Rückschritt für die Mobilität: AvD kritisiert Verbot von Verbrennern

Auch der Automobilclub von Deutschland (AvD) hadert mit dem EU-Beschluss, neue Pkw und leichte Nfz mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten. Die Probleme der Elektromobilität würden ignoriert, die Klimaziele seien ohne die Alternative eFuels nicht zu erreichen.

Geht es nach dem Willen der Brüsseler EU-Kommission, sollen möglichst bald nur noch E-Fahrzeuge auf den Straßen fahren. | Bild: Cristhian Adame/Pixabay.
Geht es nach dem Willen der Brüsseler EU-Kommission, sollen möglichst bald nur noch E-Fahrzeuge auf den Straßen fahren. | Bild: Cristhian Adame/Pixabay.
Claudia Leistritz

Ende Oktober hat eine Arbeitsgruppe der EU-Institutionen Rat, Kommission und Parlament ein Verbot der Neuzulassung von Fahrzeugen mit Diesel- oder Benzinmotor ab 2035 beschlossen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen demnach nur noch Kraftfahrzeuge neu in den Markt kommen, die als „emissionsfrei“ gelten, also E-Fahrzeuge. Dazu sollen bereits bis 2030 neue Pkw, standardisiert gemessen, gegenüber dem Jahr 2021 um 55 Prozent und Nutzfahrzeuge um 50 Prozent weniger CO2 ausstoßen dürfen. Der nach Mitgliederzahlen drittgrößte Automobilclub Deutschlands hat seine Bedenken über das Ansinnen in einer Pressemitteilung geäußert und vermeldet:

„Der AvD hält die Festlegung für einen Rückschritt für die individuelle Mobilität der Bürger und ein falsches Signal für den Klimaschutz“.

Verengt auf E-Mobilität

Denn die Entscheidung für eine einzige Antriebstechnologie, nämlich den aus Batterien oder Brennstoffzellen gespeisten Elektromotor, schließe jeden möglichen anderen technologischen Weg automatisch aus, argumentiert der Mobilitätsexperte. Noch vor dem Beschluss habe ein gewisser Handlungsspielraum bestanden, da die rechtlichen Vorgaben aus Brüssel den Mitgliedsstaaten nur die Ziele vorgeschrieben, den Weg dahin aber „der Kreativität innovativer Menschen und Institutionen sowie der auch politisch gestützten Marktfähigkeit“ überlassen hatten. Dieses Potential sei nun praktisch verstellt.

Probleme bleiben unbeachtet

Zudem würden die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit elektrifizierten Antrieben überhaupt nicht berücksichtigt und im aktuellen Beschluss „komplett ausgeblendet“. Als Beispiele nennt der Autoclub die schon gegenwärtigen und drohenden Rohstoffabhängigkeiten beim Bau von batterieelektrischen Fahrzeugen in Deutschland und vielen anderen EU-Staaten:

„Weder ist bisher klar, woher die chemischen und mineralischen Materialien für die Batterien in ausreichenden Mengen kommen sollen – in der EU gibt es kaum Vorkommen, die Beschaffung muss auf den Weltmärkten erfolgen. Noch ist der aktuell vorhandene technologische Rückstand aufgeholt. Ebenso fehlen ausreichend Kapazitäten in der Produktion“.

Auch hänge der Markthochlauf der Elektromobilität wesentlich davon ab, dass die entsprechende Ladeinfrastruktur, und zwar in allen EU-Mitgliedsländern, zur Verfügung steht. Der von der Bundesregierung verabschiedete „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ verdeutliche, dass man sich der Tragweite der Vorgaben offenbar gar nicht bewusst sei. Denn eine gleichmäßige Flächenabdeckung beispielweise erfordere einen enormen Aufwand von mehreren Seiten:

„Die dort aufgeführten Maßnahmen haben einen straffen Zeitplan und stellen immense Anforderungen an alle öffentlichen und privaten Akteure“,

gleichfalls fehle der erforderliche Netzausbau. Zudem sei der „Fit for 55 – Ansatz“ der EU bei elektrischen Kraftfahrzeugen nur dann umsetzbar, wenn die notwendige Ladeinfrastruktur ausschließlich aus erneuerbaren Quellen stamme, aber das sei in kurzer Zeit nicht zu machen:

„Eine Umsetzung dieser ehrgeizigen Pläne wird eher Jahrzehnte als Jahre in Anspruch nehmen“.

Daher sei es falsch, in der EU-Entscheidung den Einsatz synthetischer Kraftstoffe zur Erreichung der Klimaziele auszuschließen, folgert der AvD. Denn diese sogenannten eFuels werden mit Strom und CO2 aus der Luft erzeugt und könnten zur sauberen Mobilität beitragen: „Sie verbrennen in herkömmlichen Motoren die gleiche Menge CO2 wie vorher klimaneutral produziert wurde.“ Zudem stehe die diesbezügliche Technologie bereits jetzt zur Verfügung. Für die Verwendung von eFuels lässt sich die weltweit bereits vorhandene Logistik-, Verteil – und Tankinfrastruktur weiterhin nutzen. Auch habe man die Technologie schon sehr weit entwickelt:

„Europäische Unternehmen und ihre Forschungsabteilungen sind führend in der Entwicklung und Produktion von regenerativen CO2-neutralen Kraftstoffen, die in Motoren mit hohem Wirkungsgrad eingesetzt werden können.“

Mehrere hundert Millionen Fahrzeuge alleine in Europa

In Deutschland sind derzeit mehr als 48 Millionen Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen, innerhalb der EU sind es 280 Millionen, weltweit rund 1,5 Milliarden. Die meisten davon werden 2030, also in nicht einmal acht Jahren, immer noch auf den Straßen sein. „Ohne einen klimaneutralen Betrieb mit synthetischen Kraftstoffen fahren die Autos mit fossilen Brennstoffen weiter.“ Die ehrgeizigen Ziele der EU ließen sich damit unmöglich einhalten.

Umso unverständlicher sei es daher, dass im ‚Fit for 55‘-Paket der EU zwar sogar eine Treibhausgasminderungsquote von eFuels vorgesehen ist, dann aber die langfristige Verwendung von Verbrennerfahrzeugen verboten werde. In dem Paket wurde festgelegt, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent herabzusenken mit dem letztlichen Ziel der Klimaneutralität bis 2050.

Nun muss der Beschluss der EU-Arbeitsgruppe noch formell vom EU-Parlament und dem Rat beschlossen werden. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt der EU werden die Bestimmungen dann bindend.

Nur wenige können sich E-Fahrzeug leisten

Auf die Widersprüchlichkeiten der EU-Pläne weist abschließend noch einmal AvD Generalsekretär Lutz Leif Linden:

„Die Entscheidung der EU widerspricht letztlich den selbst gesteckten Zielen zum Klimaschutz. Gleichzeitig ist es ein schwerer Schlag für die meisten Autofahrer. Fast alle nutzen ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Aber nur wenige können sich ein neues kostspieliges Elektrofahrzeug leisten“.

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Weltfremd

Zudem wurde die Förderung beim Kauf eines elektrifizierten Fahrzeugs in Deutschland gerade gekürzt, was eine Anschaffung noch weniger attraktiv macht. Zugleich jedoch sei eine große Zahl der Bevölkerung abhängig von der Nutzung eines eigenen Autos. „Autofahren wird durch diese weltfremde Entscheidung immer teurer“ –in der Folge könnten sich zukünftig nur noch finanziell besser Gestellte ein Auto leisten. Die Mobilität jedoch müsse bezahlbar bleiben. Daher plädiert der AvD für die Weiterentwicklung von eFuels. Linden:

„Wir rufen die Entscheidungsträger dazu auf, synthetische Kraftstoffe in die festzuschreibenden Flottenziele mit aufzunehmen.“

Neben dem Frankfurter AvD haben sich in der Vergangenheit unter anderem der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA), der ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe) und andere Institutionen der Branche kritisch zu den Einschränkungen für verbrennerbetriebene Fahrzeuge geäußert. Gemeinsam mit namhaften Unternehmen der Automobilindustrie wurde die Initiative eFuel-Alliance gegründet, eine Interessengemeinschaft, die sich eigenen Angaben zufolge für die industrielle Produktion von synthetischen flüssigen Kraft- und Brennstoffen aus erneuerbaren Energien einsetzt.

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