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Spheros: Vernetzung der Subsysteme

Nach der Übernahme durch Valeo sprachen wir mit Fachleuten des Klimaanlagenherstellers Spheros über den aktuellen Stand der Technik. Ein Trend ist: Die moderne Elektrotechnik im Bus benötigt angenehme Temperaturen.

Forschungsprojekt: Der Hybridbus „MB-Citaro G Blue- Tec Hybrid“ fährt seit Herbst mit einer Luft- Wärmepumpe und innovativer Steuerung von Spheros. | Fotos: K. Bär, Spheros
Forschungsprojekt: Der Hybridbus „MB-Citaro G Blue- Tec Hybrid“ fährt seit Herbst mit einer Luft- Wärmepumpe und innovativer Steuerung von Spheros. | Fotos: K. Bär, Spheros
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Die Elektromobilität hält zunehmend Einzug in den städtischen Busverkehr. Bundesweit werden verschiedene Fahrzeugtypen und Systeme erprobt, unterstützt vom Bundesumweltministerium, das sein Förderprogramm für Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Busse kürzlich auf Elektrostadtbusse ausgeweitet hat.

Allerdings steht und fällt die Elektromobilität mit der Leistungsfähigkeit der Fahrzeugbatterien. Das erfordert auch neue Konzepte bei den Lieferanten von Buskomponenten und Zubehör, denn sie sollen den Energiespeicher so wenig wie möglich belasten und alle Möglichkeiten der Energierückgewinnung ausschöpfen. „Die Elektrifizierung schreitet auch in der Busklimatechnik voran. Elektronik und Software sind zunehmend wichtige Bereiche für uns“, sagt etwa Helmut Scheid, als technischer Geschäftsführer (CTO) für Entwicklung und Forschung beim Busklimaspezialisten Spheros GmbH zuständig.

Seit Kurzem werde beispielsweise in Hybrid-Plug-in-Bussen des schwedischen Herstellers Volvo, Göteborg, entsprechende Spheros-Technik serienmäßig verbaut (siehe unten). Für die Entwicklung solcher Elektro- und Hybridanlagen samt Regelungselektronik betreibt Spheros in Gilching bei München, wo das Unternehmen Mitte 2015 seine neue Zentrale bezogen hat, ein Labor. Der Standort verfügt nach Unternehmensangaben über zwei Leistungsprüfstände für Busklimaanlagen und Wärmepumpen, zwei Lebensdauerprüfstände für Verdichter sowie eine große Kältekammer.

Bei unserem Besuch in Gilching anwesend war auch ein Sprecher des französischen Automobilzulieferers Valeo, der Spheros im April übernommen hat. Die Franzosen gehen davon aus, dass der Bereich „Thermische Dienste“ im „hochdynamischen“ Markt der Autobusse in den kommenden Jahren um jährlich über fünf Prozent wachsen soll. Treiber des Trends seien die weltweit zunehmende Urbanisierung und die damit einhergehende Entwicklung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Das Portfolio von Spheros reicht von Heizsystemen und Klimaanlagen über Dachluken bis hin zu Elektroniksystemen. Die Gilchinger beliefern alle führenden Bushersteller sowie die großen Betreiber von Busflotten und verfügen dazu über ein weltweites Vertriebsnetz sowie Werke in Deutschland, Finnland, der Türkei, den USA, Brasilien, China und Indien. Die Bereiche Versuch und Prototypenbau für Klimasysteme sind aber zentral in Gilching angesiedelt. „In unserem Labor simu-lieren wir verschiedene klimatische Szenarien, um unsere Produkte unter realen Bedingungen zu testen“, erläutert Bereichsleiter Klaus Ellinger. Für Rüttelversuche etwa gebe es einen „großen Shaker“, für Dichtigkeitstests eine Beregnungsanlage. Nur die elektromagnetische Verträglichkeit der Anlagen werde bei externen Partnern geprüft.
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Noch im laufenden Jahr will Spheros in Gilching eine Busklimakammer in Betrieb nehmen, in die dann bis zu 20 Meter lange Doppelstock- und Gelenkbusse fahren können. Dann sind auch umfangreiche Klimatests direkt an größeren Fahrzeugen bei bis zu 40 Grad Celsius möglich, so Ellinger. Für Endabnahmetests betreibt die Konzernmutter Valeo außerdem eine große Klimakammer mit Windkanal in Hockenheim. Für die Versuche in Gilching verfügt Spheros über einen alten Stadtbus, bei dem eine externe Stromversorgung oder ein Hochspannungsgenerator den E-Antrieb simulieren. Darüber hinaus stellen namhafte Hersteller regelmäßig Testfahrzeuge zur Verfügung. Schon in der Entwicklungsphase für neue Modelle findet ein enger Austausch statt. „Wir machen auch gemeinsame Testfahrten nach Spanien, Lappland oder in die USA“, berichtet Ellinger.

Vollelektrische Drei-Zonen-Anlage
Auch in Forschungsprojekte ist Spheros eingebunden. Beispielsweise fährt der Hybridbus „MB-Citaro G BlueTec Hybrid“ im Projekt „Pilotlinie 64“ der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) seit Herbst mit einer Luft-Wärmepumpe der Gilchinger. Die vollelektrische Drei-Zonen-Anlage entzieht der Außenluft Wärme, mit der der Fahrgastraum beheizt wird. Eine Zusatzheizung über Wasser oder elektrische „PTC“-Heizer sind nur noch für das circa fünfminütige Abtauen der Anlage bei Vereisung nötig. Ab 24 Grad Celsius arbeitet die Wärmepumpe als Klimaanlage und kühlt den Fahrgastraum nach Bedarf ab.
Eine intelligente Steuersoftware, das sogenannte „Spheros Body Interface“ (SBI), vernetzt dabei weitere Subsysteme. Abhängig von den Umgebungsbedingungen und den verfügbaren elektrischen Energieressourcen wählt das System stets die Komponente mit der maximalen Effizienz aus. So erfasst es beispielsweise die Anzahl der Fahrgäste im Bus und schaltet die Innenraumheizung ab, wenn sie nicht benötigt wird. Ebenso kann die Software Nebenverbraucher anhand der Streckentopografie ein- oder ausschalten. Via GPS wird dabei die Position des Busses geortet. Entsprechend werden die Verbraucher prädiktiv geregelt beziehungsweise auch zu- oder abgeschaltet. Hohe Ladeströme etwa bei Bergabfahrten werden beispielsweise genutzt, um das Heizwasser vorzuwärmen, das dann beim Geradeausfahren verbraucht wird. Sogar Innenbeleuchtung, Dachluken und die Türsteuerung lassen sich in das SBI integrieren.

Weiterer positiver Nebeneffekt neben der Energieersparnis, der Geräuschreduktion und dem geringeren Schadstoffausstoß: Anders als in Dieselfahrzeugen, in denen dicke Schlauchleitungen die Klimaanlage mit dem Kältemittelverdichter im Motorraum im Heck des Fahrzeuges verbinden, befindet sich der elektrische Verdichter nunmehr kompakt auf dem Dach. „Dadurch lassen sich elektrische Klimaanlagen einfacher integrieren und warten“, betont Spheros-Experte Ellinger. Die Zukunft sieht Cheftechniker Scheid aber in kombinierten Systemen: „Es wird höchstwahrscheinlich bei der Wärmepumpe bleiben, die kombiniert wird mit Zusatzsystemen“, meint der Spheros-Geschäftsführer. Anja Kiewitt


Spheros-Technik bei Hybrid-Bussen
Seit Mai verfügen die Hybrid-Plug-in-Busse des schwedischen Herstellers Volvo serienmäßig über eine in Leichtbauweise gefertigte, vollelektrische Aufdachklimaanlage („Revo-E“, 25 kW Kälteleistung) der Spheros GmbH. Zudem verfügen die Fahrzeuge über einen „E-Cooler“ der Gilchinger Klimaspezialisten, der die Lithium-Ionen-Batterie auf dem Busdach im und vor dem Betrieb in einem engen Temperaturfenster halten soll. In unmittelbarer Nähe zur Batterie platziert, führt der E-Cooler laut Spheros mit einer Kühlleistung von maximal fünf Kilowatt jene Wärme ab, die beim Laden und Entladen entsteht. Bei Bedarf könne die Batterie auch vor ­Kälte geschützt werden, denn über den E-Cooler lasse sich eine Heizfunktion einbinden. Bei niedrigen Außentemperaturen wird der elektrisch angetriebene Kältemittelverdichter nicht angesteuert. Dann schaltet das System auf eine separate passive Wasserkühlung um.
 

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Artikel Spheros: Vernetzung der Subsysteme
Seite | Rubrik Klima-Spezial
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