Der Volta Zero kann bis zu acht Tonnen Nutzlast tragen und fährt sich dabei leicht und handlich wie ein kleiner Bus. Die erste Ausfahrt fand auf einem Testgelände südlich von Paris statt. Erster Eindruck: Sieht aus wie ein Bus ohne Fenster und fährt sich auch so. Der Fahrer sitzt mittig, links und rechts gibt es Sitze für zwei Beifahrer.
Auch der Einstieg ist busähnlich: Die Schwingtüren links und rechts öffnen elektrisch, die erste Stufe liegt geschätzt nur 20 Zentimeter über der Fahrbahn. Und hier ist ein mögliches Absenken – der Volta ist rundum luftgefedert – noch gar nicht eingepreist, das ginge sogar noch bequemer, ähnlich einer „Kneeling“-Funktion beim Stadtlinienbus.
Mirror-Cams überwachen den Raum links, rechts und vor dem Fahrzeug. Das Bild der Heckkamera zeigt ein mittig angebrachter Monitor in Form eines klassischen Rückspiegels. Dazu ein zentraler Bildschirm im Querformat für die fahrer-relevanten Informationen, links und rechts davon zwei Monitore im Hochformat: links für Fahrzeugfunktion und -überwachung, rechts für Medien, Navigation und Telematik-Funktionen. Die Direktwahltasten rechts steuern die Fahrfunktionen: Rückwärts, Neutral und Drive. Ohne die Lenkradtasten sind es gerade mal zehn Tasten, die der Fahrer hier direkt bedienen kann, der Rest läuft über die Touch-Bildschirme.
Die Startprozedur dauert, wie bei E-Trucks immer noch üblich, ein paar Sekunden, dann meldet das Hauptdisplay Bereitschaft und es geht los. Das Gelände im Zentrum eines Hochgeschwindigkeits-Ovals simuliert sehr gut ein städtisches Straßennetz, mit Kreiseln, Ampeln, Kreuzungen und Zebrastreifen. Auf dem Rundkurs geht der Volta richtig ab. Ihm den E-Beschleunigungskick aus Stromspargründen herauszuprogrammieren, hat man erst mal unterlassen. Wir erreichen fast 90 km/h Spitzengeschwindigkeit.
Auf dem Kurs durch enge Schranken, vorbei an Ampeln, eng gesetzten Verkehrsinseln peilt man auch von der Mitte aus die richtigen Abstände und Lenkeinschläge an. Das ist doch erstaunlich, dass sich das Auge so schnell an die ungewohnte Sitzposition anpasst. Möglicherweise fällt das Abschätzen der Entfernungen und Kurvenradien mit dem Mittelsitz sogar leichter, weil von hier aus alles symmetrisch wirkt.
Sitzen vor der Vorderachse
Die ungewohnte Sitzposition circa einen Meter vor der Vorderachse ist nur für Busfahrer nichts Neues. Der normale Verteiler-Trucker sitzt ja eher auf der Vorderachse. Aber auch die zurückgesetzte Vorderachse hat eigentlich nur Vorteile: Sie verkürzt den Radstand und ein kurzer Radstand erhöht die Wendigkeit enorm. Nicht umsonst gehören Stadtlinienbusse zu den wendigsten Fahrzeugen überhaupt. Nur mit dem Heck muss der Fahrer bei großen Überhängen aufpassen – das schwenkt dann schon mal ein Stück aus.
Der Volta ist für seine Größe extrem wendig und einfach zu fahren, gerade wegen des mittigen Fahrersitzes. Was heißt das für die Größe? Schließlich ist dieser erste Serienansatz der Schweden kein 7,5- oder Zwölftonner. Für Gründer Carl-Magnus Norden ist die städtische Warenverteilung auch eine Frage der Effizienz: „Wenn wir zu kleine Einheiten von 3,5 bis 7,5 Tonnen in die Städte schicken, erhöhen wir die Anzahl der Fahrzeuge und damit den Verkehr. Außerdem haben wir die Fahrer dafür gar nicht. Mit dem extrem wendigen und übersichtlichen 18-Tonner sind wir wesentlich effizienter unterwegs.“ Da ist was dran: Acht Tonnen Nutzlast auf einer Tour sind effizienter als zwei Tonnen auf dem elektrischen 7,5-Tonner oder eine Tonne im E-Transporter.
Die gesamte Bauweise des Volta ist an sich schon revolutionär: Bis zur Fahrerkabine haben wir ein normales Leicht-Lkw-Chassis mit Leiterrahmen, der Bereich der Kabine ist rahmentechnisch gesehen abgesenkt (Z-Bauweise), sodass sich ein „echter“ Niederflur-Zugang ergibt, mit tatsächlich tief liegendem Boden.
Volta bedient sich einer E-Achse von Meritor mit einem Motor und einem zweigängigen Getriebe. Auch dieses Element ist relativ einfach gehalten, stammt aus dem Meritor-Achsbaukasten und greift bei Bremsen und Naben auf gängige Komponenten zurück.
Schlaue Bauweise
Dadurch ist viel Platz im Inneren des Rahmens. Und den nutzt Volta zur Unterbringung der Batterien – gut geschützt gegen seitlichen Aufprall durch die Längsträger. Dazu kommt: Das Gewicht der Batterien liegt genau zwischen den Achsen, wichtig für gute Traktion. Und: Die Akkus nutzen den Raum nach oben bis zum Aufbau.
Das schafft eine gute Bodenfreiheit. Das Rahmenäußere bleibt so frei für die diversen E-Aggregate, die hier viel leichter zugänglich sind als im Rahmen: E-Kompressor für die Druckluftversorgung, E-Pumpen für diverse Hydraulik-Funktionen – alles gut erreichbar von der Seite hinter dem klappbaren Unterfahrschutz.
Dass ein Verteiler-Truck schon mal rein optisch aerodynamisch so gefällig daherkommt, hat laut Technik-Brain Kjell Waloen eher etwas mit der Bauart zu tun, denn mit aerodynamischen Gewinnen bei schneller Überlandfahrt. Waloen: „Letztere sind sehr wohl vorhanden, wir kommen aber jetzt erst dazu, sie näher zu untersuchen und zu quantifizieren.“ Das könnte spannend werden. Fakt ist: Die schräg abfallende Dachlinie kam durch die nahtlose Anbindung an die tief sitzende Fahrerkabine zustande. Das könnte für den späteren Marktanlauf die Dinge freilich etwas komplizieren: Denn Aufbauten, die nicht hundertprozentig von vorn bis hinten kubisch sind, mögen weder die Fuhrunternehmer noch die Aufbauer gerne. Der Aero-Koffer ab Werk, den Volta anbietet, ist im vorderen Dachbereich abgeschrägt.
Entwarnung kann insofern für Kühltransporte gelten: Volta bietet mit den Partnern Carrier und Lecapitaine komplette Kühlaufbauten mit FRC-Tiefkühl-Zertifizierung an. Carrier verbaut das Kühlaggregat seitlich am Rahmen, die Verdampfer im isolierten Koffer. Den Energiebedarf für minus 20 Grad beziffert Volta auf maximal 33 kWh bei „intensiver“ Verteilerrunde über acht Stunden. In Reichweite sollte das nicht mehr als 27 Kilometer kosten.
Mit Batterien versorgt wird der Volta vom US-Unternehmen Proterra. Der renommierte Hersteller liefert für den Volta genau zwischen den Rahmen passende LiFePO-Module mit 75 kWh Kapazität für das Einzelmodul. Es können zwei (150 kWh) oder drei Module (225 kWh) verbaut werden. Mit dem großen 225-kWh-Paket soll eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern in der Praxis möglich sein.
Gebaut in Österreich
Gebaut wird der Volta für den europäischen Markt ab sofort bei Steyr Automotive, vormals MAN Truck & Bus Austria. Beim Vertrieb setzt der Hersteller auf das Modell „Truck as a Service“: Es biete Flottenmanagern eine unkomplizierte und effiziente Möglichkeit, ihre Flotte zu elektrifizieren. „Die Betreiber wissen, dass sie auf elektrische Nutzfahrzeuge umsteigen müssen, und möchten dies oft auch, doch der damit verbundene Aufwand schreckt sie häufig ab“, so Volta. Truck-as-a-Service unterstütze hier, indem es eine einzige, erschwingliche monatliche Gebühr für die Nutzung eines vollelektrischen Fahrzeugs und alle damit verbundenen Kosten für die Ladeinfrastruktur, Wartung, Instandhaltung, Versicherung und Mitarbeiterschulungen anbietet. Bei Bedarf werde sogar ein Ersatz-Volta-Zero bereitgestellt. rod
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