Pilotprojekt für E-Lkw: Daimler Truck erforscht Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation
Als einer der weltweit größten Nutzfahrzeughersteller will der baden-württembergische Konzern Daimler Truck die Elektrifizierung seines Produktportfolios vorantreiben. Zu diesem Zweck hat man sich entschieden, die Montage der zukünftigen Batteriegeneration in eigene Hände zu nehmen und hierfür ein eigenes Kompetenzzentrum am traditionsreichen Standort Mannheim einzurichten. Rund ein Jahr nach dem Richtfest nahm das Unternehmen nun am 19. Juli 2024 in seinem dortigen Mercedes-Benz Werk das hierzu konzipierte, zu Beginn der Bauzeit noch „InnoLab Battery“ genannte Battery Technology Center (BTC) in Betrieb. Mit dem Entschluss, die Batteriemontage selbst zu übernehmen, werde der eigene Standort gestärkt und die Wertschöpfung „im eigenen Haus behalten“, sagte Andreas Gorbach, Mitglied des Vorstands von Daimler Truck und verantwortlich für Truck Technology, bei der Eröffnungsfeier.
Entwicklung mit Produktion kombiniert
Das Gebäude mit einer Fläche von rund 10.000 Quadratmetern dient laut Pressemeldung als Kompetenzzentrum für Batterietechnologie und Hochvoltsysteme bei Daimler Truck, auf dem die Produkt- und Prozessentwicklung für batterieelektrische Nutzfahrzeuge des Unternehmens stattfinden soll. Man will die Eigenart und Herstellung von Batteriezellen für die Anwendung in Nutzfahrzeugen erforschen und dann ein Konzept zur „prototypischen“ Fertigung ausarbeiten. Das BTC umfasst also die Prozesse Entwicklung und Produktion von Musterkomponenten. Dazu wurde die Einrichtung mit einer „Pilotlinie für Batteriepakete zur Vorbereitung der Serienfertigung der nächsten Batteriegeneration für batterieelektrische Lkw“ ausgestattet.
Vorbereitung für Serienfertigung in einigen Jahren
Für dieses Konzept werden im BTC zwei Fertigungsbereiche eingerichtet : zunächst für die testweise Herstellung von Zellen, um sich „Prozesswissen“ aufzubauen, wie es heißt. Zum Zweiten werden dann daraus Batteriepakete für Prüfstände und Testfahrzeuge produziert, die als Muster beziehungsweise Prototypen dienen sollen. Mit dieser Pilotlinie an Montagekonzepten und -systemen für Batteriepakete will man sich auf eine künftige Serienfertigung am Standort Mannheim vorbereiten, um dann gemäß Planung in der „zweiten Hälfte des Jahrzehnts“ die nächste Lithium-Ionen-Batteriegeneration einzuführen.
Statements von führenden Daimler-Truck Mitgliedern und Politikern
Zur feierlichen Eröffnung des Batterieforschungszentrums gaben auch Vertreter aus Politik wie Michael Kleiner, Ministerialdirektor im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg sowie der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Christan Specht, ihre Statements ab. Der Daimler-Truck-Konzern stellte mit mehreren Rednern die hohe Bedeutung des BTC für den gesamten Standort heraus: neben Andreas Gorbach äußerten sich Yariş Pürsün, Leiter der globalen Produktion von Antriebskomponenten, Andreas Moch, Standortverantwortlicher für das Mercedes-Benz Werk Mannheim sowie Michael Salmen, Leiter Produktionsplanung Batterie und BTC. Und auch der Betriebsrat von Daimler Truck mit Michael Brecht, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender Mercedes-Benz Werk Mannheim, zeigten sich zufrieden über die Zukunfts-Pläne des Lkw-Spezialisten.
Tradition wird fortgeschrieben
So meinte Daimler Truck-Vorstandsmitglied Andreas Gorbach, die neue Einrichtung diene nicht nur als wichtiger Motor für die Elektrifizierung der eigenen Fahrzeuge, sondern bilde zugleich einen Markstein in der gesamten Innovationsgeschichte des Standorts. Das heutige Mercedes-Benz Werk Mannheim wurde 1908 gegründet. Ingenieur Carl Benz hatte 1886 am gleichen Ort das erste Automobil überhaupt zum Patent angemeldet. Heute produzieren hier 4.800 Mitarbeiter für alle Welt Motoren und zugehörige Komponenten für sämtliche Nutzfahrzeug-Sparten von Daimler Truck.
Transformation zu Erfolgsgeschichte machen
Mit dem BTC will man erreichen, dass das Werk seine Bedeutung für die Nfz-Fertigung beibehält. Gorbach:
„Wir haben entschieden, die Montage der zukünftigen Batteriegeneration selbst zu übernehmen und somit wichtige Wertschöpfung im eigenen Haus zu behalten. In und für Europa werden wir das im Mercedes-Benz Werk Mannheim tun.“
Damit, so Gorbach weiter, werde „das Zukunftsbild des Standorts“ zusätzlich gestärkt. Auch Ministerialdirektor Michael Kleiner wies auf den großen Nutzen für den Industriestandort Baden-Württembergs, wenn das Land in Bezug auf die Produktion von Batterien auch im internationalen Wettbewerb mithalten könne. Die Grundlage für diesen Erfolg sei bereits mit weiteren innovativen Unternehmen, herausragenden Forschungseinrichtungen und Fachkräften gegeben. „die Eröffnung des Battery Technology Centers ist ein weiterer wichtiger Schritt, um den Standort Baden-Württemberg zukunftssicher aufzustellen und die aktuelle Transformation zu einer Erfolgsgeschichte zu machen.“
Starke Position in Transformation des Werks zu emissionsfreien Antrieben
Beide Aussagen wurden vom Leiter der globalen Produktion von Antriebskomponenten Pürsün sowie vom Standortverantwortlichen in Mannheim Moch bekräftigt. Oberbürgermeister Christian Specht gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass „inmitten der Transformation des Werks hin zu emissionsfreien Antrieben“ das BTC nicht nur für die Zukunftsfähigkeit des Standort Mannheim stehe, sondern auch dessen Innovationskraft beweise und zudem einen „wichtigen Beitrag auf dem Weg hin zur Klimaneutralität“ leiste.
Daneben wurde bekanntgegeben, dass derzeit an den Standorten Gaggenau und Kassel ein zweites Technology Center schon an der Entwicklung zukünftiger Elektroantriebe und HV-Komponenten arbeite. Mit der Planung der Batteriepaketfertigung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Serie sei der Standort Mannheim im „Rahmen der Transformation“ jedenfalls sehr gut aufgestellt, meinte Moch.
Modernisierung des Bestandsgebäudes
Für die Einrichtung des BTC wurde das aus dem Jahr 1952 stammende Bestandsgebäude mit einer Fläche von 7.500 Quadratmetern im Zentrum des Werks entkernt, umfassend saniert sowie ein modernes Bürokonzept mit verschiedenen Arbeitszonen umgesetzt. Zudem errichtete man zusätzlich einen 3.000 Quadratmeter großen Anbau. Insgesamt sind hier rund 100 Mitarbeiter tätig. In dem Batterietechnologiezentrum werden nun laut Bericht „über 60 neue Anlagen“ aufgebaut die dazu dienen, die relevanten Prozesse im Zusammenhang mit der prototypischen Herstellung von Batteriezellen und –systemen abzubilden. Dazu zählen Beschichtungstechnologien, Schweißprozesse, Montage- und Klebeprozesse.
Versuchslabor für Rezepturen
Das BTC ist in die zwei großen Bereiche „Zelle“ und „Pilotlinie für die Batteriefertigung“ aufgeteilt. Die Abteilung Zelle dient hierbei der Erkenntnissammlung rund um Produktion und Prozesse, die die Herstellung von Batteriezellen betreffen. Die Räumlichkeiten sind laut Daimler Truck so ausgestattet, dass sich umfangreiche Erkenntnisse in Bezug auf die Zellchemie gewinnen lassen. So könne man hier zum Beispiel mit verschiedenen Rezepturen für die Herstellung der Batterie-Paste, auch ‚Slurry‘ genannt, experimentieren.
Wissen sammeln
Aus der Batterie-Paste werden dann, als kleinste Einheit einer Batterie, prototypische Batteriezellen hergestellt, die die Speicherung und Freisetzung von Energie übernehmen. Sehr wichtig für die Herstellung zum Schutz der empfindlichen Materialien vor Staubpartikeln und Luftfeuchtigkeit, hat jede Zelle im Lauf der Produktion mehrere Rein- und Trockenraumbereiche zu durchlaufen. Weiter heißt es im Bericht, dass in dieser Abteilung ‚Zelle‘ sowohl Pouch- als auch prismatische Zellen hergestellt werden können. „Der Bereich Zelle dient dazu, Knowhow zum Herstellungsprozess sowie zur Stückzahlskalierung aufzubauen“, heißt es im Bericht.
Pouch, Prisma oder Zylinder
Die Fachinformationsplattform SpringerProfessional nennt als die drei gebräuchlichsten Batteriezellenformate prismatisch, zylindrisch beziehungsweise Rundzelle sowie „dünnes“ Pouchformat, wobei jede der Varianten bestimmte Vor- und Nachteile aufweist. Die ersten beiden haben eine harte Hülle aus überwiegend vernickeltem Stahl (zylindrisch) oder überwiegend Aluminium (prismatisch), die letzte eine weiche aus Aluminiumverbundfolie. Pouch und zylindrisch sollen gegenüber prismatisch über eine höhere Energiedichte verfügen. Nachteil Pouch: Dichtigkeit nicht so hoch. Vorteil: sie lassen sich gut kühlen.
Die meisten E-Auto-Hersteller setzen den Angaben zufolge auf Pouchzellen. Prismatische Zellen sind einfacher aufgebaut und haben eine hohe Packungsdichte, lassen sich aber nicht so gut kühlen und weisen von allen drei Formaten die geringste Energiedichte auf. Vorteil Rund-/zylindrische Zellen: Möglichkeit der automatisierten Fertigung, mechanische Robustheit. Nachteil: aufwendige Kühlung. Allerdings soll die Energiedichte recht hoch sein. Laut SpringerProfessional werden die Rundzellen in Tesla-Fahrzeugen verwendet, auch weil mit der hohen Energiedichte ein recht geringes Akku-Gewicht einhergeht.
Montage-Know-how
In der Pilotlinie für die Batteriefertigung, dem zweiten großen Bereich im BTC, sammelt man ebenfalls Erkenntnisse, aber hier geht es nicht um die mehr oder weniger chemischen Eigenschaften von Batteriezellen sondern um die Batteriepaketmontage. Dabei werden die Zellen zur nächstgrößeren Einheit innerhalb der Batterie, den Modulen, zusammengestellt. Aus den Batteriemodulen werden dann die noch größeren Batteriepakete gefertigt. Man plant, die Erkenntnisse aus dieser Pilotlinie für die Batteriefertigung in wenigen Jahren für die Serienfertigung am Standort Mannheim anzuwenden.
In den USA kooperiert Daimler Truck seit Kurzem bereits mit den US-amerikanischen Motoren- und Nfz-Spezialisten Cummins und Paccar zur Batteriezellenproduktion. Vor einigen Wochen berichtete das Unternehmen von dem Batterie-Joint-Venture zur Errichtung einer Batteriezellenfabrik für Nutzfahrzeuge und industrielle Anwendungen mit umfassender Infrastruktur im Bundesstaat Mississippi, die ab 2027 mit über 2.000 Mitarbeitern an den Start gehen soll.
Beschleunigte Produktentwicklung: Erfahrung sammeln und produzieren fast zeitgleich
Michael Salmen, Leiter Produktionsplanung Batterie und BTC betonte bei er Eröffnungsveranstaltung in Mannheim, dass der Erkenntnisgewinnung die Produktion direkt angeschlossen sei. Der Grundlagenforschung folge also praktisch ohne große Zeitverzögerung direkt im Anschluss die Herstellung.
„Im Battery Technology Center bauen wir Know-how auf und leisten mit unseren Prototypen einen direkten Beitrag für die Entwicklung und Reifmachung zukünftiger Produkte. Gleichzeitig arbeiten hier Entwicklung und Produktionsplanung eng zusammen – als echtes Team!“
Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender Mercedes-Benz Werk Mannheim meinte, man werde in Mannheim noch lange Motoren bauen, sich zugleich aber mit der Forschung im BTC für die Zukunft der Serienproduktion von Batteriesystemen gut aufstellen. „Damit sichern wir Arbeitsplätze und den Standort insgesamt ab.“
Das Gebäude wurde nach modernen umweltschutzbezogenen Gesichtspunkten konzipiert und verfügt über eine etwa 400 Quadratmeter große Fassadenbegrünung, verteilt über einzelne vertikale und wandgebundene Begrünungselemente. Auf dem ebenfalls begrünten Dach wurden Photovoltaikanlagen installiert, deren Kapazität einer Versorgung von etwa 50 Einfamilienhäusern entsprechen soll.
Areal mit breiter Aufstellung
Der gesamte Standort Mannheim von Mercedes-Benz in Mannheim-Waldhof umfasst mittlerweile die Entwicklung und Fertigung von Komponenten für unterschiedliche Zwecke der Mobilitätswelt: zum Beispiel eine Gießerei, die den Angaben zufolge weltweit führend Fahrzeuggusselemente aus Eisen produziert; im „Europazentrum für die Tauschmotorenfertigung“ werden Motoren für Nutzfahrzeuge und Pkw aufbereitet; und das Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität (KEM) beziehungsweise Batterietechnologie und Hochvoltsysteme von Daimler Truck begleitet seit mehr als 25 Jahren „Antriebe der Zukunft aller Fahrzeugsparten“ in der gesamten Entwicklung vom Prototypen bis zur Serienreife. Insgesamt sind hier rund 4.800 Mitarbeiter tätig in der Produktion von Motoren und zugehörigen Nfz-Komponenten. Daneben dient der Ort auch als Ausbildungszentrum.
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