VWN: Mit Mobileye zum ersten hochautomatisierten Großserien-E-Transporter
Schon lange wird daran geforscht, aber in letzter Zeit bemühen sich die Fahrzeughersteller verstärkt um die Perfektionierung autonomer, kamera- und sensorenbestückter sowie gewöhnlich auch KI-unterstützter Fahrsysteme. So wird seit einigen Jahren auch im Nutzfahrzeugsektor intensiv an fahrerlosen Shuttles, Stadtbussen oder Lkw geforscht, um den Einsatz abseits von abgegrenzten Arealen auch großräumig im öffentlichen Verkehr zu etablieren; ob in ländlichen Gebieten oder in der Stadt, sowohl für die Personen- wie für die Güterbeförderung. Die in der Regel vom Bund geförderten Entwicklungsprojekte zielen darauf ab, mit Hilfe der softwaregesteuerten und vielfach vernetzten Technologie künftig den Fahrermangel auszugleichen und einen flächendeckenden Personentransport oder Warenverkehr sicherzustellen sowie die Verkehrssicherheit zu steigern, heißt es unter anderem zu den Gründen.
Auch die Tochterfirma des VW Konzerns, die Hannoveraner VW Nutzfahrzeuge, will ihren vollelektrischen ID.Buzz-Transporter auf autonomen Betrieb der „Stufe 4“ ertüchtigen. Über dahingehende Ambitionen wurde bereits im letzten Jahr mehrfach in den Medien berichtet. Die ID.Buzz-Elektro-Vans mit Selbstfahrfunktion (ID. Buzz AD: Autonomous Driving) sollen laut VWN-Pressemeldung künftig im kommerziellen Bereich in Europa und den USA eingesetzt werden und dort „Mobilitäts- und Transportdienste“ übernehmen. Bei VWN ist mit der Entwicklung die Tochtergründung Volkswagen ADMT (Autonomes Fahren, Mobilität und Transport) befasst.
Um den Hochlauf zu forcieren, hat man nun mit dem israelischen Spezialisten für Fahrerassistenz- und autonome Fahrsysteme Mobileye einen Entwicklungs- und Liefervertrag unterzeichnet, der bis 2026 eine so weit fortgeschrittene Entwicklung vorsieht, dass die Großserienproduktion anlaufen kann. Dem Vertrag, der seitens Mobileye die Entwicklung und Lieferung von Soft- und Hardwarekomponenten sowie digitalen Karten für den selbstfahrenden ID.Buzz AD vorsieht, ging eine umfangreiche Pilotphase mit Straßentests in Deutschland und den USA voraus, heißt es.
Weitgehende Selbststeuerung
Ein Hauptbestandteil der Vereinbarung besteht aus der „Lieferung und Nutzung eines selbstfahrenden Systems (SDS)“ für eine Sonder-Edition des ID.Buzz, die bereits seit 2021 speziell für den autonomen Fahrbetrieb vorbereitet wird. Die Version soll der Level-4-Definition der US-amerikanischen Society of Automotive Engineers (SAE) entsprechen die unter anderem besagt, dass ein Fahrer zum Betrieb nicht nötig ist. Das autonome Fahrzeug steuert sich also selbst, allerdings „nur“ in einem definierten Gebiet – was das Gefährt unter anderem von der letzte Stufe 5 noch unterscheidet.
Hochkomplexes System
Voraussetzung für einen derartigen autonomen Betrieb ist einiges an technologischem Aufwand. Laut Bericht handelt es sich zum Beispiel um verschiedene Soft- und Hardwarekomponenten wie zwei unabhängige Hochleistungsrechner und 13 Kameras; neun auf der Lasertechnologie basierende Lidar-Einheiten (Light Detection and Ranging) dienen zur dreidimensionalen Erfassung des Raums; fünf Radar-Einheiten detektieren mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen Verkehrsobjekte wie Fahrzeuge oder Fußgänger zur Klärung der aktuellen Verkehrssituation. Damit das System möglichst sicher funktionieren und nahezu vollumfängliche Kontrolle bieten kann, muss die technologische Ausstattung unablässig vernetzt bleiben. So heißt es in dem Bericht:
„Jede dieser Sensor-Verbundarten ist in der Lage, eine 360 Grad-Umfelderfassung zu gewährleisten. Die autonomen Fahrzeuge sind für eine sichere und effiziente Steuerung stets online verbunden.“
Mit dem ID.Buzz AD soll das erste vollautonome Großserienfahrzeug auf die Straßen kommen, sagt der Vorstand des Bereichs Autonomes Fahren, Mobilität und Transport (ADMT) bei VWN Christian Senger zu der Vereinbarung. Hierfür müssten starke Partner zusammenarbeiten. Die Aufgabenteilung der beiden Unternehmen definiert Senger folgendermaßen:
„Wir entwickeln das erste vollautonome Großserienfahrzeug und Mobileye bringt den digitalen Fahrer an Bord.“
Ab 2026 Verfügbarkeit geplant
Als Vorteil für die Kooperation wird außerdem herausgestellt, dass verschiedene Module aus anderen automatisierten Systemen des Konzerns je nach benötigter Ausbaustufe über die SAE-Levels 2+ bis 4 für das Projekt gemeinsam genutzt werden könnten.
Das Entwicklungsziel von VW ADMT besteht nun darin, den vollelektrischen und autonomen ID.Buzz AD ab 2026 bereits für Mobilitäts- und Transportdienste in den Markt zu bringen.
Know-how aus Tochterfirmen
Weiter steuert zum Know-how auch das konzerneigene Unternehmen Moia bei, das seit 2019 in Hamburg den nach eigenen Angaben größten privaten Ride-Pooling-Dienst betreibt. Besonderheit des kommerziellen On-Demand-Fahrzeugsharing-Dienstes ist die Bündelung verschiedener Fahrtanfragen. Das System funktioniert über eine digitale Buchungsplattform, über die Pesonenbeförderungen geordert und bezahlt werden können. Ein Computer-Algorithmus berechnet aus den eingegangenen Anfragen die effizienteste Route, um alle Passagiere an ihr Ziel zu bringen. Durch die kombinierte Fahrt können günstigere Preise angeboten werden.
Gütertransport
Aber nicht nur zur Personenbeförderung, auch für den Pakettransport ist ein Einsatz denkbar. „Der Logistikmarkt ist in den letzten jahren aufgrund des steigenden Anteils des E-Commerce stark gewachsen“, begründet VWN einen Einsatz in dieser Branche, die angesichts der Liefermengen bei gleichzeitigem Fahrermangel vor großen Herausforderungen stehe. Daher sehe man eine mögliche Lösung im Einsatz autonomer Transporte, „um die Lieferfähigkeit langfristig zu sichern und am Marktwachstum zu partizipieren“. Auch an Lösungen für den autonomen Gütertransport werde daher gearbeitet, parallel zum Personentransport. In diesem Fall sollen die Fahrzeuge dann selbständig Be- und Entladestationen, aber auch Kundenadressen anfahren können.
Als Grund für die Entwicklungen wird in erster Linie der Fahrermangel genannt, „der seit vielen Jahren besteht“. Autonome Fahrzeuge im Einsatz für Mobilitäts- und Transportdienste, also Robo-Shuttles, könnten hier abhelfen und „sowohl die Lebensqualität als auch die wirtschaftliche Entwicklung der Städte“ steigern.
Ausweitung der Anwendung
Mobileye berichtet, dass die Kooperation mit VWN auch weitere Bestandteile beinhalte wie die Bestrebung, autonome Systeme künftig in weiteren Fahrzeugen der VW-Gruppe wie Audi, Porsche oder Bentley einzusetzen. Zur Anwendung kommen sollen dabei Technologien für teilautomatisiertes und hochautomatisiertes Fahren.
Das 1999 gegündete Unternehmen Mobileye hat sich in den Anfängen auf Fahrerassistenzsysteme spezialisiert (ADAS), auf deren Grundlage später in Richtung autonomer Fahrzeuge weiterentwickelt wurde. Die heutige Tochterfirma des US-amerikanischen Halbleiterkonzerns Intel gehört mittlerweile zu einem der weltweit führenden Anbieter autonomer Fahrtechnologie. Entwickelt wird vor allem an computergesteuerter Erkennung, maschinellem Lernen, Datenanalyse, Lokalisierung und Kartierung. Zur Grundlage dienen die aus hunderten Millionen Serienfahrzeugen, die bereits heute auf den Straßen unterwegs sind“, generierten Daten.
Zu Level 4 und 5
Die Kfz-Experten definieren bisweilen die einzelnen, insgesamt 5 Stufen des autonomen Fahrens unterschiedlich. In der Regel bedeutet Level 4 das „vollautomatisierte Fahren“, das einen völlig selbständigen Betrieb „auf definierten Strecken“ wie Autobahnen sowie das Fahren ohne oder zumindest zeitweise schlafenden Insassen erlaubt, jedoch immer noch einen „fahrtüchtigen“ Passagier erfordert, der gegebenenfalls oder auf Wunsch das Steuer übernehmen kann. Zur Not aber könnte das Fahrzeug auf dieser Stufe alle Situationen selbständig bewältigen beziehungsweise das Fahrzeug gegebenenfalls in einem sicheren Bereich zum Stehen bringen. Mit der fünften und höchsten Stufe, bezeichnet als „autonomes Fahren“, steuert das System eigenständig auch in komplexen Fahrsituationen und auf allen Strecken, so dass anwesende Personen auch nicht mehr eingreifen könnten, wenn sie wollten. Da kein „fahrtüchtiger“ Fahrer mehr erforderlich ist, fehlen zum Beispiel auch Lenkrad und Pedale. Eventuelle Insassen sind nur noch Passagiere.
Automatisiert und autonom
Die mit den Begriffen „automatisiert“ und „autonom“ verbundenen Vorstellungen scheinen manchmal nicht klar definiert. Das Institut für Experimentelles Software-Engineering des Fraunhofer Instituts (Fraunhofer IESE) hat vor einigen Jahren die beiden Bezeichnungen dahingehend unterschieden, dass man als automatisiert ein System bezeichne, bei dem man noch sicher einschätzen könne, wie es sich in einer bestimmten Situation verhalten wird. Sei man sich jedoch im Unklaren über die Reaktion, weil man aufgrund der noch fortgeschritteneren „Intelligenz“ nicht mehr unmittelbar verstehen könne, wie das System funktioniere, spreche man von Autonomie. Auch wenn man solche Anwendungen teilweise wieder in ihrer Funktion einschränke, um unvorhersehbare Risiken als Folge eines Kontrollverlusts sicher auszuschließen, nenne man solche Anwendungen dann immer noch autonom.
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