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Massive Stickoxid-Probleme bei Sprinter, Crafter, Ducato

Nachdem das Bundesverkehrsministerium kürzlich den Bericht des Kraftfahrtbundesamts (KBA) zu den Abgasuntersuchungen im Zusammenhang mit den Manipulationen bei der Wolfsburger Volkswagen AG (VW) veröffentlicht hat, stehen neben VW viele andere Hersteller im Fokus.

Was hinten rauskommt: Beim Sprinter Euro 5 mit AGR (im Bild ein Minibus Mercedes-Benz Sprinter Transfer 45, Modelljahr 2012) ermittelte das KBA stark erhöhte Stickoxidwerte teils innerhalb sowie außerhalb des Labors sowie im Real-Zyklus. (Foto: Daimler)
Was hinten rauskommt: Beim Sprinter Euro 5 mit AGR (im Bild ein Minibus Mercedes-Benz Sprinter Transfer 45, Modelljahr 2012) ermittelte das KBA stark erhöhte Stickoxidwerte teils innerhalb sowie außerhalb des Labors sowie im Real-Zyklus. (Foto: Daimler)
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Redaktion (allg.)

Zwar stellte das KBA fest, dass bei keinem weiteren Hersteller eine illegale Abschalteinrichtung verbaut war. Dennoch weisen die Fahrzeuge fast aller deutscher und vieler ausländischer Hersteller teils massive Erhöhungen des Stickoxidausstoßes außerhalb des sogenannten NEFZ-Kalt-Zyklus sowie im Straßenbetrieb auf. Einzige Ausnahme waren die Fahrzeuge der Münchener BMW AG.

Nach den Erkenntnissen des KBA wurde die Möglichkeit, die Stickoxidreinigung mittels des gesetzlich erlaubten "Thermofensters" in vielen Betriebszuständen zu drosseln oder abzuschalten, um den Motor zu schützen und bei Einsatz eines SCR-Katalysators die Abgasanlage vorgeblich vor der sogenannten Versottung zu schützen, häufig und in vielen Temperaturbedingungen genutzt. Unter den 53 Diesel-Fahrzeugen der Abgasklassen Euro 5 und Euro 6, die das KBA intensiven Messreihen im NEFZ-Zyklus sowohl im Labor als auch auf der Straße unterzog, waren auch gängige Transportermodelle wie der Mercedes Sprinter Euro 5, der VW Crafter Euro 5 sowie der Fiat Ducato Euro 5, die das Amt ohne das Wissen und Einflussnahme der Hersteller auf dem freien Markt erworben hatte. Die genannten Modelle gibt es allesamt auch als Minibusvariante, für die sogar noch strengere Grenzwerte gelten.

Auch eine mit dem Mercedes Vito weitgehend baugleiche Mercedes V-Klasse 250 Bluetec Euro 6 mit 2,1-Liter-Diesel-Motor war unter den getesteten Fahrzeugen und wies deutlich zu hohe Stickoxidemissionen im Labor bei NEFZ-warm-Fahrt sowie außerhalb des Labors auf, wo die Emissionen die Grenzwerte um das Fünf-bis Sechsfache überstiegen, im Realbetrieb um das Vierfache. Man biete den Kunden hier eine "freiwillige Verbesserung des Emissionsverhaltens an", teilte die Stuttgarter Daimler AG in einer Stellungnahme mit. Darüber hinaus wies der Hersteller auf ein Software-Update für den 1,6-Liter-Basis-Motor in den Pkw-Kompaktmodellen hin, der von Renault stammt und ebenfalls in den Nutzfahrzeugen Trafic und Mercedes Vito verwendet wird. Inwiefern auch diese eine Überarbeitung erhalten, ging nicht aus der Pressemitteilung hervor.

Darüber hinaus wies der Konzern auf die bereits kommunizierte Einführung einer komplett neuen Diesel-Motorengeneration nach neuester SCR-Abgastechnologie an, beginnend mit der Neuauflage der E-Klasse. Diese Motoren werden auch in den Mercedes-Benz Vans sukzessive Einzug halten. In den Tests des KBA erfüllte der MB Sprinter Euro 5 lediglich im NEFZ-Labor-Kalt-Zyklus die gesetzlichen Anforderungen. Im NEFZ-Labor-Warm-Zyklus stellten die Prüfer einen dreifach über dem NOx-Grenzwert liegenden Wert fest, im Straßenbetrieb nach NEFZ-Zyklus lag der Wert 3,7 mal höher, im ebenfalls gefahrenen künftigen Real-Driving-Emission-Zyklus dann 3,3-fach über dem erlaubten Stickoxidgrenzwert.

Beim VW Crafter Euro 5 mit dem am stärksten betroffenen EA189-Motor hielt der Hersteller lediglich in den Laborzyklen kalt und warm die bei den Nutzfahrzeugen (Klasse N1) um 100 mg/km höher erlaubten Stickoxidwerten von 280 mg/km ein, riss aber bei den Laborfahrten um die zwölf Grad sowie bei den Straßenmessungen die Hürde um ein Vielfaches mit Werten von bis zu 2.000 mg/km. Das Fahrzeug verfügt laut VW nicht über die verbotene Abschalteinrichtung. Gleiche Ergebnisse ermittelte das KBA für den Pickup VW Amarok Euro 5 Generation 2, der in der getesteten Motorvariante nicht über eine Abschalteinrichtung verfügen soll, anders als eine andere Variante dieser Baureihe. Mit dem Modell Amarok hatte auch die Rückrufaktion von VW begonnen.

Wie für Daimler und weitere Pkw-Hersteller hat das Ministerium weitere "freiwillige Rückrufe im Rahmen von Serviceaktionen" verlangt, die auch den Crafter in Euro 5 betreffen. Man werde anschließend die Wirksamkeit der "verbesserten Emissionsminderungskonzepte" überprüfen, hieß es aus dem Ministerium. Bei den Pickups war auch der Nissan Navara Euro 5 getestet worden, der erst bei einem zweiten Testwagen die Laborwerte einigermaßen erfüllte, auf der Straße jedoch 2,5- bis vierfach, im Realzyklus fünffach erhöhte Werte aufwies. Verheerend war das Ergebnis im Falle des ebenfalls vom KBA getesteten Fiat Ducato Euro 5 mit 3,0-Liter-Diesel-Motor, der nur kalt den NEFZ-Laborwert erfüllte, im warmen Zustand bereits vierfach erhöhte NOx-Werte aufwies, im Straßenbetrieb nach NEFZ-Zyklus mehr als vierfach und beim RDE-Zyklus sogar neunfach erhöhte Stickoxidwerte lieferte. Relevanz für die leichten Nutzfahrzeuge haben auch die schlechten Ergebnisse des Fiat Panda mit 1,3-Liter-Diesel-Motor, der baugleich auch im Fiat Fiorino eingesetzt wird. Nur kalt hielt der Motor die NEFZ-Werte ein. Gegen Fiat wird auch nach einem Hinweis von Zulieferer Bosch ermittelt, ob der Hersteller bei seiner Abgasreinigung eine Art Zeitschaltuhr einsetzt. Dieses Mittel wäre klar illegal, anders als die "Klimafenster"-Methodik.

(jr)

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