Neue Diesel-Kraftstoffe: Verbände starten Info-Seite zur Einführung von XTL und B10 an deutschen Tankstellen
Nach dem Wunsch der Bundesregierung soll Deutschland bis 2045 „treibhausgasneutral“ werden. Um diesem Ziel näherzukommen, hat der Bundesrat nun nach längerer Planung zum 29. Mai 2024 den freien Verkauf von emissionsmindernden Diesel-Alternativen an Tankstellen zugelassen. In zahlreichen europäischen Ländern längst üblich, können somit auch Fahrer in Deutschland ihr Dieselfahrzeug mit synthetischem XTL-Diesel oder Diesel mit zehnprozentigem Biodieselanteil (B10) betanken. Bisher war nur siebenprozentiger Biodiesel (B7) an deutschen Tankstationen erhältlich, der allerdings in erster Linie die älteren Fahrzeugmodelle bedient.
Beitrag zum Klimaschutz
Zu den nun frei verkäuflichen XTL- (X-to-Liquid, „X“ steht für einen geeigneten Rohstoff) oder paraffinischen Dieselsorten, die zur Dekarbonisierung beitragen sollen, zählt auch das hydrierte Pflanzenöl HVO100 (Hydrotreated Vegetable Oil) sowie solche aus fossilen Ausgangsstoffen wie GtL (Gas-to-Liquid, auf Erdgas-Basis). Werden diese Kraftstoffe als Diesel-Ersatz verwendet, können sie in teils erheblichem Umfang den Ausstoß an CO2-Emissionen auf den Straßen einschränken. Mit dieser Maßnahme will man den Fahrzeugbestand an Verbrennern dekarbonisieren, da sich der Verkehrssektor nicht schnell genug auf „Null-Emissions“-Elektrofahrzeuge umstellen lässt. Verbände der Automobilwirtschaft, darunter der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) begrüßen diese Entscheidung und begleiten die Einführung mit einem eigens eingerichteten Internet-Auftritt, der über die verschiedenen Bio-Kraftstoffe informiert:
Die Website kraftstoffe.info bündelt die wesentlichen Informationen und beantwortet, aufgeteilt auf die beiden Themenbereiche XTL und B10, mögliche Fragen zur Thematik. Die neuen Kraftstoffsorten können in Bestands-Pkw und Nutzfahrzeugen sowie auch Neuzulassungen mit Dieselmotoren einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, heißt es beim ZDK. Die Maßnahme bilde eine wichtige Stellschraube, um auch im Straßenverkehr die Klimaziele erreichen zu können, denn:
„trotz weiter voranschreitender Elektrifizierung werden im Jahr 2030 voraussichtlich noch mehr als 35 Millionen Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor in Betrieb sein“,
verdeutlicht der Kfz-Experte. Somit eine Menge an CO2-emittierenden Fahrzeugen, die wohl noch Jahre über dieses Datum hinaus in Betrieb sein werden. Rund 30 Prozent davon – Pkw sowie fast alle Lkw – fahren mit Diesel. Würde man diese Fahrzeuge mit synthetischen Dieselkraftstoffen betreiben, ließen sich die CO2-Emissionen– im Gesamtverlauf von der Herstellung bis zum Verbrauch betrachtet – erheblich einschränken.
Bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen
Bei XTL-Kraftstoffen wird ein passender Rohstoff („X“) in einen flüssigen Energieträger (L für Liquid) umgewandelt. Werden dabei „erneuerbare, nachhaltige“ Rohstoffe verwendet, handelt es sich um einen als klimaschonend klassifizierten Kraftstoff. Erneuerbar heißt, dass organisches, aus land- oder forstwirtschaftlicher Produktion stammendes Material verwendet wird, das ausschließlich diesem Zweck „außerhalb des Nahrungs- und Futterbereichs“ dient. Dazu zählen Pflanzenöle oder biogene Rest- und Abfallstoffe. Zu den nicht erneuerbaren Rohstoffen zählen zum Beispiel Erdöl oder Kohle. Genaueres zur emissionsmindernden Wirkung erklärt der ZDK:
„XTL aus erneuerbaren, nachhaltigen Rohstoffen ist ein klimaschonender Kraftstoff, durch den weniger zusätzliche CO2-Emissionen entstehen, da das am Auspuff freigesetzte CO2 zuvor vom pflanzlichen Rohstoff beziehungsweise bei der XTL-Produktion der Atmosphäre entzogen wurde.“
Derzeit steht XTL als Reinkraftstoff in Form von HVO100 zur Verfügung, der bereits im Transportsektor Verwendung findet, aber auch bei mehreren Anbietern schon für Pkw angeboten wird. Dabei werden Pflanzenöl oder gebrauchtes Speiseöl hydriert oder andere biogene Rest- und Abfallstoffe entsprechend verarbeitet.
„Mit XTL-Kraftstoffen in Reinform lassen sich die Treibhausgasemissionen im Vergleich zur Nutzung rein fossilen Dieselkraftstoffs um bis zu 90 Prozent senken“,
verdeutlicht der ZDK. Eine praktikable Möglichkeit, sekundiert der ADAC in seiner Pressemeldung zum gleichen Thema, „die eigene Bestandsflotte an Selbstzünderfahrzeugen sauberer zu machen“. Und eine wichtige Ergänzung neben moderneren Technologien auf dem Weg zur „Klimaneutralität“, die konsequent ausgebaut werden sollte, wie ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze meint:
„Allein über CO2-neutrale Neufahrzeuge werden sich die Klimaschutzziele nicht erreichen lassen. Der Hochlauf der Elektromobilität und die klimaschonende Weiterentwicklung von Kraftstoffen für Bestandsfahrzeuge müssen Hand in Hand gehen. Die Zulassung von HVO100 ist ein weiterer, großer Schritt. Jetzt sind die Hersteller gefordert, neue Fahrzeuge für die Verwendung von HVO100 auszulegen und ältere Modelle zu prüfen und für die Verwendung freizugeben.“
Laut Angaben auf der Kraftstoff-Infoseite ist XTL ohne Umrüstung in Reinform oder auch als anteilige Mischkomponente für alle Dieselfahrzeuge geeignet, für die der Hersteller diesen Sprit freigegeben hat.
B10 wiederum ist normaler Diesel, der bis zu 10 Prozent Biodiesel aus überwiegend Abfall- und Reststoffen enthält. Der maximale Anteil lag bisher bei sieben Prozent (B7). Beide Kraftstoffe, XTL und B10, sind laut Angaben mit herkömmlichem Diesel „problemlos mischbar“. Ist das Fahrzeug vom Hersteller für diese Kraftstoffsorten freigegeben, können diese ohne weiteres verwendet werden. Ob das eigene Fahrzeug für den Biosprit taugt, steht im Tankdeckel („XTL“) oder in der Bedienungsanleitung. Die DAT (Deutsche Automobil Treuhand) hat eine offizielle, herstellerübergreifende Übersicht zur Kompatibilität von B10 oder XTL mit Fahrzeugen aufgestellt, im Internet frei abrufbar, auch als PDF zum Download. Die Information lässt sich auch über die Website kraftstoffe.info einsehen.
Zur Grundlage der jetzigen Markteinführung von XTL und B10 dient die geänderte „Verordnung über die Beschaffenheit und Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen“ (10. BlmSchV), die gestern, am 28. Mai 2024, in Kraft trat. Tankstellen sind verpflichtet, das Angebot durch entsprechende „B10“- oder „XTL“-Aufkleber an der Tanksäule sowie mit Plaketten an der Zapfpistole zu kennzeichnen.
Hintergrund: das aktuelle Klimaschutzgesetz sieht vor, die CO2-Emissionen in Deutschland bis 2030 um mindestens 65 Prozent und bis 2040 um mindestens 88 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu reduzieren.
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