Ein Drittel der Kosten
Rund 120 Lkw, davon 70 mit Plane als Hängerzug oder Sattelzug und 50 Lkw mit Ladekran, dazu kommen noch 150 Anhänger und Auflieger und 20 Mitnahmestapler: Das Pensum der hauseigenen Nutzfahrzeugwerkstatt des schwäbischen Logistikunternehmens Stöhr Logistik mit Sitz in Rottenacker, gut 40 Kilometer südwestlich von Ulm, ist beachtlich. Mit sechs Vollzeit- und fünf Teilzeitkräften sowie drei Auszubildenden kümmert man sich um den Fuhrpark. Die Werkstatt sitzt in Munderkingen, einen Ort weiter. In Absprache mit der Disposition kommen die Lkw hierher, um für SP und HU sowie zur Überprüfung des digitalen Tachos fit gemacht zu werden. Da die Lkw sowohl in Deutschland als auch in Europa unterwegs sind, müssen die Werkstattaufenthalte gut vorausgeplant sein. Am meisten ist naturgemäß zum Wochenende hin los, da steht der Hof der Stöhr-Werkstatt voll.
Der Fuhrpark besteht zum überwiegenden Teil aus Mercedes-Benz-Zugmaschinen, die zweite Marke ist MAN. Neben den gesetzlichen Prüfungen übernimmt man auch die Reparatur der Fahrzeuge, Ladekrane und Mitnahmestapler, führt den Klimaservice durch und betätigt sich auch im Karosseriebau. Die Fahrzeuge bleiben momentan recht lange im Unternehmen. Erst mit gut 800.000 Kilometern auf der Uhr werden sie verkauft. Das entspricht etwa sechs Jahren. Für die Werkstatt bedeutet das vor allem bei den zweiten 400.000 Kilometern: Anpacken!
Im vergangenen Jahr war es in der Munderkinger Werkstatt an der Zeit, das bestehende Diagnosegerät zu ersetzen. Laut Werkstattleiter Siegfried Diagnose von Mercedes „am Boden“. Man hätte ein neues „Xentry“-Gerät erwerben müssen. Da aber auch die bisherige Wabco-Diagnose in die Jahre gekommen war und man außerdem für die steigende Anzahl an MAN eine Diagnose-Lösung benötigte, wollte man nicht in drei Diagnosegeräte von den jeweiligen Herstellern investieren. Man schaute sich um.
Fündig ist man beim Nfz-Teilehändler Winkler geworden, mit dem man bereits seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Nach einer ausführlichen Beratung über die beiden bei ihm gelisteten Nfz- Diagnosegeräte von Bosch („KTS Truck“) und Texa („Navigator TXT“) entschied sich die Stöhr- Werkstatt für das Bosch-Gerät. Dabei konnte man noch nicht von den neuen kostenlosen Infotagen profitieren, die Winkler seit kurzem bundesweit organisiert, um seinen Kunden vor der Entscheidung für ein markenübergreifendes Diagnosegerät die erforderliche Fachberatung angedeihen zu lassen.
Keine Beschränkungen im Einsatz
Seit September 2014 ist der Bosch-Tester nun im Einsatz bei der Stöhr-Werkstatt. „Wir hätten eigentlich drei neue Diagnosegeräte gebraucht. Ausschlaggebend für die Entscheidung für ein markenübergreifendes Diagnosegerät war, dass wir nur ein Drittel der Kosten haben“, fasst Borchardt zusammen. Und das, obwohl sie als Mercedes-Kunde die entsprechende Diagnose zu einem guten Preis bekommen hätten. Aber drei laufende Lizenzverträge wären einfach viel teurer gewesen als nur einer. Und die Leistung? Kann der KTS Truck 800 mithalten? „Ja, wir kommen damit sehr gut klar. Wir können alle Arbeiten zu unserer vollsten Zufriedenheit durchführen. Nur die Updates der Steuergeräte im Fahrzeug können wir nicht machen“, erläutert Borchardt. Für diese Softwareupdates benötige man die Original-Diagnose-Tools. Allerdings beeinträchtigt dieses Manko den Fuhrpark nicht, denn durch die drei Jahre währende Garantie werden diese nachträglichen Entwicklungen seitens des Fahrzeugherstellers von der Vertragswerkstatt durchgeführt. Softwareupdates auf dem Fahrzeug nach dieser Zeit seien eher selten, sagt Borchardt.
[]
„Das Auslesen und Löschen des Fehlerspeichers, IST-Wert-Anzeige, Stellglied-Test bei Ventilen: Alles kein Problem mit dem KTS Truck“, versichert Borchardt. Außerdem lobt er die sehr intuitive Bedienung sowie die geführte Fehlersuchanzeige. Auch sei es einfach, die Schaltpläne aufzurufen, um fragliche Bauteile zu lokalisieren. Wie essentiell ein Diagnosegerät heutzutage ist, zeigt die Standardprozedur der Stöhr-Werkstatt, wenn ein Fahrzeug in die Halle rollt. Nach der gründlichen Sichtprüfung wird der Lkw erst einmal per OBD-Schnittstelle an den Tester gehängt. Etwa 15 Minuten dauert es dann im Durchschnitt, bis alle 35 bis 40 Steuergeräte von „Actros“ und „TGX“ ausgelesen sind. Neben den Vollzeitkräften müssen auch die Aushilfsmechatroniker den Umgang mit der Fahrzeugdiagnose beherrschen.
Die Aussage von Christian Hettich, der bei Winkler im Bereich Produkttraining tätig ist, wirkt deshalb umso unglaublicher: „In unseren Kundeninformationsveranstaltungen zum Thema Nutzfahrzeugdiagnose gibt es immer wieder mal ein, zwei freie Werkstätten, die noch nicht über ein Diagnosegerät verfügen“, wundert sich Hettich. „Es ist mir ein Rätsel, wie die überhaupt noch reparieren können“, fügt er hinzu. Werkstattchef Borchardt bestätigt das: „Ohne Fahrzeugdiagnose könnten wir eine Schranke vor den Hof machen und den Laden schließen.“
Software immer aktuell
Umso entscheidender, dass die „Bosch Esitronic“-Diagnosesoftware, die auf dem KTS Truck läuft, immer auf dem neuesten Stand ist. Alle drei Monate erhält die Stöhr-Werkstatt eine DVD mit dem neuesten Update. Dass dieses Update nicht übers Internet geschieht, ist Absicht. „Wir wollen uns damit keine Probleme ins Haus holen“, gibt Borchardt zu verstehen. Deshalb bleibe man bei der etwas altmodischen DVD. Diagnose- Spezialist Hettich von Winkler untermauert diese Herangehensweise. „Es gibt bei der Installation hin und wieder Fallstricke, was Einstellungen von Virenscannern und Firewalls betrifft“, erzählt er. Auch sollte das Diagnosegerät via Bluetooth kommunizieren dürfen. Dazu sind die richtigen Einstellungen und Treiber in der Software sowie im Betriebssystem notwendig. Dass das Diagnosegerät bei Stöhr nicht ans Internet angeschlossen ist, hat aber auch Nachteile. Borchardt nutzt zum Beispiel die Verschleißanzeige- Protokolle aus der Bosch-Diagnose, um sie in der Fahrzeugakte in der Werbas-Werkstattsoftware zu hinterlegen. Eine nützliche Funktion. Die Übertragung der Protokolle erfolgt allerdings per USB-Stick.
Fundiertes Wissen erforderlich
Generell erfolgt die Fahrzeugdiagnose einfach und selbsterklärend. Doch es gibt auch Fälle, die fundiertes Wissen erfordern. Das Einstellen der Wabco ECAS-Luftfederung beim neuen Actros ist so ein Thema. Falls man die Grundeinstellungen der Federung ändern möchte, muss man gleichzeitig auch die Radarsensoren, zum Beispiel für Active Brake Assist oder den Abstandstempomaten, neu kalibrieren. Für diese Art der Arbeiten sind Schulungen unverzichtbar. Bei Stöhr steht diese Weiterbildung jedoch noch aus, ist aber geplant.
Immer wieder meldet die Fahrzeugdiagnose jedoch: „Signal unplausibel“. Das kann dann verschiedene Ursachen haben: Eine Leitung ist gebrochen oder verstopft, ein Sensor defekt oder es liegt ein mechanisches Problem vor. In diesen Fällen hilft man sich untereinander. Die Mercedes- Vertragswerksstatt in Ehingen ist dann ein guter Informationslieferant. Aber auch mit anderen Werkstätten tauscht man sich aus, um unbekannten Fehlern auf die Spur zu kommen. Das ist wichtig, denn die Fahrzeuge halten zwar immer länger, werden aber auch immer komplexer. Und alles sagt einem der Diagnose-Laptop dann doch (noch) nicht. Thomas Pietsch
◂ Heft-Navigation ▸
Karosserie und Fahrwerk , Nfz Werkstatt-Newsletter, Wartung , Werkstatteinrichtung , Diesel , Reinigung und Entsorgung , Antriebsarten, Kraftstoffe und Emissionen , Ausbildung , Reifenservices , Schmierstoffe und Filter , Menschen (Personalien) , Fahrzeugdiagnose , Werkstatt-Services , Reparatur , Lkw , Werkzeug- und Ersatzeil-Kataloge , Zulieferer , Automechanika , Anhänger & Aufbauten , Fahrzeug-Teilehandel , Öle , Elektromobilität, Werkzeuge und Licht , Beste Profi Werkstatt Marke