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Für den US-Markt: ZF und Beep wollen tausende autonome Shuttles produzieren

Der deutsche Technologiekonzern und das US-amerikanische Mobilitätsunternehmen wollen mehrere tausend Level-4-Shuttles für Nordamerika liefern. Den Plan und das neueste Produkt haben beide Firmen nun auf der CES in Las Vegas präsentiert.

Unlock Mobility: Mit seiner nächsten Shuttle-Generation präsentiert ZF ein neues, autonomes Level-4-Fahrzeug. Es soll in den USA vor allem im städtischen Umfeld und Mischverkehr zum Einsatz kommen. | Bild: ZF.
Unlock Mobility: Mit seiner nächsten Shuttle-Generation präsentiert ZF ein neues, autonomes Level-4-Fahrzeug. Es soll in den USA vor allem im städtischen Umfeld und Mischverkehr zum Einsatz kommen. | Bild: ZF.
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Claudia Leistritz

ZF, Friedrichshafener Zulieferer und Technologieunternehmen, sowie Beep, Spezialist für autonome Fahrzeuge mit Sitz im US-amerikanischen Orlando/Florida, wollen gemeinsam mehrere tausend selbständig fahrende Shuttles der neuesten Generation für den nordamerikanischen Markt produzieren. Das berichtet ZF in seiner Pressemeldung zur Consumer Electronics Show (CES) 2023 in Las Vegas, wo beide Unternehmen Anfang Januar das auf Stadt- und Mischverkehr ausgelegte Fahrzeug vorstellten. Es ergänze somit das Vorgängermodell, das in erster Linie auf abgetrennten Fahrspuren zum Einsatz kommt, heißt es. Das neue Modell mit Level 4 (von insgesamt 5 für das autonome Fahren) könne nicht nur zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen, sondern auch  den öffentlichen Personennahverkehr unabhängiger von verfügbarem Fahrpersonal machen.

Zur Umsetzung des Vorhabens kündigt ZF zugleich die strategische Partnerschaft mit Beep für die Produktion mehrerer tausend dieser neuen Level-4-Shuttle-Fahrzeuge an, die für den Einsatz in „bestimmten Gebieten der USA“ gedacht sind. Dafür will der Technologiekonzern vom Bodensee in Ergänzung zu den Mobilitätsdienstleistungen von Beep als eigenes Servicekonzept mit seinem autonomen Transportsystem (ATS) eine Art Rundum-Paket zur Verfügung stellen, das unter anderem das Flottenmanagement, Wartung, Reparatur und Training beinhalten soll.

Die Fahrzeuge dienten zum allmählichen Ersatz des motorisierten Verkehrs, um die städtischen Emissionen senken zu können, sagt Torsten Gollewski, Leiter Autonomous Mobility Solutions bei ZF:

„Damit die verkehrsbedingten Emissionen in Metropolen sinken, ist eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und ein gleichzeitiger Ausbau nachhaltigerer, effizienterer, komfortablerer und bezahlbarer Mobilitätsangebote erforderlich.“

Die autonomen Transportsysteme, so ZF, sollen aber nicht nur den Mobilitätswandel unterstützen, sondern könnten auch den herrschenden Fahrermangel im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausgleichen. Unter dem Motto „Next Generation Mobility. NOW“ stellte das Unternehmen auf der CES 2023 erstmals das neue Level-4-Shuttle vor, das das bereits für „abgetrennte Fahrspuren“ konzipierte bestehende Modell nun um eines für „urbanes Umfeld und Mischverkehr“ ergänzt.

Modernste Sensortechnik, Konnektivität und Datenverarbeitung

Das Gefährt verfügt über modernste Sensortechnik zur präzisen Umfelderkennung wie Lidar-, Radar-, Kamera- und Geräuscherkennungssysteme. Zudem enthält der neue Shuttle die Konnektivitätsplattform ZF ProConnect zur Kommunikation mit der Verkehrsinfrastruktur und der Cloud sowie den „Supercomputer ZF ProAI“ als Zentrale für die Fahrzeugdaten.

Künstliche Intelligenz ersetzt Mensch

Eine eigene AD-Software von ZF, der Virtual Driver, verarbeitet die Datenmengen, „leitet mittels künstlicher Intelligenz sichere Fahrstrategien ab und gibt sie als Input an die Aktuatorik weiter“, beschreibt der Anbieter die Funktionsweise. Damit werde der menschliche Fahrer ersetzt, womit auch Lenkrad und Bremspedal unnötig würden. Um „die volle Funktions- und Handlungsfähigkeit“ des Shuttle sicherzustellen, verfüge das System außerdem über einen gewissen Spielraum. Der Virtual Driver nutze zur „jederzeit reibungslosen und sicheren Navigation“ die Rechenleistung von ProAI und zugleich die Konnektivitäts-Services von ProConnect.

Sicherheitsstandards

Für die nötige Sicherheit sorge die Zertifizierung aller ZF-Komponenten nach den anspruchsvollen Standards des „Automotive Grade“: damit würden die hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie erfüllt und zugleich die geltenden Vorschriften für die Cyber Security eingehalten.

Konfigurierbar

Für eine gewisse Flexibilität in der Anwendung stehen zwischen 50 und 100 kWh wählbare Batteriekapazitäten zur Verfügung. Im Höchstfall könne der Pendelbus damit rein elektrisch bei einer maximalen Geschwindigkeit von „zunächst 40 km/h“, die bis zu 80 km/h gesteigert werden könnten, bis zu 130 Kilometer zurücklegen. Auch die Inneneinrichtung und das „Layout“ der insgesamt 22 Plätze, wovon bis zu 15 als Sitzplätze zur Verfügung stehen, kann den Kundenwünschen angepasst werden. Für den amerikanischen Einsatz entspricht der Shuttle außerdem den Anforderungen des „Americans with Disabilities Act“-Bundesgesetzes der USA für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, das unter anderem eine automatische Rampe vorschreibt.  

Eine weitere Eigenschaft kommt in der Ausstattung mit Vorder- und Hinterradlenkung und fahrzeugabsenkender Kneeling-Funktion zum Tragen: dadurch verkleinert sich beim Anfahren an eine Haltestelle der Abstand zum Gehsteig auf ein Mindestmaß und ermöglicht dadurch einen „barrierefreien Ein- und Ausstieg“.

Mobilität gewährleistet trotz Fahrermangel

Laut ZF können die autonomen Shuttles des Unternehmens 24/7, also praktisch rund um die Uhr, emissionsfrei auf definierten Routen fahren. „ÖPNV-Betreiber können somit Fahrgästen auch bei geringer Nachfrage ein Mobilitätsangebot zur Verfügung stellen und gleichzeitig – trotz akutem Fahrermangel – Fahrlinien ausbauen“, heißt es weiter.

Das Partnerunternehmen Beep ist spezialisiert auf Planung und Einsatz autonomer Shuttles und stellt Dienstleistungen in „Mobilitätsnetzwerken der ersten und letzten Meile“ in den USA zur Verfügung. Autonome Shuttles testet das Mobilitätsunternehmen dem Bericht zufolge seit über drei Jahren und hat dazu mittlerweile über 100.000 Fahrstunden absolviert. An seinem Standort in Lake Nona, Florida, verfügt Beep nach eigenen Angaben über das größte und am längsten bestehende private autonome Mobilitätsnetz der Vereinigten Staaten.

Joe Moye, CEO von Beep, fasst die Merkmale des Projekts zusammen:

„Das umfassende ATS-Angebot von ZF, dessen US-Servicenetzwerk und Shuttle in Automotive-Grade komplementieren unsere Mobilitäts- und Serviceplattform für autonome Dienste. Mit diesem Shuttle können wir unserer Vision nachgehen, die Mobilität gerechter zu gestalten und die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren, indem wir Einsatzmöglichkeiten erweitern und gleichzeitig die Anforderungen der Industrie an Lebensdauer, Leistung und Sicherheit der Fahrzeuge erfüllen.“

Gegenwärtig sei Beep auf der Suche nach geeigneten Standorten und Strecken für den Einsatz des neuen Pendelfahrzeugs, berichtet der baden-württembergische Zulieferer. Mit dem Konzept einer „sauberen, effizienten und erschwinglichen Mobilität“, so Gollewski, habe man überzeugt und mit Beep einen entsprechenden Partner und Großkunden gewonnen.

Zuerst Nutzfahrzeuge und Shuttles

Das Unternehmen versteht sich als Shuttle-Anbieter, zugleich aber auch Partner für den gesamten Lebenszyklus der Pendelbusse und verfügt daher auch über ein umfassendes Servicekonzept, das einen reibungslosen Betrieb und „damit eine maximale Einsatzzeit der Shuttles“ gewährleisten soll. Damit verbunden ist beispielsweise auch ein weltweites Netz an rund 20.000 Werkstattpartnern, allein in Nordamerika 3.000, die eine schnelle Versorgung und Betreuung sicherstellen. Weitere Services stellen ein „komplettes Ökosystem“ für autonome Transportsysteme zur Verfügung, von der individuellen Planung bis zum Flottenmanagement. Mit der angekündigten Produktion autonomer Shuttles sieht sich ZF als führend in der Entwicklung eines modernen Personennahverkehrs. Gollewski:

„Damit setzen wir konsequent unsere Strategie um, das fahrerlose Fahren nach Level 4 zuerst mit Nutzfahrzeugen und Shuttles in den operativen Betrieb zu bringen. Autonome Transportsysteme sind keine Vision mehr. Wir starten mit der Umsetzung.“

 

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