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ADAC Gebraucht-Reifen-Test: So gefährlich sind gebrauchte Reifen

Verschlissene Reifen können die Sicherheit gefährden, das ist keine Neuigkeit. Nun hat der ADAC zum ersten Mal teilabgefahrene Profile in einer Studie genauer untersucht und die Ergebnisse dokumentiert.

Wie stark lässt die Performance von Winterreifen mit der Abnutzung nach? Das untersuchte der ADAC an sechs Markenreifen. | Bild: Bruno Germany/ Pixabay.
Wie stark lässt die Performance von Winterreifen mit der Abnutzung nach? Das untersuchte der ADAC an sechs Markenreifen. | Bild: Bruno Germany/ Pixabay.
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Claudia Leistritz

Erstmals hat der Autoclub ADAC einmal nicht neue, sondern bereits teilabgefahrene Winterreifen einem Test unterzogen um herauszufinden, wie es hier mit der Sicherheit unter verschiedenen Bedingungen bestellt ist und vor allem wie genau sich die Eigenschaften mit dem Gebrauch ändern. Nicht verwunderlich beeinflussen geringere Profiltiefe und erhöhter Verschleiß die Fahrsicherheit, sorgen vor allem in Kurven, bei Nässe und Schnee für höheres Gefahrenpotential. Der Mobilitätsexperte rät daher zum frühzeitigen Austausch, also noch vor Erreichen der Mindestprofiltiefe. Aber die gewonnenen Erkenntnisse geben noch weitere Aufschlüsse.

Neue Winterreifen in ihrem Lebenslauf

Ausgangspunkt der Testreihe waren neue Pkw-Winterreifen von den sechs Herstellern Michelin, Continental, Dunlop, Goodyear, Yokohama und Nokian. Die Veränderungen, die diese im Laufe der Zeit bezüglich verschiedener Faktoren und Eigenschaften erfahren, wurden dann jeweils untersucht und auch untereinander verglichen. Im Fokus standen insgesamt sieben Gesichtspunkte: Schneetraktion, Schneebremsen, Nassbremsen, Aquaplaning längs, Aquaplaning quer, Nasshandling und Kraftstoffverbrauch. Dabei zeigte sich, dass bei allen Reifen der Faktor Aquaplaning quer die stärksten Funktionsmängel aufwies. Die geringsten Abweichungen zum Ursprungswert erbrachte demnach der Gesichtspunkt Kraftstoffverbrauch.

Laut ADAC hatte eine gute Ausgangsqualität am Ende auch geringere Einbußen zu verzeichnen als Reifen, die schon im Neuzustand gewisse Mängel aufwiesen:

„Es verlieren zwar alle Reifen während der Nutzungsphase an Leistung, aber waren sie im Neuzustand sicher, dann bieten sie im teilabgefahrenen Zustand zumindest noch etwas Restsicherheit“.

Längs- und Querkräfte

Bei den Tests wurden Längs- und Querkräfte betrachtet. In Fahrtrichtung, also längs, fallen die Eigenschaften im Laufe der Zeit nicht so dramatisch ab wie quer. Wo es also in Längsrichtung vor allem auf Traktion und Bremsen auf Schnee und Nässe ankommt, bleibt den Ergebnissen zufolge auch bei teilabgefahrenen Reifen eine gewisse Restsicherheit erhalten.

Quer wirkende Kräfte, beispielsweise beim Aquaplaning in Kurven oder auch bei einer Kombination von Längs- und Querkräften wie beim „Nasshandling“, lassen dagegen im Lauf der Zeit die Eigenschaften aufgrund der geringeren Profiltiefe auf "einen Bruchteil der ursprünglichen Leistung“ abfallen.

In der Kurve außer Kontrolle, aber dafür weniger Spritverbrauch

Problematisch beim Reifenverschleiß sei vor allem, so die Tester, dass man abgefahrene Reifen im normalen Alltag kaum bemerke. Denn grundsätzlich werde weiterhin ein sicheres Gefühl vermittelt und die Bremswege blieben relativ kurz. Dieses Gefühl trüge jedoch, denn anders als die Längskräfte würden die Querkräfte bei geringer Profiltiefe kaum noch wirken. Und so könne der Fahrer in der Kurve und vor allem beim Aquaplaning das Fahrzeug dann schwer beherrschen.

Als einzigen positiven Faktor bei abgefahrenen Reifen konstatiert der Autoclub einen relativ geringen Kraftstoffverbrauch: „Weniger Profil bedeutet für den Reifen weniger Walkarbeit – und das spart Sprit“.

Unterschiedliches Verschleißbild

Starke Unterschiede zeigten sich zum Beispiel bei der Beanspruchung des Profils. Laut den Verschleißbildern tendieren die einen verstärkt zu Mittelabrieb, andere büßen eher an der inneren oder äußeren Schulter an Profiltiefe ein oder weisen eine gleichmäßige Verteilung auf.

Verhalten bei Nässe

Ausschlaggebend auf nasser Fahrbahn ist den Experten zufolge der mechanische Grip, also die Druckverteilung am Reifen. Hier erweise sich der Innenschulterabrieb beim Bremsen auf der Geraden als besonders kritisch gegenüber den gleichmäßig abgeriebenen Modellen. Die besten Ergebnisse bei Nässe und Aquaplaning erbrachten die Reifen mit Mittenabrieb.

Schneesituationen

Bei der Traktion im Schnee verlieren die älteren Reifen im Vergleich mit den Neuprodukten im Schnitt je nach Hersteller um etwa 15 bis 35 Prozent an Leistung, das entspräche in Schulnoten eine um etwa 1,5 bis 2,5 Noten schlechtere Leistung als bei voller Profiltiefe. „Die Performance der abgefahrenen Reifen könnte als gerade noch „befriedigend“ bis hin zu „mangelhaft“ eingestuft werden“, werten die Tester.

Ähnlich schneiden die gebrauchten Reifen beim Schneebremsen um rund 2,5 bis 3 Noten schlechter ab als die neuen Produkte. Würde man zum Beispiel in dieser Situation bei 30 km/h notbremsen, ergäbe sich eine Bremswegverlängerung von bis zu 3,5 Metern oder eine Restgeschwindigkeit von rund 15 km/h „an der Stelle, an der der gleiche Reifen mit voller Profiltiefe steht“.

Teils deutliche Unterschiede in der Qualität weisen aber bei identischer Profiltiefe auch die Marken im gegenseitigen Vergleich auf, beispielsweise was die Lamellen angeht.

Kurven besonders kritisch

Als besonders gefährlich werten die Fachleute nach den Erkenntnissen der ADAC Unfallforschung Kurvensituationen bei Nässe, Schnee und Eisglätte: Die Experten für Verkehrssicherheit hätten festgestellt, dass die Anzahl an Unfällen bei Einmündungen und Kreuzungen eher abnehme da die Fahrer unter solchen Bedingungen besonders aufmerksam unterwegs seien. Bei Kurven unter solchen Straßenverhältnissen werde jedoch der so wichtige Grip in Querrichtung in der Regel deutlich überschätzt, wodurch es vermehrt zu Unfällen komme: Hier steige der prozentuale Anteil von 27 Prozent auf trockener Fahrbahn auf 45 Prozent bei Nässe und bis 49 Prozent bei Schnee oder Eis.

ADAC: Frühzeitig wechseln

Abgefahrene Reifen, so das Expertenteam, verlieren deutlich an Fähigkeit, „die Längs- und Querkräfte miteinander zu kombinieren“. Daher empfiehlt der ADAC grundsätzlich, Winterreifen bereits ab einer Profiltiefe von unter 4 Millimetern, Sommerreifen ab einer Profiltiefe von 3 Millimetern zu erneuern, auch wenn in Europa die gesetzliche Mindestprofiltiefe 1,6 Millimeter beträgt (ADAC: „absolutes Minimum“).

Grundsätzlich sollte beim Reifenwechsel das Verschleißbild des Reifens kontrolliert und bei Auffälligkeiten („irregulärem Schulterabrieb“) der Fachhandel zur Überprüfung hinzugezogen werden.

Zur Sicherheit und um ungleichmäßigen Reifenverschleiß zu verhindern rät der Autoclub unter anderem auch, den korrekten Reifenfülldruck einzuhalten und Winterreifen spätestens zu erneuern, wenn die Lamellen nicht mehr erkennbar sind.

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