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The Tire Cologne 2022: Neuer CEO bei Michelin

Seit dem 1. Juni 2022 ist bei Michelin Europa Nord eine neue CEO im Amt. Wir nutzten die "Tire Cologne" für ein Interview. 

Bestens gelaunt gestartet: Maria Röttger ist CEO Michelin Europa Nord. | Foto: G. Soller
Bestens gelaunt gestartet: Maria Röttger ist CEO Michelin Europa Nord. | Foto: G. Soller
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Tobias Schweikl
(erschienen bei LOGISTRA von Tobias Schweikl)

Auf der Tire Cologne 2022 hat Michelin riesige Säulen mit PET-Bechern und geschreddertem Recyklat aufgestellt –und unter anderem einen Mercedes-Benz EQS aus „Aussteller“ für Reifen genutzt. Und ein sogenanntes „Regen’Lab“ aufgebaut, in das man einen Becher mit Altreifenresten, PET Bechern oder Holzschnitzeln stellen konnte: Das Material wurde gescannt. Dann wurde auf dem Screen gezeigt, wie eben dieses recycelt wird. Präsentiert hat all das mit flammender Begeisterung Maria Röttger, die ab 1. Juni 2022 die Leitung für Michelin Europa Nord übernahm. Röttger, die derzeit schon Mitglied des Management Boards Europa Nords ist, ist damit weltweit die erste Frau in der Funktion seit der globalen Neuorganisation des Unternehmens 2018 und wir nutzten das Treffen für ein Interview.

Frau Röttger, was sind für die die größten Aha-Erlebnisse der Tire 2022?

Röttger: Dass man ständig dazulernt! Grundsätzlich freue ich mich, dass die Reifen-Community endlich mal wieder live zusammenkommen und sich austauschen kann. Denn für uns alle geht es nicht weniger um die Transformation unseres Geschäftes.

Das CO2-neutral gestellt und in geschlossenen Stoffkreisläufen operieren soll. Ist das überhaupt möglich und welchen Zeitplan sieht Michelin da vor?

Bis 2050 soll der Michelin Konzern klimaneutral gestellt sein. Aktiv begonnen haben wir damit bereits 2010 und seitdem konnten wir unseren CO2-Fußabdruck in Deutschland um 40 Prozent reduzieren. Bis 2030 sollen es 50 Prozent sein. Und in den deutschen Werken konnten wir den Wasserverbrauch seit 2010 bereits um bis zu 30 Prozent senken.

Ein energieintensives Business wie das der Reifenherstellung CO2-neutral zu stellen wir uns sehr anspruchsvoll vor.

Ist es auch, das sehen Sie an der Zeitschiene: Die ersten großen Einsparungen waren vergleichsweise leicht zu erreichen, doch jetzt geht es ans Eingemachte und tief in die Details. Wenn wir einen Reifen aus Kundensicht betrachten, bewegt er sich immer in dem Spannungsdreieck Erfahrung, Service und Technik, wobei immer eins mit dem anderen zusammenhängt. Was aber alle verbindet, ist die Innovation! Und hier sind wir jetzt die ersten Schritte gegangen.

Im Lkw-Bereich pflegt Michelin ja schon länger das Retreading und Nachschneiden und spricht hier von einem Mehrleben-Konzept eines Reifens– das vollumfängliche Recycling hat unserer Erfahrung nach aber gerade erst begonnen?

Die Wegwerfmentalität neigt sich Gott sei Dank dem Ende zu! Und mit den mehreren Leben eines Reifens, das können 6 Phasen oder mehr sein, der noch dazu vollständig recycelt werden kann, ist der Reifen vollumfänglich in die Kreislaufwirtschaft integriert! Deshalb brauchen wir hier einen ganzheitlichen oder holistischen Ansatz! Blicken wir nur mal auf das Controlling: Wenn ich einen Reifen zu 99,5 Prozent wiederverwerten kann, spare ich Entsorgungs- und Herstellungskosten gleichzeitig. Darüber hinaus bietet das Recycling viele neue Möglichkeiten, um mit anderen Branchen zu kooperieren und andere Produkte mitzugestalten.

Welche wären das?

Zum Beispiel Schuhe.

Schuhe?

Ja, schauen sie, auf dem Stand tragen viele Mitarbeiter unsere Ecoalf-Slipper. Michelin und Ecoalf haben gemeinsam eine Schuhsohle aus wiederverwendetem Gummi aus den Resten der Sohlenherstellung entwickelt und das gestrickte Obermaterial besteht zu 70 Prozent aus PET-Plastikflaschen, die am Meeresgrund gesammelt und später recycelt werden. Und für den nötigen Grip inspiriert vom MICHELIN Sport sorgen die Rillen an der Sohle – damit kennen wir uns aus (lacht). Doch das ist eigentlich nur ein kleines Symbol, dass ein Reifen eben nicht nur schwarz, rund und recycelbar ist, sondern dass uns der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft grundsätzlich ganz neue Möglichkeiten bietet.

Röttger führt uns zum Schaukasten mit den Ecoalf-Schuhen und demonstriert uns das „Regen’Lab“, in das sie ein Glas mit einem zerknitterten PET Becher stellt. Das Material wurde gescannt, bevor auf dem Screen vereinfacht gezeigt wird, wie es recycelt wird, bevor wir weiterfragen.

Das Regen’Lab ist eine gute Idee, um die Recyclingkreisläufe darzustellen. Hilft ihnen da ihre physische und chemische Kompetenz, die in der Reifenherstellung ja sehr dominant sind?

Auf jeden Fall, denn wer einen Reifen kombinieren, backen und zusammensetzen kann, kann ihn auch wieder zerlegen. Und tatsächlich können wir am Ende seiner Lebenszeit das praktisch das ganze Produkt wieder zerlegen und weiter- und wiederverwerten.

Ohne Qualitätseinbußen?

Ohne Qualitätseinbußen. Ich bin sehr stolz auf das Team, dass es uns als einer der ersten Reifenhersteller gelang, recycelte technische Fasern für Reifen herstellen zu können. Dahinter steckt eine sogenannte enzymatische Technologie, die wir mit unserem unseres Partner Carbios in Serie entwickeln. PET-Fasern waren bisher schon Bestandteil der Reifen. Die können wir jetzt aus recycelten PET-Flaschen gewinnen und ihre Qualität hält mit den bisherigen Produkten der Energie-und Kunststoffindustrie mit. Denn Abstriche bei der Qualität sind für uns ein No-Go.

Wie viele Flaschen müsste Michelin für eine Jahresproduktion sammeln?

Bezogen auf Michelin sind das rund drei Milliarden Plastikflaschen pro Jahr, die wir zu technischen Fasern recyceln können. Das ist jede Menge und hilft der Umwelt enorm. Bis es soweit war, war viel Aufklärung und Forschung nötig, aber dann muss man eine Entscheidung treffen. Denn wir bestimmen selbst, in welcher Welt wir leben wollen!

Das Interview führte Gregor Soller

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