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Nachhaltig in allen Disziplinen

Sicherheit, soziales Verhalten, Sauberkeit – dafür steht das Busunternehmen Arzt Reisen aus Seligenporten und auch seine Werkstatt

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Thomas Pietsch

Die Firma Arzt Reisen war vor zwei Jahren schon einmal prominent in der PROFI Werkstatt vertreten. In der Ausgabe 1/2012 zierte ein Arzt-Reisebus der Marke Setra das Titelbild unseres Magazins. Ein Zufall, denn das damalige Werkstattporträt ging über die Buswerkstatt Eugen Herrmann aus Schwabach. Dort hatte Bernd Glas, Geschäftsführer von Arzt Reisen aus Seligenporten, 20 Kilometer südlich von Nürnberg gelegen, einen seiner neuen Setra-Busse zum Kundendienst. Warum die ehemals ausschließlich MAN fahrenden Seligenportener überhaupt mit einem Bus in Schwabach zu Gast waren, wird noch Thema sein.
Nun aber zu Bernd Glas. Bei unserem Besuch in der Oberpfalz haben wir ihn als einen Mann kennengelernt, der für bestimmte Werte einsteht: Ganz oben auf der Liste stehen bei ihm Sicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Natürlich, was die Ressourcennutzung und die Umweltfreundlichkeit seines Betriebes und seiner 64 Busse betrifft. Dazu gehört die vorbildliche Trennung und Entsorgung der Abfälle. Bei den Bussen legt der Geschäftsführer der Ludwig Arzt Omnibusverkehr e. K., kurz Arzt Reisen, Wert auf Sicherheitsfeatures, zum Beispiel Active Break Assist, Unfalldatenspeicher, Anti-Schlupf-Regelung ASR und Spurhalteassistent.

Mit Stickstoff gefüllte Reifen
Die Reifen der Fahrzeuge von Arzt Reisen werden in der hauseigenen Werkstatt mit reinem Stickstoff gefüllt. Ein weiterer Sicherheitsaspekt, denn dadurch kann der schleichende Druckverlust in den Reifen nahezu eliminiert werden. „Die Sauerstoffmoleküle in der Atemluft sind sehr klein und diffundieren mit der Zeit durch den Reifen. Das verursacht den Druckverlust“, erklärt Glas fachkundig. Alle Fahrzeuge werden auf allen Achsen zudem mit Winterreifen bestückt: Von O bis O, also Oktober bis Ostern. Außerdem verwendet das Unternehmen ausschließlich Neureifen.
Darüber hinaus lässt Glas, um auf Nummer sicher zu gehen, den Reifendruck überprüfen. Zu diesem Zweck kommen kleine LED-Lämpchen zum Einsatz, die auf das Reifenventil geschraubt werden, und die einen bestimmten Druckverlust anzeigen. Das sei ganz primitiv, funktioniere aber. Für die Zukunft hat er sich aber in eine Lösung von Pirelli verguckt. Dabei werden die aktuellen Druckzustände der Reifen zusammen mit einer Ortung permanent übertragen. Dieses System soll im Laufe des Jahres sukzessive eingebaut werden. Das hätte unter anderem den Vorteil, dass gleichzeitig eine Ortung dabei wäre. Stichwort: Diebstahlschutz.
Glas stellt die zweite Generation im Betrieb dar. Er ist 1977 als Kfz-Meister in das Unternehmen gekommen, nachdem er zuvor bei Mercedes-Benz in Nürnberg alle Fahrzeugarten, die der Stuttgarter Konzern in seinem Portfolio hat, kennengelernt hat. Fünf Jahre zuvor hatte er die Tochter des Betriebsgründers Ludwig Arzt geheiratet. Zunächst hat Glas die erst kurz zuvor gebaute Werkstatt, die 1975 entstanden ist, geleitet und aufgebaut. Bei Bedarf hat er als Fahrer ausgeholfen. Die Leitung des Busunternehmens hat er offiziell 1993 übernommen. Mittlerweile ist seine Tochter die Inhaberin des Geschäfts, und sein Schwiegersohn ist Geschäftsführer. Die rechtzeitige Übergabe findet Glas sehr wichtig, nachhaltig eben.
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Modernes Equipment

Die Werkstatt ist in ihren Grundzügen noch so wie sie 1975 gebaut wurde. Doch das Equipment ist modern: Zwei Arbeitsgruben jeweils mit einem Grubenheber bestückt und vier mobile Radgreifer-Hebeanlagen stehen zur Verfügung. Die Betriebsstoffe kommen vorgemischt aus dem Zapfhahn. Eine Prüfstraße mit Bremsenprüfstand gehört ebenso zur Ausstattung wie diverse Spezialgeräte. Zum Beispiel ein Generator, der gebraucht wird, wenn die Batterien der Busse bei Reparaturen außerhalb der Werkstatt schlapp machen. Zuletzt wurden auch die Rolltore ausgetauscht und durch moderne, besser isolierte ersetzt.
Alle Fahrzeuge werden in der Werkstatt vom TÜV Süd überprüft. Damit alle Busse rechtzeitig vorgeführt und zuvor durchgecheckt werden, gibt es eine Erinnerungs- und Terminsoftware. Darin sind alle Fahrzeuge gelistet. Die Software existiert mittlerweile seit gut 30 Jahren. Es ist eine bezahlbare Pkw-Werkstatt-Software gewesen, die Glas eigenhändig erweitert hat. Neben der Termin­erinnerung bildet sie auch die Reparatur- und Wartungshistorie ab und hilft dabei die Kosten pro Fahrzeug im Blick zu haben.
 In der Werkstatt arbeiten vier Mitarbeiter. Werkstattleiter ist Faruk Gashi, der seit 20 Jahren im Betrieb ist und die Busse aus dem FF kennt. Hinzu kommen drei Mechaniker. Glas fungiert als Mädchen für alles. Aus seiner Sicht ist seine Erfahrung durch nichts zu ersetzen. „Es gibt nichts, was nicht schon passiert ist“, versichert er. „Sehen Sie, ich dachte zum Beispiel immer, ich komme darum herum, dass einer unserer Busse abbrennt. Aber vor drei Wochen ist es doch passiert“, erzählt er.
Der sogenannte MUX-Knoten, ein elektronischer Verteiler, der sich im Bus-Chassis versteckt, ist explodiert. Der Bus war mit Schulkindern besetzt. Aufgrund der tollen Reaktion des Fahrers, der bei der Warnung durch das Display im Fahrer-Cockpit sofort die Kinder evakuierte, ist niemand verletzt worden. Schuld war ein technischer Defekt. „Unsere Mitarbeiter sind unser größtes Kapital“, sagt Glas bestimmt. „Das Zwischenmenschliche darf man beim Arbeiten nie vergessen“, ergänzt er. Und da ist es wieder: das Nachhaltige.
Dazu gehören natürlich auch Schulungen. Die Mechaniker machen alle drei Jahre die SP-Lehrgänge. Des Weiteren werden Fortbildungen der Bushersteller wahrgenommen, insbesondere bei Modellwechseln. Auch Schulungen im Bereich Elektrotechnik und zum Themenkomplex Klimaanlage, Heizung und Lüftung werden besucht. Die Klimaanlagen, ein bei Bussen sehr aufwendiges Arbeitsgebiet, werden übrigens auch von der Arzt-Werkstatt gewartet und repariert. Dafür muss spezielles Know-how antrainiert werden.

Neben der eigentlichen Werkstatthalle befindet sich die Waschhalle. Hier stehen zwei weitere Arbeitsbahnen zur Verfügung. Auf der einen Seite befindet sich eine selbstfahrende Drei-Seiten-Portalwaschanlage der Firma Otto Christ. Die erste hat von 1975 bis 1999 den Dienst versehen. Seit 1999 ist eine ökologischere und energieeffizien­tere Anlage eingebaut. Für Vorarbeiten gibt es einen Hochdruckreiniger. Die Waschanlage steht auch anderen Unternehmen zur Verfügung. Gelistet ist die Waschanlage über die IHK und den Tankkartenanbieter UTA im Internet. Genauso übrigens wie der hauseigene 24-Stunden-Pannendienst. Darüber hinaus wird in der Waschhalle mit zwei Industriestaubsaugern von Kärcher das Innere des Busses gereinigt. Hier befindet sich auch die Betriebstankstelle des Busunternehmens.
Alle zwei Jahre müssen sich bei den Reisebussen die Sitzpolster einer intensiven Wäsche unterziehen. Dafür gibt es sogar eine spezielle Mitarbeiterin. Für das alltägliche Waschen gibt es aber keine festen Pläne. „Wir waschen nur nach Bedarf. Das heißt, wenn es nicht notwendig ist, wird auch nicht gewaschen“, sagt Glas. Eine umweltbewusste Einstellung.
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Gewachsene Strukturen

Nachhaltigkeit ist für Glas aber nicht nur in Sachen Umweltschutz ein Thema. Auch Geschäftsbeziehungen müssen für ihn nachhaltig sein. Er spricht dann von „gewachsenen Strukturen“. Das betrifft auch seine Lieferanten. Zum Beispiel arbeitet er mit der Firma Europart schon lange zusammen. Alle gängigen Verschleißteile der relevanten Markenhersteller werden von der Europart-Filiale in Nürnberg geliefert.
Aber auch Werkstattausrüstung ordert er mittlerweile über den Teilehändler. So ist zum Beispiel die Ausrüstung in einem weiteren Teil der Werkstatt überwiegend von Europart geliefert worden. Neben der Waschhalle befindet sich noch ein Reifenlager, das mit Ausrüstung zur Reifenmontage und -auswuchtung von ATH-Heinl, einem Hersteller aus der Region, bestückt ist. Außerdem ist eine Zwei-Säulen-Hebebühne ebenfalls von ATH-Heinl für Kleinbusse vorhanden.
An Europart schätzt Glas neben dem gut aufgestellten Sortiment die schnelle Übernachtlieferung bei dringenden Bestellungen, die generelle Lieferfreudigkeit sowie die gut geschulten Mitarbeiter, die ihn auch im Außendienst regelmäßig besuchen. Darüber hinaus nutzt er das Online-Bestellsystem von Europart. „Teile, die einfach zu identifizieren sind, oder die wir ständig auf Lager haben, bestelle ich am liebsten online“, führt Glas aus. Diese Aussage treffe aber ebenso auf die Firma Zentrale Autoglas GmbH in Melle zu. Deren Niederlassung vor Ort wechsele schon mal eine Windschutzscheibe über Nacht aus.

Apropos Lager. Da hat die Werkstatt von Arzt Reisen etwas ganz besonderes zu bieten: Das Rollschranklager, das seitlich von der Werkstatthalle zu erreichen ist, ist ein absoluter Hingucker und für den Werkstattbereich eher unüblich. Wie kommt dieser Apparat denn in eine Werkstatt? Einfache Antwort. „In Nürnberg hat die Filiale einer Bank dicht gemacht. Die haben in dem Lager ihre Akten archiviert. Da habe ich angefragt und so kam das Rollschranklager zu uns. Der Paternoster für die Kleinteile stammt übrigens auch aus dieser Bank“, erzählt Glas. Die gängigsten Verschleißteile wie Filter, Luftbälge oder Bremsbeläge hat man bei Arzt Reisen auf Lager. Und auch ein Satz Keilriemen für alle im Fuhrpark befindlichen Fahrzeugtypen hängt im Lagerraum von der Decke.
Wieso eine Werkstatt für ein Busunternehmen wichtig ist, wollten wir von Bernd Glas wissen. Da musste er nicht lange überlegen: „Damit man die Autos in permanenter Beobachtung hat. Diese ständige Sichtung ist ganz wichtig für die Sicherheit. Natürlich sind auch die Kosten wichtig und die Schnelligkeit bei Reparaturen. Das würde man in Fremdwerkstätten niemals so schnell bekommen. Deshalb ist eine Werkstatt aus meiner Sicht zwingend notwendig“, findet Glas.

Wechselseitige Geschichte
Die 64 Busse des Unternehmens bestehen aus Reise-, Linien- und Kleinbussen. Die Kleinbusse basieren auf den Fahrgestellen von  „Fiat Ducto“ und „VW T5“. Damit ist man sehr zufrieden. Die Fahrzeuge laufen zwei bis drei Jahre ohne Probleme und dann haben sie ihre 400.000 Kilometer erreicht und werden verkauft. Bei den großen Bussen hat Arzt Reisen eine wechselseitige Geschichte, was die Wahl des Herstellers betrifft. Bis 1982 war das Unternehmen ein reiner Setra-Stall. Dann kam die Ideenschmiede Neoplan auf und lieferte immer wieder gute Ideen. Also wechselte man zu Neoplan, die dann im Jahre 2000 von MAN übernommen wurden. Und so fuhr man zufrieden einen MAN/Neoplan-Fuhrpark. Bis vor drei Jahren.
„Jetzt sind wir auf dem Weg zurück zu Setra“, offenbart Glas. „Es ist aus meiner Sicht das qualitativ bessere Fahrzeug und die Betreuung durch die Firma Herrmann und Setra in Ulm ist um einiges besser“, berichtet Glas.       

Thomas Pietsch

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