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Arbeitsschutz: Länger leistungsfähig

Gesundes Arbeiten liegt im Interesse von Betrieben und Beschäftigten. Tipps gibt es bei Innungen und Berufsgenossenschaften. Einen Schritt weiter ging ein norddeutsches Unternehmen und verringerte das Risiko durch eigenen Erfindergeist.

Gleichgültig, ob in Werkstatt, Büro oder Fabrikhalle gearbeitet wird: Arbeitssicherheit und vorbeugender Gesundheitsschutz sollten selbstverständlich sein. Hilfe gibt es bei Innungen, Berufsgenossenschaften und Prüforganisationen. (Bild: Titania Kommunikation)
Gleichgültig, ob in Werkstatt, Büro oder Fabrikhalle gearbeitet wird: Arbeitssicherheit und vorbeugender Gesundheitsschutz sollten selbstverständlich sein. Hilfe gibt es bei Innungen, Berufsgenossenschaften und Prüforganisationen. (Bild: Titania Kommunikation)
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Martin Schachtner

Wie jedes Jahr, rief die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) Ende April zu einem Aktionstag rund um die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auf. Die Organisation feiert 2019 ebenfalls ihr hundertjähriges Bestehen. Das Ziel: Die Schaffung sicherer und gesunder Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer.

Die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zählen zu den Schlüsselfaktoren für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg, heißt es von Seiten des TÜV Rheinland. Es liege daher im ureigenen Interesse von Unternehmen und Organisationen, für die Sicherheit der Beschäftigten zu sorgen und arbeitsbedingte Erkrankungen sowie Ausfälle zu vermeiden. Die Prüforganisation hat in einem aktuellen "Whitepaper", also einer Handlungsempfehlung, die Neuerungen der internationalen Norm ISO 45001: 2018, die im vergangenen veröffentlicht wurde und den bisher meist verwendeten Standard BS OHSAS 18001 abgelöst hat, dargestellt.

Vom Qualitätsmanagement nach ISO 9001 bis zum Umweltmanagement nach ISO 14001: Neben der ISO 45001 hat die International Organization for Standardization (ISO) weitere Managementsystem-Normen entwickelt, an denen sich Unternehmen und Organisationen orientieren. Die neue, weltweit gültige Norm beschreibt die Anforderungen an "Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA)" und gibt den Unternehmen geeignete Instrumente und Maßnahmen zur praktischen Umsetzung an die Hand. Mit einer Zertifizierung nach ISO 45001 können Sie das Risiko von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen systematisch kontrollieren und dies auch für Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner und Behörden nachvollziehbar belegen. Unternehmen, die bereits nach BS OHSAS 18001 zertifiziert sind, haben für die Umstellung auf den neuen Standard drei Jahre Zeit. Nach dem 11. März 2021 verlieren die bestehenden OHSAS-Zertifikate ihre Gültigkeit, wie es im aktuellen Whitepaper des TÜV Rheinland zum Arbeitsschutz heißt. Mit dieser Handlungsempfehlung möchte die Prüforganisation Betriebe unterstützen, die ein Managementsystem für betrieblichen Arbeitsschutz nach ISO 45001 aufbauen möchten.

Hintergrund: Eine der effektivsten Möglichkeiten, komplexe Aufgaben in Organisationen zu steuern, ist das Implementieren, Überwachen und ständige Verbessern von definierten Strukturen und Prozessen in Form von Managementsystemen. Die Einführung eines Managementsystems für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit nach ISO 45001 kann den Verantwortlichen dabei helfen, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, Kosten einzusparen und den Arbeits- und Gesundheitsschutz systematisch zu optimieren. Die Anleitung ist hinsichtlich eines so genannten PDCA-Zyklus strukturiert. Das Kürzel steht laut TÜV Rheinland für Plan, Do, Check, Act – Planen, Durchführen, Prüfen, Handeln: Im ersten Schritt werden Risiken und Chancen identifiziert und Prozesse festgelegt, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Diese werden anschließend wie geplant angewendet und im nächsten Schritt auf ihre Wirksamkeit überprüft. Der Bericht über die Ergebnisse dient wiederum dazu, Maßnahmen zur Beseitigung von Defiziten einzuleiten und schließlich die angestrebten Ergebnisse zu erzielen.

Problem erkannt und behoben

Manche Unternehmen entwickeln aus diesem proaktiven Ansatz durch Erfindungsreichtum sogar eine Branchenlösung: So wurde im vergangenen Jahr eine aktive Arbeitssicherheits-Maßnahme in der Lübzer Brauerei von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) ausgezeichnet. Die norddeutsche Tochtergesellschaft der Carlsberg-Gruppe hat sich eigenen Angaben zufolge eines in der Getränkeindustrie bekannten Problems angenommen. In der Branche werden häufig Rohrleitungen und Rohrbögen verlegt und mittels Überwurfmuttern mit Nut miteinander verschraubt. Dazu ist ein Gelenkhakenschlüssel bisher das Universalwerkzeug. Aber wer jemals damit gearbeitet hat weiß, dass das nicht so einfach ist. Schnell ist man aus der Nut gerutscht und von der Mutter abgeglitten, die angezogen werden soll. Immer wieder kommt es dabei zu Unfällen. Und dennoch gab es bislang dazu wohl keine Alternative auf dem Werkzeugmarkt.

Lübzer hat nun einen Schraubenschlüssel entwickelt, mit dem das Abrutschen der Vergangenheit angehört. Der speziell angepasste Schlüssel umgreift die Nutmuttern maulförmig. Durch vier in die Nuten einrastende Nasen ist ein Abrutschen oder Verkanten praktisch nicht möglich. Ein Anschlag verhindert beim Aufsetzen, dass der Schlüssel über die Nut hinausrutscht. Eine wohldurchdachte, vorbildliche Lösung und „Preiswürdig!" befand die Jury der BGN, der gesetzlichen Unfallversicherung für das Nahrungsmittelgewerbe, und verlieh deshalb einen „BGN-Präventionspreis“ an die Carlsberg Supply Company Deutschland GmbH, „Lübz“.

Stressbelastungen

Die Fehlzeiten aufgrund von psychischen Belastungen nehmen bundesweit zu: Laut dem AOK-Fehlzeitenreport 2018 ist die Häufigkeit von Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen zwischen 2007 und 2017 um 67,5 Prozent angestiegen. Außerdem führen diese Erkrankungen zu besonders langen Ausfallzeiten. Mit durchschnittlich 26 Krankheitstagen je Attest dauerten sie 2017 mehr als doppelt so lange wie eine durchschnittliche Krankschreibung. Dies ging aus einer Dekra-Mitteilung im Vorfeld der Messe „Arbeitsschutz aktuell“ (Oktober 2018) hervor. Diese Zahlen decken sich mit Ergebnissen, auf die sich TÜV Rheinland im Januar 2019 bezieht: Nach Angaben des Gesundheitsreports der Techniker Krankenkasse führten psychische Erkrankungen im Jahr 2017 mit mehr als 40 Tagen zu den längsten Ausfallzeiten von Beschäftigten.

Ein wesentliches Thema des Arbeitssicherheitsreports der Dekra ist die im deutschen Arbeitsschutzrecht verankerte Gefährdungsbeurteilung. Seit 2013 müssen auch psychische der Beschäftigten am Arbeitsplatz eingeschätzt werden. Falls erforderlich sind Maßnahmen gegen krankmachenden Stress am Arbeitsplatz einzuführen. Im Auftrag der Stuttgarter befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa 300 Mitarbeiter, die bei kleinen oder mittelständischen Firmen im Personalbereich arbeiten. Im Ergebnis wird die Gefährdungsbeurteilung in lediglich jedem vierten Unternehmen durchgeführt. Was viele übersehen: Wer vorbeugende Maßnahmen ignoriert, schadet sich letztlich selbst: Schließlich stellen psychische Belastungen die häufig unterschätzte Ursache von Burnout sowie Skeletterkrankungen dar und führen nicht selten zu Fehlzeiten oder Qualitätsmängel.

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