Norddeutsche Verkehrsunternehmen: Elektrifizierung der Busflotte gestaltet sich schwieriger als gedacht
Immer mehr Linienbusse in Hamburg verfügen über einen Elektroantrieb. Bisher war die komplette Elektrifizierung der Flotte für den öffentlichen Nahverkehr beziehungsweise die Umstellung auf „emissionsfreie Antriebe“ bis zum Jahr 2030 geplant. Doch dieser Zeitrahmen lässt sich offenbar nicht mehr einhalten. Wie der Landesdienst Nord der Deutschen Presseagentur (dpa/lno) berichtet, wollten die öffentlichen Hamburger Verkehrsunternehmen gemäß einem Beschluss der Bürgerschaft vom 11. September 2019 ab diesem Datum eigentlich keinen Dieselbus mehr betreiben. Doch obwohl mehrere Stellungnahmen des Senats und der Unternehmen zur Bekräftigung dieses Ziels vorlägen, würde das Zeitfenster allmählich schrittweise ausgeweitet.
Dieselbusse noch gut brauchbar
So heiße es mittlerweile in einer aktuellen Erklärung des größten Verkehrsunternehmens in Norddeutschland, der Hamburger Hochbahn AG (HHA), eine komplette Umstellung solle „bis Anfang der 2030er“ erfolgen. Im Frühjahr 2024 hatte die Leiterin des Ressorts Finanzen und Nachhaltigkeit und Vorstandsmitglied der Hamburger Hochbahn, Merle Schmidt-Brunn, im Verkehrsausschuss bereits als neues Datum das Jahr 2032 genannt. Bis dahin, so zitiert der Bericht Schmidt-Brunn, die bei der Hochbahn auch die Bereiche Einkauf, Informationsmanagement (IT) sowie Recht und Immobilien verantwortet, seien die vorhandenen Dieselbusse noch „wunderbar nutzbar“.
Auch das zweitgrößte Verkehrsunternehmen im Raum Hamburg, die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), habe seine Erwartungen angepasst und nenne gar keinen konkreten Termin mehr. Dabei habe Geschäftsführer Lorenz Kasch im Herbst 2023 gemäß Ursprungsplan noch erklärt: „Bis 2030 wollen wir in Hamburg mit allen Bussen und Bahnen lokal emissionsfrei unterwegs sein.“
Beide Verkehrsunternehmen gehören dem Hamburger Verkehrsverein (HVV) an, der insgesamt 28 Nahverkehrsbetriebe unter seinem Dach vereint und somit alle Hamburger Stadtteile, die nahegelegenen schleswig-holsteinischen Kreise sowie die niedersächsischen Landkreise mit Bahn- und Buslinien versorgt. Der HVV sagt selbst auf seiner Internetseite, dass Hochbahn und vhh.mobility für Hamburg seit 2020 „ausschließlich emissionsfreie Busse“ bestellten. Man habe Ende 2023 rund 350 E-Busse in und um Hamburg betrieben und plane bis 2025 mehr als 700. Außerdem heißt es:
„Die rund 1.800 Busse große Flotte von Hochbahn und VHH soll bis Anfang der 2030er-Jahre komplett ausgetauscht sein.“
Und neben den batterieelektrischen Bussen seien bis zur zweiten Jahreshälfte 2024 auch insgesamt fünf Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit „grünem Wasserstoff“ im Hamburger Linienbetrieb vorgesehen.
Ein Grund für Verzögerung: hohe Defizite
Laut dpa-Meldung hat die Verzögerung mit den Finanzen zu tun, denn die Förderung des Bundes läuft Mitte 2025 aus. Der Bund übernimmt – ähnlich wie im Transportsektor bei E-Lkw – bisher 80 Prozent der Mehrkosten für einen E-Bus, der etwa doppelt so teuer ist wie ein Dieselbus. Doch die Defizite der beiden Verkehrsunternehmen seien in den letzten Jahren stark gestiegen.
Laut der Aussage von Finanzleiterin Schmidt-Brunn im Juni habe die Stadt zur Kostendeckung bei der Hochbahn im vergangenen Jahr 295 Millionen Euro übernommen. Der Verlust bei der VHH sei laut jüngstem Geschäftsbericht im Jahr 2022 von 52,6 Millionen auf 74,4 Millionen Euro gestiegen. „Der Kostendeckungsgrad fiel von 91 Prozent im Jahr 2017 auf 67 Prozent im Jahr 2022“, heißt es.
Auch gebe es Hindernisse beim Bau der Betriebshöfe, denn es reiche lange nicht aus, sich einfach E-Busse anzuschaffen. Die Umstellung auf komplett unterschiedliche Antriebe habe weitreichendere Auswirkungen. So bestätigt VHH-Geschäftsführer Kasch:
„Die Einführung der Elektromobilität ist für einen Busbetrieb ein Systemwechsel.“
Die Verkehrsbetriebe Hamburg Holstein (VHH) hat für die Elektrifizierung vier Betriebshöfe neu gebaut oder umgerüstet: Bergedorf, Norderstedt im Kreis Segeberg, Schenefeld im Kreis Pinneberg und Hamburg-Billbrock. Ein weiterer Betriebshof sei bis Ende 2025 geplant, zudem sei eine Erweiterung der Anlage in Bergedorf vorgesehen:
„Die vielen Ladeplätze, die Werkstätten und Umspannwerke für die Stromversorgung brrauchen große Flächen. Das ist nicht immer trivial“,
zitiert der Bericht den VHH-Geschäftsführer.
Kommunen und Kreise sollen sich mehr für Bau der Betriebshöfe einsetzen
So sei es zum Beispiel schwierig, entsprechende Baugenehmigungen zu erhalten. Gegen die Verzögerungen rufe der Geschäftsführer die Kommunen und Kreise auf, den „Bau der Betriebshöfe mehr zu unterstützen“.
Gegenwärtig sind nach einer Meldung von Ende Mai 2024 insgesamt 183 von rund 750 Bussen bei der vhh.mobility „emissionsfrei unterwegs“. Dazu sagte Geschäftsführer Lorenz Kasch:
„Innerhalb weniger Jahre haben wir fast ein Viertel der Flotte dekarbonisiert und die dafür notwendige Infrastruktur aufgebaut. Bis Ende des Jahres planen wir diesen Anteil weiter auf über 30 Prozent der Gesamtflotte zu erhöhen.“
Anders als bei den Baugenehmigungen oder der finanziellen Unterstützung sieht das Verkehrsunternehmen laut dpa-Bericht die Reichweite der elektrifizierten Personenbeförderung eher positiv, nämlich im „schlimmsten Fall“ (worst case) bei 250 Kilometern, auch bei frostigen Temperaturen. So die Programmmanagerin E-Mobilität bei der VHH, Sonya Herrmann. Mit einer Batterieladung könne ein Bus manchmal auch 400 Kilometer bewältigen. Kasch versichert: „Circa 90 Prozent der Umläufe können wir sicher abdecken“.
Kunden verärgert über Winter-Ausfälle
Außerdem würden die E-Busse auch nicht so sehr beansprucht: der Busbetrieb lauf nach festen Fahrplänen und Schulbusse seien beispielsweise nur zweimal am Tag nur für wenige Stunden im Einsatz.
Allerdings habe es im Winter auch Ausfälle ausgerechnet auf den viel genutzten VHH-Linien M3 (Schenefeld-Kraftwerk Tiefstack) und X3 (Schenefeld-Meßberg) gegeben – zum Ärger zahlreicher Kunden. Als Begründung habe Pressesprecherin Christina Sluga das Fehlen größerer Gelenkbusse (die E-Busse sind in der Regel rund 12 Meter lang, Gelenkbusse rund 18 Meter) sowie krankheitsbedingten Personalmangel genannt. In einem Blog der VHH habe es zu der Zeit geheißen:
„Eine weitere Herausforderung ist der Flottenwechsel von Diesel zu E-Bussen: Aufgrund der aktuell noch geringeren Reichweiten können unsere E-Busse die Dieselbusse noch nicht 1:1 ersetzen. Dadurch müssen reparaturanfälligere Altfahrzeuge länger im Betrieb eingesetzt werden.“
Subunternehmer mit Dieselbussen kompensieren Ausfälle
Die VHH, so die Meldung, setze Subunternehmer ein, um die Ausfälle zu kompensieren. So begründe auch der Geschäftsbericht 2022 die um 2,3 Millionen Euro gestiegenen Aufwendungen:
„Der Grund lag in einer weiteren Leistungsausweitung im Berichtsjahr, die aufgrund fehlender Ressourcen der VHH anteilig durch Subunternehmen gefahren werden musste.“
Der Senat hatte im Frühjahr 2024 zugegeben, dass auf 17 Prozent der Hamburger Buslinien auch Subunternehmer aktiv seien. Diese übernehmen rund 12 Prozent aller Fahrten – ausschließlich mit Dieselbussen.
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