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Fahrermangel: Verbände fordern schnelle Abhilfe

In Deutschland fehlen um die 60.000 bis 80.000 Berufskraftfahrer. Über diesen gravierenden Mangel machten die Verbände nun im Verkehrsausschuss des Bundestags aufmerksam und forderten umgehende Gegenmaßnahmen anhand von konkreten Vorschlägen.

Wer will noch auf den Bock? Der Fahrermangel ist ein echtes Problem der Branche, das machten die Verbände auch im Verkehrsausschuss klar. | Symbolbild: Pixabay.
Wer will noch auf den Bock? Der Fahrermangel ist ein echtes Problem der Branche, das machten die Verbände auch im Verkehrsausschuss klar. | Symbolbild: Pixabay.
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Claudia Leistritz
(erschienen bei Transport von Nadine Bradl)

Die Spitzenverbände der deutschen Bus- und Güterkraftverkehrsbranchen klagen über einen gravierenden Fahrpersonalmangel und fordern schnelle Gegenmaßnahmen. Dies folgte aus der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am Montag. Derzeit fehlen laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) etwa 60.000 bis 80.000 Berufskraftfahrer. In der Busbranche seien es aktuell 5.000. Bereits jetzt könnten infolge des Fahrpersonalmangels Kundenanfragen nicht bedient werden. Ohne zügige Reformen werde die Sicherstellung der Grundversorgung gefährdet.

BDSL: Kein Deutschland-Problem

Frank Huster vom Bundesverband Spedition und Logistik (BDSL) wies zudem darauf hin, dass der Fahrermangel im Logistiksektor nicht auf Deutschland begrenzt ist. Die Abgeordneten wollten von den neun eingeladenen Sachverständigen vor allem wissen, welche Möglichkeiten es gebe, die Situation auf dem quasi leergefegten Lkw- und Busfahrermarkt zu verbessern. Konkret ging es um Verbesserungen bei der Ausbildung, bei der Attraktivität des Berufsbildes und der Arbeitsbedingungen sowie beim Führerscheinerwerb speziell bei potenziellen ausländischen Arbeitskräften.

Halsped: Gleiche Bedingungen, mehr Lohn

Berthold Richter, Geschäftsführer des Leipziger Logistikunternehmens Halsped, forderte gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche und ausländische Logistikunternehmen. Osteuropäische Firmen würden sich oft nicht an die EU-weiten Kabotagebestimmungen halten. Kabotage ist gewerblicher Güterkraftverkehr mit Be- und Entladeort in einem Staat durch einen Unternehmer, der in diesem Staat weder Sitz noch Niederlassung hat. Richter forderte die Bundesregierung auf, diese Bestimmungen viel schärfer durchzusetzen. Zudem müssten die Löhne in Deutschland steigen und die Arbeitsbedingungen verbessert werden, um Menschen für den Beruf zu begeistern.

DIHK: Prüfungen beschleunigen

Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), sprach sich für eine Beschleunigung der Grundqualifikation aus, die neben dem Erwerb der Fahrerlaubnis für Berufskraftfahrer erforderlich ist. So sei die Prüfung im Zuge der Zuwanderung sprachlich angepasst worden. Eine Mehrsprachigkeit, wie von einigen gefordert, müsse wegen fehlender Rechtssicherheit noch weiter diskutiert werden. Zu den Stellschrauben, an denen man drehe könne, gehörten die Anpassung der Regelungen des Wohnortprinzips bei der Prüfung in Europa, die Anerkennung der Prüfungen in den West-Balkanstaaten sowie die Anerkennung von Papieren von Fahrern aus Drittländern. 

BDO: Ausbildungszeit und -kosten senken

BDO-Vertreter Patrick Orschulko kritisierte die hohen Kosten und die lange Dauer der Fahrerausbildung. Dies könnten die Betriebe bei dem hohen Bedarf an Busfahrern nicht stemmen. Die Ausbildung sei zu zeit- und kostenintensiv und müsse schlanker und effizienter werden, Ausbildung und Qualifikation sollten daher zusammengefasst werden. Um die Hürden für ausländische Beschäftigte zu senken, sollte die Anerkennung der Fahrerlaubnis EU-weit vereinheitlicht werden. Zudem sollten bei der Prüfung Fremdsprachen mitaufgenommen werden.

BGL: Motivation schaffen

Jens Pawlowski vom BGL sagte, es sei „fünf vor zwölf“ in Bezug auf den Fahrermangel. Ein Drittel der Fahrer sei älter 55 Jahre, und diese gingen bald in Rente. „Wir haben ein riesiges Demografieproblem“, sagte Pawlowski. Deswegen müsse man schauen, wie man junge Menschen für diesen Beruf motivieren könne. In diesem Zusammenhang sei auch an das Thema Digitalisierung wichtig. Wegen des Mangels müssten viele Unternehmen schon Aufträge ablehnen. Dies sei ein großes Problem für die Versorgung der Gesellschaft. Bei vielen Unternehmen stünden Fahrzeuge permanent auf dem Hof und würden gar stillgelegt. Durch die vielen ausländischen Unternehmen steige auch der Wettbewerbsdruck auf die deutschen Firmen.

Ver.di: Vorsicht walten lassen

Stefan Thyroke von der Gewerkschaft Ver.di sagte, die geforderte Absenkung der Zugangsvoraussetzungen seien aus Sicht von Ver.di ein Akt der Verzweiflung und Hilflosigkeit. Der Mangel an Berufskraftfahrern sei erklärbar und abwendbar. Allerdings habe noch niemand gesagt, was abgesenkte Zugangsvoraussetzungen an zusätzlichen Berufskraftfahrern bringe. Das sei aber die entscheidende Frage, um einschätzen zu können, ob das Risiko der Absenkung im Kauf genommen werden kann. Der Handlungsbedarf sei dringend, Ver.di sei aber gegen eine Absenkung der Zulassungsvoraussetzungen. Dies sei am Ende „ein Fass ohne Boden“. 

Schiefner: Weitere Anhörungen nötig

Der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) versprach zum Abschluss der Anhörung, dass der Verkehrsausschuss bei dem Thema auf jeden Fall am Ball bleiben werde. „Der Ball müsse ganz schnell gespielt werden“, fügte er hinzu und kündigte weitere Anhörungen zu dem Thema an.

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