produzierte Reifen sind seit 2022 als Serienreifen im europäischen Reifenhandel erhältlich.
Verbrannte Reishülsen für Pkw-Reifen
Auch mit Conti-Re.Tex-Technologie hergestellt wird der schon angesprochene UltraContact NXT, der laut Hersteller den „bisher nachhaltigsten Pkw-Serienreifen“ am Markt darstellt und dabei eine hohe Qualität aufweisen soll. Einige der darin enthaltenenen Technologien wurden auf der IAA Mobility 2021 mit dem Konzeptreifen Conti GreenConcept erstmals vorgestellt. Bereits dieser enthielt „Silika aus der Asche von Reishülsen“ und recycelte PET-Behälter. Der UltraContact NXT wird seit Juli 2023 im portugiesischen Lousado hergestellt. Bei Continental heißt es:
„Mit bis zu 65 Prozent nachwachsenden, recycelten und massenbilanzzertifizierten Materialien verbindet der Serienreifen einen hohen Anteil nachhaltiger Materialien mit maximaler Sicherheit und Performance“.
Alle 19 Dimensionen sind mit der Bestnote des EU-Reifenlabels „A“ in den Bereichen Rollwiderstand, Nassbremsen und Außengeräusch gekennzeichnet. Bis 2030 will Continental bei ihren Reifen einen Anteil von über 40 Prozent an nachwachsenden und recycelten Materialien verwirklichen, wofür der UltraContact NXT als Meilenstein steht. Das Ziel, seine Reifen komplett aus nachhaltigen Reifen zu fertigen, hat das Unternehmen für „spätestens 2050" anvisiert.
Gesamte Wertschöpfungskette im Blick
Besonders effizient macht die Continental-Produkte ein ausgefeiltes Zusammenspiel an Technologien, erklärt der Konzern. So werde bei dem Conti CityPlus, erstmals auf der diesjährigen IAA Mobility vorgestellt, die Gesamtenergieeffizienz eines Pkw-Reifens um bis zu zehn Prozent gesteigert. Das bewirkt bei Verbrennern einen geringeren CO2-Ausstoß und verschafft E-Fahrzeugen etwas mehr Reichweite, stellt der Anbieter heraus. Durch die Optimierung der Reifenperformance im innerstädtischen Stop-and-go-Verkehr könne die Reichweite von Pkw um bis zu drei Prozent gesteigert werden – laut Hersteller entspricht dies einer Einsparung von etwa 0,6 kWh pro 100 Kilometern bei E-Fahrzeugen. Für dieses Produkt ist den Aussagen zufolge die Serienreife „in naher Zukunft denkbar“ – Erstausrüstungskunden hätten bereits ihr Interesse angemeldet.
Karosserie und Fahrwerk , Nfz Werkstatt-Newsletter, Wartung , Werkstatteinrichtung , Diesel , Reinigung und Entsorgung , Antriebsarten, Kraftstoffe und Emissionen , Ausbildung , Reifenservices , Schmierstoffe und Filter , Menschen (Personalien) , Fahrzeugdiagnose , Werkstatt-Services , Reparatur , Lkw , Werkzeug- und Ersatzeil-Kataloge , Zulieferer , Automechanika , Anhänger & Aufbauten , Fahrzeug-Teilehandel , Öle , Elektromobilität, Werkzeuge und Licht , Beste Profi Werkstatt Marke