Dekra steigert Umsatz auf 3,8 Milliarden Euro

Die Prüfgesellschaft konnte ihren Umsatz 2022 um 7,4 Prozent steigern. Zugleich wurden die Investitionen um rund ein Drittel auf 143 Millionen Euro erhöht. Weitere Gelder sollen zukünftig vermehrt in Digitalisierung, elektromobile Services, Klimathemen, Automatisierung und Künstliche Intelligenz fließen.

Das Dekra-Management auf der Bilanzpressekonferenz 2023: v.l. CFO Wolfgang Linsenmaier, CEO Stan Zurkiewicz und COO Peter Laursen. (Foto: Dekra)
Das Dekra-Management auf der Bilanzpressekonferenz 2023: v.l. CFO Wolfgang Linsenmaier, CEO Stan Zurkiewicz und COO Peter Laursen. (Foto: Dekra)
Claudia Leistritz
(erschienen bei busplaner von Claus Bünnagel)

Im Geschäftsjahr 2022 hat die Stuttgarter Kfz-Prüfgesellschaft Dekra ihren weltweiten Umsatz um 7,4 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro steigern können. Das resultiert aus dem interaktiven Geschäftsbericht des Unternehmens für Fahrzeugdienstleistungen. Das Plus im Heimatmarkt Deutschland lag demnach für das Jahr 2022 bei 9,9 Prozent (2,4 Milliarden Euro). In den strategischen Wachstumsregionen Americas und Asia-Pacific konnte das Unternehmen außerdem zweistellig zulegen (Americas: +19,9 Prozent auf 113,5 Millionen Euro, Asia-Pacific: +10,5 Prozent auf 244,3 Millionen Euro). Wichtigste Säule war erneut die Fahrzeugprüfung mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro (+7,4 Prozent). Costa Rica und Spanien kamen als neue Märkte hinzu, damit ist das Unternehmen auf dem Weg zu rund 30 Millionen Prüfungen jährlich. Ebenfalls hohe Wachstumsraten erzielten die Felder Schadenregulierung & Gutachten (+6,5 Prozent auf 515 Millionen Euro) sowie Produktprüfung (+7,3 Prozent auf 318 Millionen Euro).

Betriebsergebnis von 226,4 Millionen Euro

Das bereinigte Betriebsergebnis (EBIT) des Unternehmens lag 2022 mit 226,4 Millionen Euro leicht über Vorjahr (226,0 Millionen Euro). Die bereinigte EBIT-Marge belief sich auf 6,0 Prozent (Vorjahr: 6,4 ). Vor dem Hintergrund steigender Zinsen und volatiler Finanzmärkte hat Dekra seine ohnehin hohe Eigenkapitalquote auf 41 Prozent erhöht (Vorjahr: 33,5). Das Investitionsvolumen stieg im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls um rund ein Drittel auf 143 Millionen Euro.

§Wir sparen auch in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten nicht an unserer Zukunft. Im Gegenteil: 2022 haben wir mehr denn je in unser Wachstum investiert, sowohl in die Entwicklung neuer Services als auch in Zukäufe, um unseren Wandel zu beschleunigen",

kommentiert Dekra-Chef Stan Zurkiewicz. Die Zahl der Mitarbeiter ist ebenfalls gestiegen; Ende 2022 arbeiteten rund 48.600 Menschen in rund 60 Ländern für Dekra.

Optimistischer Ausblick auf 2023

Ins Jahr 2023 ist das Unternehmen gut gestartet: Im ersten Quartal lag der Umsatz mit circa 990 Millionen Euro rund 12,8 Prozent über dem Vorjahr. Auch mit Blick auf das Gesamtjahr ist der Dekra-Chef optimistisch. Zurkiewicz:

"Wir trauen uns zu, trotz geopolitischer und makroökonomischer Risiken weiterhin im mittleren bis hohen einstelligen Bereich zu wachsen."

Den Schwerpunkt legt Dekra dabei auf die Themenfelder Mobilität der Zukunft, Cyber Security und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig wird sich der Charakter der Services verändern. Beispielsweise sollen verstärkt Remote Services sowie auf Datenanalyse und KI basierende Dienste angeboten werden. Mit Hilfe der „Strategie 2025“ will das Unternehmen Weltmarktführer in der Automobilprüfung bleiben und zum weltweit führenden Anbieter von Tests und Zertifizierungen für Cybersicherheit und Nachhaltigkeit werden, heißt es. Die EBIT-Marge soll bis Mitte der Dekade im Jahresdurchschnitt zwischen 8 und 9 Prozent liegen. Um dies zu erreichen, verschlankt und digitalisiert das Unternehmen Prozesse und plant weitere Maßnahmen wie beispielsweise Portfolioanpassungen.

Mit internen Veränderungen Expansion beschleunigen

Um die Strategie 2025 umzusetzen, wurden zudem 2022 zwei neue Vorstandspositionen geschaffen. Die zugehörigen Vorstände wurden im April 2023 durch den Aufsichtsrat berufen: Petra Finke (55) wird zum 1. Juli die erste Chief Digitalization Officer des Unternehmens. Peter Laursen (47) arbeitet bereits seit zehn Jahren für Dekra und hat die neu geschaffene Position des Chief Operating Officer bereits im April übernommen.

Auch organisatorische Veränderungen wie die Bildung der Region Germany, Austria, Switzerland (GSA) – unter der Leitung des bisherigen Deutschland-Chefs Guido Kutschera – sollen die Expansion beschleunigen.

Services zur Elektromobilität 2022 stark erhöht

Dekra hat 2022 zahlreiche Services für eine sichere und nachhaltige Mobilität auf den Markt gebracht. So wurde der patentierte Schnelltest für Antriebsbatterien von Elektrofahrzeugen in Deutschland, Benelux und in Skandinavien ausgerollt. Innerhalb von wenigen Minuten lässt sich damit eine verlässliche Aussage über den sogenannten State of Health der Antriebsbatterie machen. Rund 90 Fahrzeugmodelle können bereits getestet werden. 2023 kommen weitere Modelle und Absatzmärkte hinzu.

In Arnhem (Niederlande) hat der Spezialist für Verkehrssicherheit zudem eine so genannte Open-Area-Prüfeinrichtung zur Messung von Elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) eröffnet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Testeinrichtungen können dort Fahrzeuge jeglicher Größe geprüft werden, also auch elektrische Busse und Lkw. Zu den ersten Kunden gehörte das junge schwedische Startup Volta Trucks.

Auch in Sachen Wasserstoff-Mobilität ist Dekra aktiv. So unterstützen seine Experten seit 2022 das Startup Hylane dabei, die erste kommerziell betriebene Lkw-Vermietflotte mit Wasserstoffantrieb in Deutschland auf die Straße zu bringen.

Im Dekra Technology Center in Klettwitz (Deutschland) wurde ein neuer Prüfstand für elektrische Motoren und Antriebsachsen in Betrieb genommen. Das Antriebs- und Abgaslabor wird konsequent auf die zukünftigen Markterfordernisse der Elektromobilität ausgerichtet. So wurden beispielsweise Verbrauchsmessungen am Prototyp des BMW-Wasserstoff-Pkw iX5 Hydrogen vorgenommen. Bis 2024 soll der Standort weiter ausgebaut werden: So entsteht ein neues Testzentrum für automobile und stationäre Batteriesysteme. Neben mechanischen Untersuchungen können dort künftig auch Leistungs- und Umweltprüfungen sowie Missbrauchstests durchgeführt werden. Das Unternehmen investiert hier insgesamt einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Automatisiertes und vernetztes Fahren aus einer Hand prüfbar

Auch beim automatisierten und vernetzten Fahren soll das Testzentrum am Dekra Lausitzring in Klettwitz eine noch größere Rolle spielen als bisher und zum weltweit größten unabhängigen Prüfstandort für diese Technologien werden. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen die Baugenehmigung für ein neues Testfeld am Standort erhalten. Dieses wird im Sommer 2023 fertiggestellt. Für Fahrzeughersteller, Zulieferer und Entwicklungsdienstleister können die Dekra-Experten auf den flexiblen Citykursen dann automatisierte Fahrfunktionen in unterschiedlichsten Innenstadtarealen simulieren – sei es in engen Gassen einer Kleinstadt oder in Straßenschluchten großer Metropolen.

In China hat Dekra im vergangenen Jahr das Unternehmen Black Sesame Technologies nach einjähriger intensiver Zusammenarbeit als weltweit ersten Anbieter von Automotive-Grade-Computing-Chips für autonomes Fahren mit dem Prozesszertifikat ISO 26262:2018 ASIL D ausgezeichnet. Der Standard deckt funktionale Sicherheitsanforderungen während des gesamten Produktlebenszyklus ab.

Ein Drittel aller Services auf Nachhaltigkeit ausgerichtet

2022 konnten wir bereits mehr als 500 Dienstleistungen zum Thema Nachhaltigkeit und den zentralen Themen Energiewende, Environmental Social Governance (ESG) und Kreislaufwirtschaft anbieten – das ist rund ein Drittel unseres gesamten Service-Portfolios. (Zurkiewicz)

Das starke Wachstum des Dienstleistungsangebots unterstreicht die Ausrichtung von Dekra auf Nachhaltigkeitsservices. So validiert das Unternehmen beispielsweise die CO2-Bilanz von Konsumgütern; zum internationalen Kundenstamm zählen unter anderem Logitech und Olymp.

Windturbinen, Solarmobile

Zukunftsweisende Aufträge gab es den Angaben zufolge 2022 auch rund um erneuerbare Energien. Dekra testet und zertifiziert beispielsweise Windturbinen, Wasserstoffanlagen und -pipelines oder Solarmodule. In Shanghai hat das Unternehmen im vergangenen Sommer sein größtes und modernstes Solarlabor eingeweiht: Auf 2.600 Quadratmetern deckt es nahezu die gesamte Wertschöpfungskette der erneuerbaren Energien ab. Dazu gehören Prüfung, Inspektion, Zertifizierung, Verifizierung und Beratung rund um die Energieerzeugung und ihre Technologien.

Akquisitionen und Joint Ventures bei Cyber Security und Künstliche Intelligenz

Als erster Anbieter weltweit bietet Dekra nach eigenen Angaben ein spezielles Cyber Security-Prüfsiegel für Ladestationen von Elektrofahrzeugen an. Zurkiewicz:

"Mit unserem Angebot können Hersteller von Ladeeinrichtungen ihre Produkte besser vor den häufigsten Bedrohungen durch Cyberkriminelle schützen."

Auch beim Thema „Mobile App Security“ ist das Unternehmen gut positioniert: Seit letztem Jahr ist es als eines von nur fünf Firmen weltweit von App Defense Alliance (ADA) autorisiert, Sicherheitsbewertungen für Google-Playstore-Apps anzubieten. Damit können Google-Partner und App-Entwickler schnell und zuverlässig bewerten, ob ihre Software den Branchenstandards wie MASA entspricht. Die Region Asia-Pacific will Dekra mit dem jüngsten Zukauf von Onward Security (Taiwan) zügig erschließen. Das Unternehmen bietet in allen für Dekra wichtigen Segmenten gute, bereits im Markt etablierte Lösungen. Laut Zurkiewicz geht man davon aus, dass Cyber Security bis 2035 bei einem weltweiten Marktvolumen von rund 250 Milliarden Euro liegen werde.

Starkes KI-Engagement

Bei Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) ist das Wachstumspotenzial ebenfalls groß; Experten erwarten bis 2028 ein Gesamtvolumen von 150 Milliarden US-Dollar. Die Gewährleistung von sicheren KI-Anwendungen ist angesichts der aktuellen Dynamik in einem noch nicht regulierten Markt zeitkritisch. Mit dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC und dem Innovationsfonds der Stadt Hamburg will Dekra zeitnah das Joint Venture CertifAI gründen. Das Unternehmen soll KI-Anwendungen auf Vertrauenswürdigkeit zertifizieren.

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