Hamburg: Bund fördert autonome Shuttles mit 26 Millionen Euro
Autonomes Ridepooling soll in Hamburg zu einer stadtprägenden Beförderungsmethode werden. Eine Vereinbarung zwischen der Hansestadt und dem Bundesverkehrsministerium (Bundesministerium für Digitales und Verkehr, BMDV) sieht vor, das moderne On-Demand-Verkehrsangebot von selbstfahrenden, elektrisch betriebenen Shuttles als Ergänzung zum klassischen ÖPNV aus Bus und Bahn sowie „attraktive Alternative zum Pkw“ einzuführen. Das berichtet das BMDV in seiner Pressemitteilung mit der Nummer 108/2023 vom 23. Oktober 2023. Die „gesetzten Mobilitäts- und Klimaziele“, so die mit dem Plan beauftragte, aus sechs Projektpartnern zusammengesetzte Initiative Alike, könnten nur mit autonomen Fahrzeugen erreicht werden und müssten demnach „massiv skaliert“ werden.
Für Rückenwind sorgt der Bund mit einem Förderbetrag von 26 Millionen Euro, der dem Vorhaben in den nächsten drei Jahren zur Umsetzung verhelfen soll. Nun wird zunächst ein System mit bis zu 20 dieser autonomen Gefährte verschiedener Hersteller im Realbetrieb erprobt, digital buchbar für eine „breite Gruppe ausgewählter Nutzerinnen und Nutzer“. Das Projektziel besteht darin, die Ergebnisse des Testlaufs als Basis zu verwenden um die Ridepooling-Angebote später zu kommerzialisieren als gebietsübergreifende Mobilitätsvariante bundesweit auszurollen.
Akzeptanz autonomer Fahrangebote prüfen und auf ländliche Gebiete ausweiten
Fahrgäste, die die den Angaben nach strenge Sicherheitsanforderungen erfüllenden Shuttles per App buchen, werden direkt abgeholt und an das gewünschte Ziel gebracht. Laut Bundesverkehrsministerium könnten bis zum Jahr 2030 in Hamburg rund 10.000 dieser autonomen Fahrzeuge im Einsatz sein. Das Mobilitätsangebot werde „überregional skalierbar“ ausgelegt, um es später auch auf ländliche Gebiete ausweiten zu können. Weiter wolle man mit dem Modellprojekt auch die Akzeptanz autonomer Fahrangebote in der Praxis erforschen, heißt es.
Die Förderurkunde für das Vorhaben in Höhe von 26 Millionen Euro hat der seit 2021 in dieser Funktion amtierende Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP) letzte Woche unter Anwesenheit von Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende Dr. Anjes Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen) an die sechs Projektpartner übergeben.
Voll digitalisiert
Dabei äußerte Bundesverkehrsminister Dr. Wissing zur Begründung des Unternehmens seinen Wunsch „dass die Menschen auch in Zukunft selbstbestimmt mobil sein können“. Um dies sicherzustellen, benötige man in einer Zeit zunehmenden Verkehrs „neue, kluge Mobilitätsformen“, die die Infrastruktur bestmöglich nutzten.
„Autonomes Fahren kann ein Schlüssel sein, die Straßen in Großstädten zu entlasten und gleichzeitig Mobilität bis vor die Haustür zu sichern“,
so Wissing. Und das autonome On-Demand-Shuttle komme eben genau dann, wenn es benötigt werde, und befördere direkt ans Ziel. Vereinfacht werde die Bestellprozedur durch ein „voll digitales“ Buchungssystem. Auch sollen sich Fahrten darüber kombinieren lassen, womit sich Wege und Kosten einsparen ließen. Er sei überzeugt, dass die Idee von den Hamburgern angenommen und viele Nachahmer finden werde.
Hamburg als Modellregion für ganz Deutschland
Der Senator für Verkehr und Mobilitätswende Anjes Tjarks bekräftigte das Ziel, mit diesem Zusammenschluss zur Entwicklung des autonomen Verkehrs die „gemeinsame Verabredung mit dem Bund“ umzusetzen die darin bestehe, Hamburg in Sachen Mobilität zu einer Art Vorbild zu gestalten. Dabei geht es offenbar vor allem darum, den Menschen die buchbaren, selbstfahrenden Beförderungsangebote als Ersatz für den privaten Pkw anzubieten.
Das autonome Ridepooling stehe sozusagen als verbindendes Element zwischen den beiden Polen „klassischer“ ÖPNV und „individuelle Mobilitätsbedürfnisse“ der Bürger, sagte Tjarks. So werde ein ganz neues Standbein im ÖPNV geschaffen, „eine attraktive Alternative zum privaten Pkw“. Die Umsetzung des Projekts sei zudem die entscheidende Voraussetzung dafür, dass der „Hamburg-Takt“ gefahren und allen Menschen in Hamburg „binnen fünf Minuten ein öffentliches Verkehrsangebot“ gemacht werden könne. Tjarks meint, so werde der ÖPNV „noch komfortabler, nachhaltiger und effizienter“ gestaltet und versteht das On-Demand-Angebot aus autonomen Fahrzeugen als Einrichtung die, in Anlehnung an das „erfolgreiche Deutschland-Ticket“ künftig für das ganze Bundesland zur Verfügung stehen soll.
Weltweit einzigartig
Henrik Falk, Vorsitzender der Hochbahn als drittem Projektpartner betonte, dass das autonome Fahren erstmals gemeinsam von einem Verkehrsunternehmen, einem Ridepooling-Anbieter, Fahrzeug-Herstellern sowie „Fachleuten aus der Wissenschaft und der Politik“ vorangetrieben werde. Damit wolle man eine auch auf andere Städte und Gemeinden übertragbare Mobilitätslösung anbieten. Es gebe bisher weltweit kein Vorbild für dieses „gesamtheitliche System“, so Falk.
Kooperation öffentlich-privat
Mit den Fördergeldern wird als Vierter der am Projekt Beteiligten der On-Demand-Dienst Moia bedacht, der bereits ein Ridepooling-System anwendet, allerdings mit lebenden Fahrern. Die Aufgabe des Unternehmens bei der Kooperation besteht nun darin, eine autonome Flotte mit zwei Betreibern und unterschiedlichen Fahrzeugen nahtlos in einem Ridepooling-Angebot zu integrieren. Das Besondere an der Unternehmung sei das „Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Unternehmen“, stellte der CEO von Moia, Sascha Meyer, heraus.
Barrierefrei
Das Projekt Alike soll mit zwei rein elektrischen Modellen autonom fahrender Shuttles starten. Den einen, im Januar dieses Jahres erstmals auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas vorgestellt, wird das Unternehmen Holon beisteuern. Der „Holon Mover“ soll einer der ersten mit Automobilstandards darstellen und ist für die Beförderung von 15 Personen ausgelegt. Die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h eigne sich ideal für den Stadtverkehr, heißt es. Für eine barrierefreie Nutzung sorgt eine automatisierte Rampe, ein gesicherter Rollstuhlplatz sowie auditive und visuelle Unterstützungseinrichtungen.
Erstes autonomes Serienfahrzeug
Als zweites Fahrzeug wird der ID.Buzz AD von Volkswagen die Unternehmung unterstützen, der erste Tests im öffentlichen Verkehr bereits erfolgreich absolviert haben soll. „Es wird das erste autonome Serienfahrzeug von Volkswagen sein“, meldet der Bericht. Mit seiner Kompaktheit und Wendigkeit könne sich das Fahrzeug optimal in Ballungsräumen bewegen. Als batterieelektrische Versionen seien die beiden Modelle leise und emissionsfrei unterwegs.
Mobilität verändern
Henning von Watzdorf, CEO des Herstellers von autonomen batterieelektrischen Fahrzeugen Holon, bekräftigte das Ziel aller Alike-Mitglieder, die „Mobilität zu verändern“. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei der Holon Mover. „Das Fahrzeug wird Mobilität sicherer, nachhaltiger und inklusiver machen“, zeigte sich von Watzdorf überzeugt. Das Fahrzeug sei ausschließlich für Passagiere konzipiert, nicht für Fahrer – mit spürbarer Wirkung auf die Fahrerfahrung: man schaffe damit ein „völlig neues Mobilitätserlebnis“.
Kameras, Radare, Lidare
Von Volkswagen Nutzfahrzeuge kommentierte der Vorstand für die Entwicklung des Autonomen Fahrens Christian Senger das Förderprojekt. Der Vorteil des VW ID. Buzz AD liege in der Großserienkonzeption, einem Self-Driving-System der israelischen Intel-Tochter Mobileye und in der für das Fahren in Großstädten idealen Größe. Auch weitere Informationen zur Technologie gab der Spezialist für autonome Fahrzeuge bekannt:
„Wir nutzen Kameras, Radare und Lidare sowie Hochleistungsrechner. Auf dieser Basis entsteht eine der menschlichen Wahrnehmung überlegene 360°-Umfelderkennung für sichere Fahrbefehle“,
so Senger. Man habe die Fahrzeuge bereits in München und Austin erfolgreich getestet, jetzt sei Hamburg an der Reihe.
Systemintegration gewährleisten
Weitere Gelder aus dem Fördertopf erhält als fünfter Projektbeteiligter auch das Institut für Verkehrswesen (IfV), das dem Forschungsinstitut KIT (Karlsruher Institut für Technologie) angegliedert ist. Ihm kommt die Rolle der Begleitforschung in Bezug auf „gesellschaftliche Akzeptanz und Verkehrswirkung“ zu. Den Angaben zufolge verfügt die Einrichtung, die sich mit allen Fragen rund um die Mobilität wie beispielsweise gesamtgesellschaftlich relevante Planungskonzepte oder auch technische Verkehrsentwicklungen befasst, über ausgewiesenes Know-how auf dem Gebiet des Ridepooling. Zudem sei das Konzept zum Zweck einer effizienten und nachhaltigen Organisation des Verkehrs interdisziplinär ausgerichtet. Zu den weit ausgreifenden Zielen gehört auch die Untersuchung der Wirkung neuer Mobilitätssysteme auf die Menschen sowie die Gewährleistung einer „Systemintegration“.
Genehmigungen für Automatisierungslevel 4 erwirken
Die „politische Anbindung“ schließlich soll als sechster in der Gruppe die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) sicherstellen, vor allem was die Genehmigungsverfahren betrifft. Ziel der Behörde innerhalb des Alike-Projekts sei es, „das SAE Automatisierungslevel 4 für hochautomatisiertes Fahren zu erreichen und umzusetzen“.
Mobilitätsverhalten modellieren
Und das ist noch nicht alles. Auch die mit dem Vorhaben in Zusammenhang stehenden Auswirkungen sollen umfassend untersucht werden. So heißt es weiter im Pressebericht, man wolle zugleich die gesellschaftliche Akzeptanz des autonomen Fahrens im öffentlichen Verkehr erforschen sowie „das Mobilitätsverhalten der Öffentlichkeit modellieren“. Zu diesem Zweck sind auch umfangreiche Informationsangebote und Befragungen vorgesehen, deren Ergebnisse in die „Modellierung“ einfließen und schließlich in eine umfassende Bewertung des autonomen Angebots münden sollen.
Assoziierter Partner ist noch die DRM Datenraum Mobilität GmbH als Unterstützer der Gruppe zur Übertragung der Anwendung in den „europäischen Datenraum für den Bereich Mobilität“, damit die mit dem autonomen Fahren verbundenen Datenmengen auch geteilt werden können.
Mit der Übergabe der Förderung startete das Projekt offiziell. Die wesentlichen Inhalte des auf drei Jahre angelegten Projekts sollen nun in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Dabei hat man drei Hauptphasen vordefiniert: die Vorbereitungsphase als Projektfeinplanung, die Softwareentwicklung sowie die Integrationsphase, die die Betriebssoftware in die Fahrzeuge integriert. Zugleich kümmert man sich um die Genehmigungen für den angezielten Betriebsbereich der autonomen Fahrzeuge. Der konkrete Einsatz ist dann mit der Betriebsphase ab 2025 geplant. „Dann werden auch die ersten Fahrgäste mit den Shuttles mitfahren können“, schließt der Bericht.
Die sechs Alike-Projektpartner
Als Leiter des Forschungsprojekts fungiert das größte Verkehrsunternehmen der Stadt, die 1911 gegründete Hamburger Hochbahn. Der Nahverkehrsanbieter mit rund 6.300 Mitarbeitern betreibt die U-Bahn sowie mit 1.100 Bussen den größten Teil des Stadtbusnetzes von Hamburg und befördert nach eigenen Angaben jährlich rund 1,2 Millionen Fahrgäste.
Weiterer Projektbeteiligter ist der On-Demand-Dienst Moia, ein Tochterunternehmen des Volkswagen Konzerns, das das System Ridepooling als per App buchbaren Dienst mit batterieelektrischem Fahrzeug und menschlichen Fahrern bereits in manchen Stadtteilen von Hamburg sowie Hannover anbietet.
Ebenfalls zur Forschungsgruppe gehören der Hersteller des „weltweit ersten autonomen Level 4-Elektrofahrzeugs mit automobilen Standards für den öffentlichen Nahverkehr“ Holon aus Paderborn, ein Tochterunternehmen des weltweit tätigen Maschinenbauunternehmens und Herstellers von Mobilitäts-Komponenten Benteler Automotive. Weiter ist auch Fahrzeugbauer VW Nutzfahrzeuge an dem Projekt beteiligt.
Den Forschungspart übernimmt als eine der deutschen „Exzellenzuniversitäten“ das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Forschungsuniversität der Helmholtz-Gemeinschaft. In seinen knapp 120 Instituten überwiegend naturwissenschaftlich-technischer Ausrichtung beschäftigt das KIT rund 9.800 Mitarbeiter und zählt derzeit mehr als 25.000 Studenten, die sich auf eine breite Auswahl an Studiengängen rund um Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts-, Geistes- und Sozialwissenschaften verteilen. Am Alike-Projekt beteiligt ist das Institut für Verkehrswesen (IfV), das sich in interdisziplinärer Ausrichtung mit allen Fragen im Mobilitätsbereich befasst.
Ergänzt wird die Gruppe von der 2020 gegründeten Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM), die sich unter anderem mit dem Erhalt und Ausbau der „Infrastruktur für Hamburgs Wirtschaft und Bürger“ befasst. Leiter der Behörde sind die beiden Bündnis 90/Die Grünen-Parteimitglieder Senator Dr. Anjes Tjarks und Staatsrat Martin Bill, unterstützt von mehreren weiteren Amtsleitern.
Ausserdem als „assoziierte“ Gruppe an dem Projekt beteiligt ist Mobility Data Space (MDS), ein „europäischer Datenraum für den Bereich Mobilität“, der zur gleichfalls europäischen Cloud-Initiative Gaia-X gehört. MDS unterstützt Alike über die als Trägergesellschaft fungierende DRM Datenraum Mobilität GmbH, um „einen geeigneten Use Case für den öffentlichen Verkehr zu definieren, um Data Sharing zu stärken“, heißt es in der Projektbeschreibung.
Laut Angaben der Projektgruppe Alike läuft die Maßnahme von Oktober 2023 bis Oktober 2026 und ist auf 52 Millionen Euro budgetiert. Die Hälfte davon übernimmt der BMDV mit 26 Millionen Euro.
Die Forschungsgruppe will die Entwicklung autonomer Fahrzeuge für einen flächendeckenden bundesweiten Einsatz beschleunigen, damit diese als echte Alternative für die private Mobilität per Pkw dienen kann. Bisher ist der Einsatz autonomer Fahrzeuge noch mit aufwendigen Test- und Genehmigungsverfahren verbunden und die Nutzung in der Regel auf Einzelfahrzeuge in ganz bestimmten Einsatzgebieten und abgegrenzten Bereichen beschränkt.
Karosserie und Fahrwerk , Nfz Werkstatt-Newsletter, Wartung , Werkstatteinrichtung , Diesel , Reinigung und Entsorgung , Antriebsarten, Kraftstoffe und Emissionen , Ausbildung , Reifenservices , Schmierstoffe und Filter , Menschen (Personalien) , Fahrzeugdiagnose , Werkstatt-Services , Reparatur , Lkw , Werkzeug- und Ersatzeil-Kataloge , Zulieferer , Automechanika , Anhänger & Aufbauten , Fahrzeug-Teilehandel , Öle , Elektromobilität, Werkzeuge und Licht , Beste Profi Werkstatt Marke