Für VW-Automobillogistik: Duvenbeck empfängt ersten eTruck von MAN
Der nordrhein-westfälische Spediteur Duvenbeck ist auf Kontraktlogistik, intermodale Transporte und vor allem die Automobillogistik spezialisiert. Um seine CO2-Emissionen weiter zu reduzieren, hat der Bocholter Logistikdienstleister vor einem Jahr als einer der ersten Kunden bei dem Münchner Lkw-Hersteller MAN 120 Elektro-Lkw in Auftrag gegeben, lieferbar bis 2026. Ursprünglich sollten bis Ende 2024 bereits 20 den Eigentümer gewechselt haben. Voraussichtlich werden es jetzt in den nächsten sechs Monaten erst einmal 15 sein.
Die Übergabe des ersten vollelektrischen TGX erfolgte am Donnerstag, 5. Dezember 2024 auf dem MAN-Gelände in München. Die Fahrzeuge sind, ausgelegt als Ultra Low Liner mit niedriger Aufsattelhöhe, vor allem für Transportdienste der Volkswagen-Konzernlogistik gedacht und speziell an den Anforderungen der Automobilindustrie mit ihren hohen Transportvolumen orientiert. Es ist nicht der erste E-Schwerlaster von MAN, der sich nun im Alltag beweisen muss. Seinen allerersten eTGX hatte der bayerische Lkw-Bauer bereits vor einigen Wochen an einen Zulieferer für das Porsche-Werk in Leipzig übergeben.
Emissionsfreie Lieferketten für VW
Mit den Fahrzeugen will die Duvenbeck Gruppe, die über 36 Standorte in acht europäischen Ländern verfügt und derzeit mehr als 1.500 eigene Lkw betreibt, die Logistik für den VW-Konzern im Landverkehr „besonders klimafreundlich“ machen, wie es in der Pressemeldung heißt. Die Bereitschaft, bis 2026 „bis zu 120 Einheiten des MAN eTGX“ einzusetzen, beruht auf der vor einem Jahr beidseitig unterzeichneten Absichtserklärung (Letter of Intent; LOI). Vorgesehen ist der für Langstrecken konzipierte, vollelektrische 40-Tonner eTGX nun für Transporte in verschiedenen Bereichen des Speditionsgebiets Rhein-Ruhr. Weitere Einsätze sind den Angaben zufolge in den Benelux-Ländern geplant.
Definierte Vorrichtungen
Alexander Vlaskamp, Vorstandsvorsitzender bei MAN Truck & Bus und Mitglied des Vorstands von Mutterkonzern Traton Group, umriss in seinen einleitenden Worten das Konzept des Fahrzeugs: der eTGX ist für den Hub-to-Hub-Betrieb im automotive-Bereich für Duvenbeck gedacht. Das Hub-to-Hub Konzept ist speziell für batterieelektrische Transportweise gedacht, da in den definierten Hubs die Fahrzeuge sowohl mit Ladung wie mit Strom versorgt werden.
Gegenwärtig wird die Bezeichnung Hub-to-Hub in der Regel im Zusammenhang mit autonomen Transportlösungen verwendet, die als fahrerlose Systeme auf bestimmten kurzen und genau definierten Strecken und Arealen Waren befördern. Die eTGX für Duvenbeck jedoch sind jedenfalls für Fahrer ausgelegt.
Alleine die drei Meter Innenhöhe für Transporte bezeichnete anschließend Bernd Reining, Senior Director Procurement bei Duvenbeck, als besonders wichtig für einen emissionsreduzierenden Gütertransport. Weitere Beweggründe für den Einsatz der BEVs für den Gütertransport führte Simon Motter aus, Leiter der VW-Konzernlogistik: neben dem Engagement für eine emissionsfreie Bahnlogistik sei, da nicht für alle Situationen durchführbar, auch eine emissionsfreie Logistik auf der Straße nötig.
Bei der Entwicklung des Fahrzeugs, bei dem die drei Partner Duvenbeck, MAN Truck & Bus und Volkswagen kooperierten, hatte man speziell die hohen Anforderungen der Automobilindustrie im Blick, wie Friedrich Baumann, Vorstand Sales & Customer Solutions bei MAN Truck & Bus herausstellt. Die entsprechende Leistung biete derzeit am Markt nur MAN:
„Keine andere Serien-Elektro-Sattelzugmaschine kann Trailer mit einer Innenhöhe von drei Metern ziehen. Das macht ihn zur idealen Wahl für Transporte mit hohem Volumenbedarf.“
Umstellung auf grüne Logistik
Duvenbeck ist schon vor Jahren auf den Weg zu „emissionsarmen und ressourcenschonenden“ Transportverfahren eingeschwenkt und sieht sich als Vorreiter in der „grünen Logistik“ (Green Logistics). Seine Fühler hat der Transportspezialist nach mehreren Richtungen ausgestreckt. Neben der Vewendung von emissionsreduzierendem HVO (hydriertes Pflanzenöl) als Diesel-Ersatz und der Anschaffung elektromobiler Schwerlaster – der Fuhrpark kennt auch Namen wie Designwerk und Volvo Trucks – gehören begleitend entsprechende Maßnahmen in den betrieblichen Abläufen dazu.
Zum Beispiel die Vorab-Optimierung der Lieferketten und die Reduzierung von Leerfahrten zur Effizienzsteigerung und Senkung von Kraftstoff und Kosten. Aber auch die firmeneigene Ausstattung mit LED-Beleuchtung, Photovoltaikanlagen oder „effizientes Vorgehen bei der Anschaffung von Maschinen und Equipment“ sind Teil der nachhaltigen Ausrichtung und werden unter anderen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und der Europäischen Union gefördert.
Bernd Reining, Senior Director Procurement bei Duvenbeck, zeigt sich überzeugt von dem eingeschlagenen Weg:
„Der MAN eTruck ist ein wichtiger Schritt in Richtung emissionsfreie Logistik. Er hilft uns, die Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Nachhaltigkeit ist bei uns gelebte Praxis.“
Ziel „Vision Zero“
Es ist nur eine weitere Stufe der Duvenbeck Gruppe in Richtung emissionsreduzierender Transportprozesse. Das in der Automobilbranche umtriebige Unternehmen kennt neben VW noch weitere Zulieferer-Kunden, die an „emissionsfreien Logistikprozessen“ interessiert sind. Schon Ende 2023 zum Beispiel nahm der Spediteur mit Partner ZF (Zahnradfabrik) Friedrichshafen batterieelektrische FH Electric von Volvo Trucks in Betrieb, allerdings für kürzere Strecken im internen Werksverkehr zur Ver- und Entsorgung des ZF-Werks in Saarbrücken. Bernd Reining damals: „Vision Zero ist ein Ziel, das wir mit unseren Kunden partnerschaftlich anstreben“.
Elektrisch – auf Schiene oder Straße
Der eTruck kommt jetzt bei der Produktionsbelieferung von Volkswagen zum Einsatz. Mit dem Fahrzeug betritt Volkswagen neuen Boden: die eTrucks werden als erste dieser Art bei VW für das Stammwerk in Wolfsburg eingesetzt, in dem laut Angaben im Jahr 2023 rund 70.000 Mitarbeiter beschäftigt waren und 490.000 Pkw vom Band liefen. Das Werk soll in den nächsten zehn Jahren zu einem Mehr-Plattformen-Werk umgebaut werden, das MQB- (Modularer Querbaukasten für Verbrenner), MEB- (Modularer E-Antriebs-Baukasten für E-Fahrzeuge) und SSP- (Scalable Systems Platform für autonomes Fahren)-Kozepte in sich vereint.
Zur Übergabe in München war auch Simon Motter von der Volkswagen Konzernlogistik gekommen. „Damit kann jetzt die Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Technologie bewiesen werden“, kommentierte der Wirtschaftsingenieur den Erst-Einsatz der Technologie für VW.
Auch bei VW verfolge man mit dem Programm goTOzero impact logistics ein nachhaltiges Konzept, das „den Weg zu einer konsequent klimafreundlichen Logistik“ bereite, heißt es. Den Einsatz von E-Lkw betrachtet der Wolfsburger Konzern als „langfristig wichtigsten“ Hebel zur Senkung der CO2-Emissionen im Straßentransport mit grünem Strom – nach der Variante per Schiene, die aber von der Infrastruktur her nicht überall umgesetzt werden kann. Man plane gemäß der jeweiligen Vorzüge: „Die Bahn auf der Langstrecke, emissionsfreundliche Lkw im Vor- und Nachlauf sowie auf Kurz- und Mittelstrecken.“
„Vorreiter seiner Klasse“
Der Ultra Low Liner eTruck MAN eTGX wird vom Hersteller als Pionier seiner Klasse bezeichnet: eine vergleichsweise niedrige Aufsattelhöhe von 950 Millimetern (bei sonst üblichen Höhen im Bereich 1,0-1,5 Meter), ein recht kurzer Radstand von 3,75 Metern und „maximale Batteriekapazität“, die für den eTGX mit bis zu 480 kWh angegeben wird. Die Reichweite für den Low Liner soll rund 550 Kilometer betragen – in der Regel brauchen die Fahrer mit ihrer vorgeschriebenen Pause ohnehin nicht mehr, heißt es. In der Ruhezeit könne dann also – mit Schnellladung auch in rund 30 Minuten – bequem aufgeladen werden für weitere rund 350 Kilometer, wie MAN-Pressesprecher Gregor Jentzsch ausführt. Für MAN eignet sich die Charakteristik „perfekt für den Einsatz in der Automobillogistik, für die weniger hohe Ladungsgewichte als vielmehr maximales Ladevolumen bis drei Meter Innenhöhe entscheidend sind.“
Das Batteriekonzept ist modular: wahlweise können vier, fünf oder sechs Batteriepakete sowie Leistungsstufen von „449 und 544 PS“ gewählt werden. Aufladen lassen sich die Batterien mit der Standard-CCS-Ladetechnologie mit bis zu 375 kW, bestellbar ist aber auch die Ausstattung mit neuem MCS-Standard mit bis zu einem Megawatt Ladeleistung, der ein besonders schnelles Zwischenladen in Lenkzeitpausen erlaubt.
Wie auch andere E-Lkw-Hersteller, beispielsweise Renault Trucks, bietet MAN eine umfassende („360-Grad“) Beratung zu seinen elektromobilen Lösungen an. Das „360 Grad eMobility Consulting“ begleitet beim Umstieg auf Elektromobilität und enthält zum Beispiel kundenspezifische Analysen zum Fahrzeugeinsatz oder zum Bedarf an Ladeinfrastruktur, wobei MAN auch mit den entsprechenden Ausrüstern kooperiert. Dazu werden maßgeschneiderte Serviceverträge, Finanzierungslösungen und digitale Services zu den E-Trucks angeboten. Mit dem MAN eReadyCheck lässt sich zum Beispiel herausfinden, wie sich die Lieferrouten rein elektrisch bewältigen lassen und wo sich der Ladedienst MAN Charge&Go auffinden lässt. Diese Einrichtung, die auch eine Ladekarte enthält, ermöglicht – den Angaben zufolge auch für internationale Routen – eine zuverlässige Ladeplanung und -abrechnung.
Als dritten Partner neben MAN und VW hat sich Duvenbeck die Tip Group ins Boot geholt, einen der großen herstellerunabhängigen Nfz-Vermieter und Dienstleister der Transportbranche vor allem in Europa, der dem Unternehmen die MAN-Fahrzeuge zur Verfügung stellt. Dadurch kann Duvenbeck schnell und flexibel auf die Verhältnisse reagieren und zwischen verschiedenen Antriebslösungen wechseln. Die Tip Group mit Sitz in Hamburg vermietet herkömmliche sowie „alternativ betriebene“ Trucks und Kühlanhängern und verfügt mit über 130 Standorten in 17 europäischen Ländern sowie weiteren Servicepartnern über ein weit verzweigtes Netz an Niederlassungen und Werkstätten in Europa. Die Mietflotte zählt insgesamt rund 120.000 Einheiten in Europa und Kanada.
Verbrauchswert wichtiger als Reichweite
Die auf dem MAN-Gelände nordwestlich Münchens vorgestellte 4x2-Sattelzugmaschine enthielt vier Batteriepacks, die jeweils alleine 629 Kilogramm auf die Waage bringen. Allerdings steigert sich das Gewicht, nimmt man weitere Komponenten wie beispielsweise zur Kühlung hinzu, auf etwa 800 Kilogramm. Die Batteriekapazität beträgt je Pack 80 kWh, kommt also insgesamt bei einer Höchstzahl von 6 Batteriepacks auf bis zu 480 kWh.
Bei Ausladung zwischen 60 und 100 Prozent und „normalem“ Einsatzprofil betrage die Reichweite etwa 500-550 Kilometer, so Pressesprecher Gregor Jentzsch. Allerdings wird der Fokus auf die Reichweite nicht so gerne gesehen, da sich dieser Wert, abhängig von mehreren Faktoren, nur schwer festlegen lässt. Da biete der Verbrauchswert mehr Aussagekraft, hiermit ließen sich auch die Kosten besser berechnen. Der Energieverbrauch wird angegeben mit 80 bis 120 kWh auf 100 Kilometer.
MAN plant nun von Mitte 2025 bis Mitte 2026 mindestens 2.500 Fahrzeuge im Werk in München zu bauen, wobei eingegangene Aufträge zur Grundlage der Planung dienten, wie Friedrich Baumann ausführt. Der Münchner Konzern will grundsätzlich bis 2030 mindestens fünfzig Prozent aller seiner Fahrzeuge elektrisch absetzen, abhängig allerdings von Nachfrage und Ladeinfrastruktur. Letztere treibt MAN auch im Milence-Joint-Venture als Marke der Traton Group gemeinsam mit Daimler Truck und der Volvo Group voran.
Bei dem Termin in München wurde aber auch klar, dass manche Baustellen, abgesehen von der noch mangelhaften, wenn auch in Fortschritt befindlichen Ladeinfrastruktur, unter anderem auch seitens der Politik noch der Bearbeitung harren, wenn die Elektromobilität im Fernverkehr Fuß fassen soll. So stehen zum Beispiel weitere Förderungen und mögliche Maut-Befreiungen für die E-Trucks immer noch auf wackeligem Boden. Und letzten Endes macht sich die Kaufzurückhaltung allein schon aufgrund der fehlenden Planungssicherheit auch in den Auftragsbüchern der Hersteller bemerkbar.
Doch Nfz-Profis wie MAN bringen die Unwägbarkeiten nicht aus dem Konzept. So beschreibt MAN-Pressesprecher Gregor Jentzsch, wie sich der Münchner Lkw-Spezialist durch eine raffinierte Produktionsweise bereits beidseitig abgesichert hat. Die Fertigungslinien in München beispielsweise wurden in den letzten Jahren auf modulare Bauweise umgestellt: die Produktion lässt sich jederzeit vom Verbrenner-Antrieb auf elektrische Lösungen „umswitchen“ und dadurch ganz am Marktbedarf beziehungsweise der Nachfrage ausrichten. Das Fahrgestell nimmt beide Varianten auf.
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