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Klimaschutz mit Biofuels – Branchenplattform dringt auf Förderung für Land- und Forstwirtschaft

Die Branchenplattform Biokraftstoffe verweist auf die sofort verfügbaren Klimaschutzpotentiale für den Agrarsektor durch die Nutzung von Biofuels. Doch dazu braucht es auch politischen Willen.

Der Einsatz von Biokraftstoffen könnte die CO2-Emissionen in der energieintensiven Landwirtschaft deutlich und schnell reduzieren, so die Branchenplattform. | Bild: Peter H/Pixabay.
Der Einsatz von Biokraftstoffen könnte die CO2-Emissionen in der energieintensiven Landwirtschaft deutlich und schnell reduzieren, so die Branchenplattform. | Bild: Peter H/Pixabay.
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Claudia Leistritz

In Ihrer Online-Pressekonferenz vom 20. Dezember 2022 behandelte die Branchenplattform Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft das Thema Reduzierung von CO2-Emissionen im Agrarsektor. Rund sechs Millionen Tonnen CO2 jährlich gehen auf die Verwendung überwiegend fossiler Kraftstoffe in land- und forstwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen zurück. Diese Menge ließe sich sofort durch Einsatz von Biofuels um etwa die Hälfte reduzieren, so der Verband. Aber die Bundesregierung stellt sich quer und fördert deren Verwendung nicht mehr.

Für den Verband steht fest: die Möglichkeiten für einen wirksamen Klimaschutz im Agrarsektor sind schon jetzt in ausreichendem Maß gegeben, wenn der Einsatz von Biokraftstoffen gesteigert wird. Eine Minderung der Emissionen auf etwa drei Millionen Tonnen ließe sich „zeitnah“ erreichen, so die These des Bonner Verbandes. Doch die Verwendung dieser „erneuerbaren Antriebsenergie“ müsse auch politisch unterstützt werden. Die Branchenplattform fordert daher die Wiederherstellung der Steuerentlastung für Biokraftstoffe in diesem Sektor, die Ende 2021 auslief. Nur so ließe sich auch praktisch sofort ein wirksamer Klimaschutz erreichen.

Die in dem Branchenverband zusammengeschlossenen Verbände drängen nun in einem Schreiben an die Bundesregierung, eine beihilferechtiche Genehmigung durch die EU-Kommission zu stellen – die Voraussetzung, um eine Änderung des Energiesteuergesetzes und die dann nachfolgende „möglichst baldige“ Notifizierung durch die EU-Kommission zu erreichen.

In zwei Statements erläuterten die Referenten ihre Argumente für den Einsatz von aus Biomasse erzeugtem Sprit; das sind derzeit vor allem Biodiesel, Pflanzenöl, Ethanol, HVO (Hydrotreated Vegetable Oil; hydriertes Pflanzenöl, das wie Biodiesel dem Dieselsprit beigemischt werden kann und auch aus Abfällen, Ölen und Fetten aus Reststoffen wie gebrauchtes Speiseöl hergestellt wird) sowie Biomethan.

Biokraftstoffe alternativlos

 „Die Akteure der Branchenplattform sind überzeugt, dass die energiebedingten Emissionen des Sektors mit der Verwendung nachhaltig zertifizierter Biokraftstoffe in land- und forstwirtschafltichen Betrieben zeitnah um bis zu 3 Millionen Tonnen CO2 vermindert werden können“,

bekräftigte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Biokraftstoffe seien „mittelfristig alternativlos“ zu betrachten, denn land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge mit ihrem energieintensiven Betrieb bei der Feldarbeit könnten nur in begrenzten Bereichen elektrifiziert werden; und synthetische Kraftstoffe (eFuels) seien mittel- bis langfristig für die Landwirtschaft nicht nutzbar.

Derzeit, so Hemmerling, biete sich den Landwirten eine unklare Lage: es sei nicht absehbar, welche der vielen momentan verfügbaren Antriebstechnologien sich wirklich durchsetzten, also beispielsweise Pflanzenöle, Biomethan, Biodiesel oder auch Elektromobilität. Man benötige aber auf jeden Fall auch noch auf längere Zeit hinaus Kraftstoffe zum Betrieb, alleine schon für den Fahrzeug- und Maschinenbestand; und zugleich sollen die daraus resultierenden CO2-Emissionen zurückgehen. Doch die vorhandenen Technologien für Biofuels, die der Problematik abhelfen könnten, seien tatsächlich marktreif, also sofort einsetzbar und mit diesen bis 2030 eine drastische Reduzierung der sechs Millionen Tonnen CO2 im Agrarbereich um etwa die Hälfte möglich. Unverständlicherweise wurde allerdings die Steuerentlastung für deren Nutzung beendet, wie Stephan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop), ausführte.

Absurde Situation

„Bis Ende 2021 wurde Biokraftstoff, der in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wird, mit 45 Cent je Liter entlastet. Seit 1. Januar 2022 wird für Biokraftstoffe keinerlei steuerliche Entlastung mehr gewährt, die Energiesteuer für Biokraftstoffe beträgt somit 47,04 Cent je Liter“,

so Arens. Damit werde doch irrationalerweise ausgerechnet ein Kraftstoff benachteiligt, der sofort und wirksam zur als so dringlich betrachteten Senkung von CO2-Emissionen beitragen könne:

„Dadurch ergibt sich die aus Klimaschutzaspekten absurde Situation, dass nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe eine hohe Steuerbelastung haben und somit einen entscheidenden preislichen Wettbewerbsnachteil bekommen“.

Daher fordern die Mitglieder der Branchenplattform die Bundesregierung auf, die steuerliche Entlastung von nachhaltigen Biokraftstoffen in der Land- und Forstwirtschaft im Energiesteuergesetz wiederherzustellen. Schließlich sei diese Entlastung dann ja auch nur für die Verwendung im Agrarsektor gedacht und damit mengenmäßig begrenzt. Würde das Energiesteuergesetz, wie nun gefordert, abgeändert, könne die zeitliche Lücke bis zu einer Neufestlegung nach EU-Recht geschlossen werden, da diese „nach Befürchtung der Verbände und Unternehmen“ noch einige Jahre in Anspruch nehmen könnte: Bei Beschlüssen zum EU-Steuerrecht, so betont der Verband, ist im Finanzministerrat Einstimmigkeit Voraussetzung. Mit einer entsprechenden Änderung könnten die Marktteilnehmer auch wieder längerfristig planen.

„Mit der kurzfristigen Beantragung und Notifizierung könnten verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit geschaffen werden, auch für die kostenaufwendige Zertifizierung entsprechender Motoren für die Landmaschinenindustrie“,

heißt es von der Branchenplattform. Außerdem ließen sich mit einem derartigen Anreizsystem zur Kostensenkung die Klimaschutzpotentiale sowie damit verbundene Wertschöpfungseffekte auch ganz „im Sinne regionaler Bioökonomiekreisläufe“ mobilisieren.

In seinem Statement verdeutlichte Arens auch, wie es derzeit um die Nutzung der Biokraftstoffe bestellt ist: Der Landmaschinenhersteller New Holland beispielsweise, eine Marke des Konzerns CNH Industrial, bietet Schlepper an, die sich mit Biomethan nutzen lassen; und zum Betrieb mit flüssigen Biokraftstoffen wie Rapsölkraftstoff, Biodiesel oder hydriertem Pflanzenöl (HVO) wurden bereits Alt- und Neufahrzeuge freigegeben. „Die Verwendung ist sowohl als Reinkraftstoff als auch in höheren Anteilen als Dieselbeimischung möglich“.

Keine andere Lösung in Sicht

Einer Nutzung von Biosprit stünde also nichts entgegen denn schließlich sei aufgrund des Bundes-Klimaschutzgesetzes, das sich bis 2030 „ambitionierte Ziele“ gesetzt habe, eine möglichst zügige Herabsetzung der Emissionen nicht nur wünschenswert, sondern gefordert. Allerdings gebe es seitens des Bundesumweltministeriums Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse, offenbar wegen „vermeintlicher Nutzungskonkurrenzen“. Die Branchenplattform jedoch weist in Ihren 10 Gründen für Biokraftstoffe darauf hin, dass diese beispielsweise mit der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln gar nicht in Wettbewerb gerieten, sondern vielmehr die vorhandenen Rohstoffe „im Sinne einer optimierten Kreislaufführung“ nachhaltig nutzten:

„Bei der Herstellung von Biokraftstoffen aus zum Beispiel Raps, Weizen, Roggen oder Zuckerrüben fällt ein erheblicher Anteil an Koppelprodukten an, welche die Eiweißversorgung von Menschen und Tieren sichern können. Durch die Biokraftstoffproduktion wird die effiziente Nutzung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verschiedener Qualitäten ermöglicht. So können in Bezug auf Ölsaaten hochqualitative Chargen für die Speiseölgewinnung genutzt werden, während mindere Qualitäten in die Biokraftstoffherstellung gehen. Ein voller Tank ist Voraussetzung für einen vollen Teller und vollen Trog!“,

heißt es dort. Außerdem, argumentierte Arens, gebe es derzeit auch gar keine anderen, relevanten Alternativen zum verkehrsbezogenen Klimaschutz. Die Bundesregierung habe hier keine sofort wirksamen Lösungen auf Lager, wie von der Branchenplattform Biokraftstoffe unterbreitet. Arens:

„Sowohl Bundesumweltministerin Lemke als auch die vielen beratenden Institute und Umweltverbände sind an dieser Stelle, ich muss so sagen, ‚blank‘“.

Als möglichen Ausweg, um das Potential aus Biokraftstoffen in Anwendung zu bringen beziehungsweise die CO2-Emissionen im Agrarsektor möglichst schnell herabzusenken schlägt Arens das von der Branchenplattform unterstützte „Bundesprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung in Landwirtschaft und Gartenbau“ als Grundlage vor, ein 2016 eingerichtetes Förderprogramm des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), das 2020 um „Maßnahmen zur Treibhausgasminderung“ erweitert wurde.

Bisher überwiegend E-Mobilität unterstützt

Allerdings stünde für dieses Programm noch zu wenig Geld zur Verfügung: die 48 Millionen Euro seien viel zu wenig angesichts des bis 2030 zu erreichenden Klimaschutzziels und gemessen an Förderprogrammen aus anderen Bereichen wie beispielsweise dem Verkehrssektor: so seien alleine für die Anschaffung von Fahrzeugen für die E-Mobilität 2021 Fördermittel in Höhe von etwa 5,8 Milliarden Euro ausgegeben worden; hinzu kämen noch 3 Milliarden Euro, die die Fahrzeughersteller als Umweltprämie beisteuerten.„Die technische Transformation“, räumt Arens ein, „ist ohne Frage notwendig, um auch mit elektrischen Antrieben die Abhängigkeit von fossilen Importen zu reduzieren“. Aber hier gebe es immer noch einen Schwachpunkt: „Der Strommix ist laut Agora Energiewende mit 430 g CO2/kWH alles andere als ‚grün‘“.

Doch auch dieser Sachverhalt habe keine Sinnesänderung bewirkt: „Bei den Beratungen zum Bundeshaushalt 2023 gab es leider keinen angemessenen Zuschlag, um den Klimaschutz zu fördern.“ Arens fordert deshalb, auch die Geschwindigkeit in der Umsetzung entsprechend mit Anreizen zu fördern: „Das Bundesprogramm muss spürbar aufgestockt werden, insbesondere die Maßnahmen zur Umstellung auf Biokraftstoffe“.

Finanzielle Unterstützung unabdingbar

Mit einem entsprechenden Finanzpaket könnten die entsprechenden alternativen Antriebssysteme für Landmaschinen zur Nach- und Erstausrüstung bereitgestellt, beziehungsweise speziell zur Nutzung von Biokraftstoffen ausgelegte Landmaschinen angeschafft oder umgerüstet werden. Ohne zusätzliche Investitionen jedoch sei diese Umsetzung nicht machbar. Arens stellte auch noch einmal besonders heraus, dass Neufahrzeuge nur mit weiteren, kostspieligen Genehmigungen die entsprechenden Biokraftstoffe verwenden dürften:

„Für diese emissionsrechtliche Zulassung für die einzelnen Biokraftstoffarten entstehen den Fahrzeugherstellern, neben der Zulassung für Dieselkraftstoff, nicht unerhebliche zusätzliche Kosten und das für jeden Schleppertyp“.

Prüfstandsuntersuchungen für die Freigabenerteilung von Biodiesel hat die Ufop in Verbundvorhaben bereits mitfinanziert, führt Arens weiter aus. Diese Untersuchungen hätte man jedoch ohne eine ergänzende finanzielle Unterstützung durch die FNR (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft) sowie des jeweils betreffenden Motorherstellers gar nicht durchführen können.

EU-Kommission muss genehmigen

Zu bedenken sei auch, dass in der Landwirtschaft erheblich weniger Maschinen betrieben werden als auf der Straße. Da eine alleinige Förderquote von 40 Prozent jedoch für den Umstieg auf alternative Kraftstoffe in der Landwirtschaft nicht ausreiche, habe man sich „wiederholt“ an das BMEL gewendet, die Ende 2021 abgeschaffte Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe beizubehalten. Dafür jedoch braucht es die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission. Fossiler Dieselkraftstoff dagegen wird nach wie vor steuerlich begünstigt.

„Während die Fortführung der bestehenden Steuerbegünstigung für fossilen Dieselkraftstoff in der Landwirtschaft praktisch umgehend von Seiten der EU-Kommission bewilligt wurde, haben wir seit dem 01.01.2022 die Situation, dass beispielsweise Biodiesel mit dem vollen Steuersatz von 47,02 Cent je Liter zu versteuern ist.“

Analog zum fossilen Diesel müsse doch daher auch für die bestehende Agrardieselrückvergütung eine beihilferechtliche Genehmigung für „nachhaltig zertifizierte und treibhausgasoptimierte Biokraftstoffe“ erteilt werden. Die derzeitige Situation beurteilt Arens als schlicht absurd.

Als Ausweg aus der verfahrenen Lage fordert die Branchenplattform das BMEL nun auf, einen Antrag für die Anpassung des Energiesteuergesetzes zu stellen, und zwar mit Hilfe der im Januar 2021 geänderten Grundlagen für die beihilferechtliche Genehmigung in der EU (KUEBLL – Leitlinien für stattliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen). Die Begünstigung würde auch vollständig der „derzeit zu erwartenden“ Neufassung der EU-Energiesteuerrichtlinie entsprechen, die für die Landwirtschaft die Möglichkeit deutlich abgesenkter Mindeststeuersätze vorsehe.

Hier wäre die beihilferechtliche Genehmigung nun eine „wichtige und notwendige“ Zwischenlösung bis zur Einsetzung der Richtlinie.

Arens verdeutlichte außerdem, dass die angesprochene Änderung lediglich „Mindeststeuersätze“ benenne – eine Anpassung „nach oben“ stünde den Mitgliedsstaaten also ohne weiteres frei. Und schließt:

„Wir fordern von der Bundesregierung daher ein klares Bekenntnis zum Einsatz alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft“.

Mehr Informationen auf der Branchenplattform Biokraftstoffe.

Die 2016 gegründete „Branchenplattform Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft“ hat sich zum Ziel gesetzt, über die Vorteile und technischen Aspekte des Einsatzes unterschiedlichster Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft „umfassend und neutral“ zu informieren. Dabei werden vorrangig Biodiesel, Rapsölkraftstoff, Pflanzenölkraftstoff sowie Biomethan (CNG) betrachtet. Die Plattform wird vom Bundesverband Bioenergie (BBE) und dem Bundesverband Dezentraler Ölmühlen und Pflanzenöltechnik (BDOel) betreut.

Einige Zahlen: Laut dem Datenanbieter Statista betrug der Ausstoß an verkehrsbezogenen CO2-Emissionen im Jahr 2020 insgesamt in Deutschland 145 Millionen Tonnen. Das statistische Bundesamt nennt für das Jahr 2019 und auf Europa bezogen 784 Millionen Tonnen, die aus dem Straßenverkehr stammen; das ergebe demnach einen Anteil von 26 Prozent an allen CO2-Emissionen der EU.

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