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Haldex: Bremsen werden erst im Betrieb optimiert

Erst durch die Nutzung entwickeln Nfz-Bremsen ihr volles Potential, erklärt der schwedische Zulieferer und Spezialist für Lkw-Brems- und Druckluftsysteme und zeigt, wie sich die richtige Funktion der Komponente am besten überprüfen lässt und welche Faktoren einer optimalen Wirkung eher im Weg stehen.

Im laufenden Betrieb kann die volle Bremswirkung erst zur Entfaltung kommen, sagt der schwedische Bremsenspezialist. | Bild: Haldex.
Im laufenden Betrieb kann die volle Bremswirkung erst zur Entfaltung kommen, sagt der schwedische Bremsenspezialist. | Bild: Haldex.
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Claudia Leistritz

Bremsen entfalten ihre beste Wirkung, wenn sie als Neuprodukt sozusagen erst einmal eingefahren werden, berichtet Haldex. Scheibenbremsbeläge enthalten beispielsweise bestimmtes Reibungsmaterial, das aus verschiedenen, überwiegend organischen Substanzen besteht. Um hier die beste Bremswirkung beziehungsweise korrekte Reibung zu erzielen, müssten diese Stoffe zunächst einmal erhitzt werden. Ist dies geschehen sind die Komponenten sozusagen eingestellt oder „eingebettet“ und brauchen weniger Reibung. Fredrik Rennstam, Haldex-Anwendungstechniker und Leiter des technischen Supports, vergleicht das Verfahren mit dem „Backen eines Kuchens“.

Um die Materialien zu stabilisieren, wird der Einbettungsprozess unter Druck und bei hohen Temperaturen von über 250 Grad Celsius „über einen längeren Zeitraum hinweg“ vorgenommen. Dadurch verbessere sich die Bremsleistung um 20 bis 25 Prozent, wie Jonas Benson, Manager für Homologation und Fahrzeugtests, erklärt. Allerdings führe eine Überhitzung der Bremsen zu einem gegenteiligen Effekt und könne die Lebensdauer deutlich mindern.

Beschichtung für Erstnutzung

Der Prozess der Einbettung geschehe während des Betriebs eines beladenen Fahrzeugs über einige Wochen hinweg. In dieser Zeit werde für die Stabilisierung des Reibmaterials genügend Wärme produziert. Um die Reibung zu erhöhen, beschichtet Haldex zur Unterstützung der ersten 20 bis 50 Bremszyklen seine Bremsbeläge mit einer „griffigen, gummiartigen Beschichtung“, auch „Greencoat“ genannt. Ist diese Schicht abgenutzt, seien die Beläge normalerweise sozusagen „eingefahren“.

Tests

Um den Zustand der Beläge zu prüfen kann das Fahrzeug im Zweifelsfall auch an einem Rollenprüfstand getestet werden, wobei das Ausgangs-Bremsmoment für jedes Rad-ende aufgezeichnet wird. Um zu verhindern dass ein vollständig komprimierter Luftfederbalg durch hohe Beladung reißt, werden diese Tests in der Regel nicht bei Voll- sondern bei Teillast durchgeführt. Bei einer Teilbelastung und einem Mindestdruck von 2 bis 2,5 bar können zudem zwei Drehmomentmessungen (bis die Räder durchrutschen beziehungsweise bis zum „Radschlupf“) vorgenommen und die entsprechenden Werte dann durch eine lineare Extrapolation bis zum Höchstdruck verlängert werden, um den Zustand zu errechnen.

Die gesetzlichen R13-Anforderungen für die Rutschhemmung schreiben für motorgetriebene Fahrzeuge und Sattelauflieger bestimmte Werte vor, anhand derer sich die Ergebnisse gegenüberstellen lassen. Auch sollten die erzielten Werte der einzelnen Rad-enden miteinander verglichen werden, denn große Unterschiede könnten hier auf ein Problem zwischen den Bremsen hinweisen, so Haldex.

Am warmen Motor

Tests an einem Rollenprüfstand (RBT – Roller Brake Tester) sollten dabei an einem Fahrzeug mit betriebswarmem Motor erfolgen, da in diesem Zustand die beste Leistung zu erwarten sei. Ansonsten könnten die Reibungswerte durch auf den Bremsflächen angesammelte Feuchtigkeit oder bereits nach nur halbtägiger Standzeit hervorgerufene Korrosion verfälscht werden. Das zeige, so der Bericht, wie sehr die einzelnen Verschleißteile eines Bremssystems voneinander abhingen: „Wir sprechen immer von einem Reibungspaar; die Bremsbeläge sind nur der eine Teil davon“, sagt Rennstam.

Regelsysteme behindern volle Funktion

Nicht gut eingefahrene Bremsen seien jedenfalls nicht in der Lage, ihre „theoretische Leistung“ je zu erreichen. Benson: „Wenn der Bremsbelag einmal eingeschlafen ist, ist es leider sehr schwer, ihn wieder aufzuwecken“. Diesem Zustand sollte vorgebeugt werden, sagt Benson, denn Eco-Driving-Technologien wie zum Beispiel Motorbremsen/Retarder sowie vorausschauende Geschwindigkeitsregelsysteme würden den Einsatz der Betriebsbremse herunterregeln und den Einfahrprozess neuer Bremsbeläge beeinflussen:

„Wenn man mit einem Fahrzeug mit Reibmaterial zu vorsichtig fährt, erreicht man auf keinen Fall ein optimales Reibungsniveau“.

Sensibles Material

Die Wirkung zeige sich zudem unterschiedlich, je nach den regionalen Voraussetzungen. So seien von einer geminderten Funktion vor allem Betreiber in flachen Ländern, Gebieten mit feuchtem Klima sowie solche Betriebe betroffen, die ihre Fahrzeuge zu oft waschen und den Belägen nicht ausreichend Zeit zum Trocknen geben.

Um den für ein bestimmtes Drehmoment erforderlichen Bremsdruck zu mindern, könnte – als „radikaler Vorschlag“ – die Bremskammer eines Sattelaufliegers von Typ 16 auf Typ 18 oder 20 vergrößert werden. Noch wirksamer, so der Bericht, wären weitere Änderungen entsprechend einer geänderten Bremsberechnung. Allerdings sei dann auch eine neue Fahrzeug-Typgenehmigung erforderlich.

Andere Betriebsempfehlungen beschreibt Haldex als eine Art regelmäßig durchzuführende sportliche Übung, um eine bessere Leistung zu erzielen. So könnten Fahrer zum Beispiel „mindestens ein- oder zweimal am Tag“ eine normale Bremsung vornehmen, ohne dabei einen Retarder oder eine Motorbremse zu gebrauchen.

Abwägen

Dem möglichen Einwand, man würde sich dadurch nicht an die bestehenden Umweltrichtlinien halten, entgegnet Benson: „manchmal muss man die Bremse benutzen, denn wenn man sie bei einer Reststärke von 90 bis 95 Prozent ersetzen muss, ist dies ebenfalls eine Verschwendung von Umweltressourcen und –geld.“

Die europäische Haldex-Hauptniederlassung liegt im französischen Weyersheim nahe der deutschen Grenze nördlich von Straßburg. Die zahlreichen Haldex-Serviceorganisationen können Kunden durch ihre Expertise im Bereich des gesamten Bremssystems, einschließlich der Produkte und Komponenten, bei der Analyse des Fahrzeugs und der optimalen Einstellungen des Bremssystems beraten, versichert das Unternehmen. Haldex wurde 1887 in Landskrona gegründet, zählt eigenen Angaben zufolge hauptsächlich größere Truck-, Bus- und Aufliegerhersteller in Nordamerika, Europa und Asien zu seinen Kunden und stellt unter anderem Bremssyssteme, Luftfederungen und Druckluftlösungen her. Die etwa 2.200 Mitarbeiter sind weltweit auf 19 Länder verteilt.

 

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