Kein Identifikationswerkzeug mehr
PROFI Werkstatt: Sie haben derzeit knapp 20 Ersatzteilkataloge für Nutzfahrzeuge im Programm. Wie wichtig ist dieser Vertriebskanal für Winkler?
Bernd Sixt: Dazu gibt es eine interne und eine externe Sicht. Die interne Sicht ist die: Sobald wir einen Katalog gestalten, beschäftigen wir uns noch intensiver mit den Produkten darin. Was sich dabei verändert hat ist, dass wir bestimmte Kataloge anders mit Artikeln bestücken als früher. Das betrifft insbesondere den Zugfahrzeug- Bereich. Hier wird nicht über Kataloge identifiziert. Letztendlich ist ein Katalog in diesem Bereich nur ein Ausschnitt vom gesamten Segment, das man anbietet. Interessanter sind für uns Spezialkataloge und Spezialentwicklungen. Diese Kataloge gestalten wir so, dass sie auch als Programmführer und Identifikationswerke genutzt werden können.
Und die externe Sicht?
Allgemein gesprochen kann man sicher sagen, dass der Nutzen der Kataloge eher auf der Marketing- als auf der Bestellebene angesiedelt ist. Der Kunde ruft weiterhin bei uns an und er identifiziert schwierige Produkte nicht über einen Katalog. Die Teilekataloge sind ein Schaufenster über unser gesamtes Angebot sowie ein Marketinginstrument.
Hat sich die Gesamtzahl ihrer Kataloge in den letzten zehn Jahren verändert?
Nein, die ist auf dem gleichen Level geblieben. Es hat sich letztendlich nur dahingehend verändert, dass wir weniger Zugfahrzeugkataloge und mehr Spezialkataloge zum Beispiel für Hydraulikkomponenten im Programm haben.
Hat sich die Druckauflage in den letzten Jahren verändert?
Bei uns ist das etwas schwierig zu bestimmen, weil wir als Unternehmen eine enorme Expansion durchgemacht haben. Vor zehn Jahren hatten wir die Hälfte der heutigen Betriebe. Dementsprechend hat sich die Druckauflage natürlich nicht verkleinert, sondern aufgrund der veränderten Flächenabdeckung in Deutschland, Österreich und der Schweiz vergrößert. Wenn man jetzt eine einzelne Region betrachtet, sieht das zum Teil etwas anders aus. Das liegt aber auch an einer Schrumpfung des Gesamtmarktes.
Was wissen Sie über die Nutzung der Kataloge: Wer nimmt die Kataloge in die Hand?
Im Werkstattbereich läuft ja auch schon viel über Online-Systeme. Aber bei Unklarheiten greift sich der Bestellende auch mal einen Katalog und blättert nach. Dann hilft ein Bild und eine Beschreibung dem Kunden weiter. Das betrifft aber nicht die ziehenden Einheiten, sondern eher den Zubehörbereich. Je nachdem wie die Unternehmen aufgestellt sind, ist das dann der Meister, der Einkäufer oder der Inhaber.
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Einige Anbieter lassen gar keine Kataloge mehr drucken, sondern setzen ausschließlich auf ein webbasiertes Angebot. Wie ist Winkler hier aufgestellt?
Wenn ich unseren Prozess anschaue, so muss ich sagen: Ein gedruckter Katalog ist bei uns bereits heute ein „Abfallprodukt“ aus der digitalen Welt. Die Datenbasis, die wir nutzen, ist immer dieselbe. Daraus gestalten wir dann drei Dinge: den Onlineshop, den blätterbaren digitalen Katalog sowie eine Version auf Papier. Logischerweise nehmen die Online-Medien tendenziell zu.
Einige Branchenexperten sagen voraus, dass in ein paar Jahren die gedruckten Kataloge verschwinden werden. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?
Wir richten uns da letztendlich nach der Marktentwicklung. Natürlich nehmen die Online- Bestellungen zu – hauptsächlich durch die Nutzung der jüngeren Generationen. Klar ist auch: Ein Katalogwerk ist zu dem Zeitpunkt, an dem es gedruckt wird, schon veraltet. Wir haben eine Datenbasis im SAP- und PIM-System und die entwickeln wir. Wir entwickeln keine Kataloge. Und aus dieser Datenbasis generieren sich wie gesagt verschiedene Kataloganwendungen. Wir beobachten nun ganz einfach, wie diese Kataloge in den nächsten zehn Jahren angenommen werden und richten uns entsprechend ein. Wir stehen nicht dogmatisch für den gedruckten Katalog ein, sondern richten uns nach der Nachfrage nach den Katalogen und achten dabei besonders darauf, in welchen Segmenten diese Nachfrage auftritt. Wir glauben, dass es Veränderungen geben wird, aber wir sagen nicht, dass es bald keine gedruckten Kataloge mehr gibt. Nur als Vergleich: Vor 15 Jahren hieß es, dass das Kino tot ist. Das ist auch noch nicht eingetreten.
Dann wird sich also nichts verändern?
Was sich verändert hat, ist der Anspruch an die Geschwindigkeit bei der Belieferung. Heute reicht eine Nachtexpress-Lieferung schon lange nicht mehr aus, sondern die Kunden werden mehrmals täglich beliefert. Und so entwickeln sich auch die Kataloge. Deshalb meine ich: Wenn man den Katalog als Marketinginstrument sieht, wird er weiterhin existieren, als Bestellhelfer und Identifikationswerk hat er durch die Teilevielfalt nicht mehr die Identifikationsbedeutung frührerer Jahre. Da gebe ich den Branchenexperten Recht.
Wie wird denn heute im Nutzfahrzeugsektor bestellt?
Bei einfachen, eindeutigen Produkten nutzt der Kunde Onlinemedien wie unseren Onlineshop. Aber wenn er ein erklärungsbedürftiges Produkt braucht, dann greift er zum Hörer und ruft den Fachberater an, der ihn kompetent berät und das richtige Produkt identifizieren kann. Diese Beratung macht auch heute noch den Löwenanteil aus. Trotzdem braucht man das ganze Repertoire an Bestellmöglichkeiten, denn der Kunde sucht sich nach Gusto und nach dem jeweiligen Problem seinen Weg aus. Das kann per E-mail, per Fax, per App oder per Direktanbindung an ein System sein. Das ist sehr kundenindividuell und auch sehr teileindividuell. Herr Sixt, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Thomas Pietsch, Chefredakteur PROFI Werkstatt.
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