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Hamburg bekommt autonome Shuttles: VWN und Moia präsentieren selbstfahrenden ID Buzz AD

(dpa/clz) Bald sollen autonom fahrende ID Buzz-Vans den öffentlichen Nahverkehr im Raum Hamburg unterstützen. Als Zwischenergebnis eines entsprechenden Förderprojekts hat VWN nun sein selbstfahrendes Sammeltaxi vorgestellt. Erste Testfahrten sind für 2025 geplant.

Bei der Vorstellung des autonomen ID Buzz AD in Hamburg (v.l.): Moia-CEO Sascha Meyer und Christian Senger, Markenvorstand von VWN ADMT auf dem Moia-Hub. | Bild: Marcus Brandt/dpa.
Bei der Vorstellung des autonomen ID Buzz AD in Hamburg (v.l.): Moia-CEO Sascha Meyer und Christian Senger, Markenvorstand von VWN ADMT auf dem Moia-Hub. | Bild: Marcus Brandt/dpa.
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Claudia Leistritz

Das vor rund einem Jahr angekündigte Vorhaben zur Beförderung von Fahrgästen des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) in Hamburg per autonomer Shuttles nähert sich offenbar der Verwirklichung. Die Deutsche Presse Agentur (dpa) berichtete Anfang der Woche von der Präsentation des selbstfahrenden ID Buzz AD von VW Nutzfahrzeuge (VWN) und VW-Tochterunternehmen Moia, der ab 2025 zunächst für ausgewählte Fahrten in Hamburg auf Abruf zur Verfügung stehen soll.

Das Fahrzeug ist ein Produkt der Initiative Alike, eines mit Förderung des Bundes Ende 2023 ins Leben gerufenen, auf eine Laufzeit von drei Jahren angesetzten Gemeinschaftsprojekts mit sechs Partnern zur Umsetzung der „Mobilitäts- und Klimaziele“. Dieses sieht vor, mit batterieelektrischen On-Demand-Shuttles Fahrten per klassischer Beförderungsmethoden wie Bus, Bahn und Pkw im Raum Hamburg zunehmend zu ersetzen. Vor der definitiven Kommerzialisierung des modernen „Sammeltaxis“ sind jedoch noch weitere Testphasen geplant.

So will man sich dem Bericht zufolge ab Mitte 2025 zunächst mit 25 dieser selbst fahrenden Vans auf die Hamburger Straßen wagen, in einem „Testbetrieb unter realen Bedingungen“. Das heißt, mehrere Passagiere mit ähnlichem Streckenverlauf werden jeweils einem dieser fahrerlosen Minibusse zugeteilt. Bestellt wird der Ridepooling-Service über eine App mit integrierter Buchungs- und Abrechnungsfunktion, die mehrere Aufträge mit ähnlichem Streckenverlauf bündelt.

Der Unterschied zum klassischen Sammeltaxi, so erläutert der Fahrgemeinschaftsservice Moia auf seiner Website, besteht beim Ridepooling im Einsatz eines Computer-Algorithmus zur blitzschnellen Berechnung des effizientesten Streckenverlaufs anhand der eingegangenen Anfragen. Ende 2026 plant das Unternehmen, das sich ganz der Mobilitätswende verschrieben hat und Mobility-as-a-Service-Dienste in Hamburg (seit 2019) und Hannover (seit 2018) betreibt, sein bisheriges batterieelektrisches Beförderungsangebot im regulären Betrieb um die fahrerlosen Versionen zu ergänzen.

Mit dem Bereich Autonomes Fahren im Ridepooling befasst sich bei VW die eigene Konzerngesellschaft Volkswagen ADMT (Autonomes Fahren, Mobilität und Transport as a Service). Der Alike-Projektpartner kooperiert beispielsweise auch mit dem israelischen Spezialisten für Fahrerassistenzsysteme Mobileye, um automatisierte Premium-Fahrfunktionen für Serienfahrzeuge der konzerneigenen Marken Audi, Bentley oder Porsche zu entwickeln.

Beförderungsbedarf abdecken

Volkswagen ADMT-Leiter Christian Senger gibt zu, dass man sich mit der Technologie auf ein Abenteuer einlasse: „Autonomes Fahren ist ein Sprung in die absolute Zukunft“. Dennoch zeigen sich die Beteiligten des Projekts begeistert von der Möglichkeit, mit den autonomen Ridepooling-Angeboten „die Lücke zwischen klassischen Bussen und Bahnen sowie dem eigenen Auto“ schließen zu können, wie sich Hamburgs Senator für „Verkehr und Mobilitätswende“ Anje Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen) ausdrückte.

Für das Ridepooling Projekt sind die elektrifizierten Volkswagen-Bullis ID Buzz AD vorgesehen, von dem nun Moia und Volkswagen ADMT in Hamburg einen Prototypen vorgestellt haben. Den Angaben zufolge wird das Fahrzeug für den tatsächlichen Einsatz nur noch geringfügig angepasst. Zur für die autonomen Funktionen wesentlichen technischen Ausstattung zählen umfassende Überwachungs-, Laser- und Radarsysteme: 13 Kameras, neun Lidare und fünf Radare sollen für eine sichere Fahrt die Umgebung kontinuierlich in Echtzeit erfassen.

Moia-Chef Sascha Meyer bezeichnet den modernen Fahrdienst zwar als revolutionären „Gamechanger“, rechnet aber mit einer verzögerten Akzeptanz der noch ungewohnten Taxi-Variante unter den Fahrgästen – entsprechend würden wohl weiterhin von Menschen gelenkte Fahrzeuge bevorzugt. Das lässt sich dann auch eindeutig feststellen, da die App über die jeweilige Fahrzeugvariante informiert und den Kunden die freie Entscheidung zwischen künstlichem und echtem Fahrer erlaubt. Nur wenn es um barrierefreie Fahrzeuge für Rollstuhlfahrer geht, bleibt die Fahrmethode auf die „menschliche“ festgelegt, heißt es.

Fahrer weiterhin vonnöten

Wie es heißt, wird die Einführung der autonomen Fahrsysteme zumindest nicht zu sehr auf Kosten des Fahrpersonals gehen: man benötige immer noch viele Fahrer, da „auf dem Betriebshof nicht autonom gefahren“ werde, heißt es. Laut Meyer wolle man sich jedenfalls bemühen, „ganz wesentliche Teile des Personals“ zu erhalten.

Zudem würden auf anderem Gebiet neue Arbeitsplätze geschaffen: künftig sollen nämlich Operatoren in einer Zentrale per Kamera die autonomen Fahrzeuge auf Fahrtauglichkeit kontrollieren, zum Beispiel ob „alle angeschnallt sind“. Aber auch für unvorhergesehene Ereignisse während der Fahrt benötige es eine menschliche Überwachung: hier müsse dann beispielsweise entschieden werden ob das Fahrzeug „eine durchgezogene Linie überfahren“ dürfe.

Teure Technik

Bei der Vorstellung des Prototypen bestätigte Meyer laut dpa-Meldung außerdem, dass durch die hohen Investitionen in die neue Technik – das Bundesverkehrsministerium (Bundesministerium für Digitales und Verkehr, BVMT) bezuschusst die Unternehmung zum Beispiel mit 26 Millionen Euro – langfristig entsprechend höhere Preise auf die Kunden zukommen würden. Mit deutlichen Preissprüngen sei aber nicht vor 2030 zu rechnen.

Autonome Version nur für den Mobilitätsdienst

Mit Testfahrten des fahrerlosen ID Buzz zum autonomen Betrieb der „Stufe 4“ begann man bereits 2021 in München, 2023 folgte Hamburg, und dieses Jahr Austin (USA). Dabei war für den Notfall immer ein Sicherheitsfahrer an Bord – ein Konzept, das man für die Testfahrten im Sommer 2025 beibehalten will. Ein Einsatz der Fahrzeuge für private Zwecke scheint nicht vorgesehen zu sein. Entsprechend habe VWN laut dpa im März 2024 berichtet, der autonome ID Buzz AD sei nur für Mobilitätsdienste wie Moia gedacht.

Im Rahmen des Hamburger Projekts Alike arbeitet Moia an dem Plan mit, ein „System autonomer Busse im öffentlichen Verkehr“ aufzubauen, heißt es weiter. Berichten zufolge seien als Einsatzorte beispielsweise das stadtzentrale Gebiet zwischen Elbe und Stadtpark oder der nördliche Stadtteil zwischen Schlump und Wandsbek in Planung. Weitere Projektbeteiligte neben VWN und Moia sind das Hamburger Verkehrsunternehmen Hochbahn als Projektleiter sowie Fahrzeughersteller Holon und die Verkehrsbehörde. Als Forschungspartner schließlich ist das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) involviert, das von seinen insgesamt rund 120 überwiegend naturwissenschaftlich-technisch ausgerichteten Instituten dasjenige für Verkehrswesen (IfV) beteiligt.

Auch Projektpartner Holon, spezialisiert auf Level 4-Elektrofahrzeuge für den öffentlichen Nahverkehr, will Mitte 2025 mit passagierlosen Testfahrten in Hamburg beginnen. Das Tochterunternehmen des traditionsreichen Salzburger Unternehmens der Automobilbranche Benteler wird in seinen Fahrzeugen bis zu 15 Fahrgäste unterbringen können – die VW-Vans bringen es auf vergleichsweise wenige vier.

Moia hat nach eigenen Angaben alleine in Hamburg seit Einführung des dortigen Fahrdienstes im April 2019 mit seinen rund 900 Fahrern über elf Millionen Fahrgäste befördert. Zahlen über den Standort von Moia in Hannover zum Vergleich lagen laut dpa nicht vor.

Für die Umsetzung fahrerloser Personenbeförderungssysteme im öffentlichen Nahverkehr hat der Bund auch weitere Player der Branche ins Boot geholt: so arbeitet der genannte Experte für autonome Fahrtechnologien Mobileye, ein Unternehmen von Chiphersteller Intel, zum Beispiel mit MAN Truck & Bus an einem ebenfalls vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekt, das fahrerlose Busse in den Stadtverkehr bringen will. Zur Erschließung auch ländlicher Gebiete hat der Bund ebenfalls bereits entsprechende Aktionen auf den Weg gebracht.

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