Rallye Dakar - X-Raid: Überschläge kosten Zeit
Starkregen, Überflutungen, Hitze, enorme Höhen: Das sind die Widrigkeiten, mit denen die Teilnehmer des bekanntesten Rallye-Events in diesem Jahr zu kämpfen hatten. Die Rede ist von der Rallye Dakar. Das Querfeldeinrennen geht ja bekanntlich nicht mehr von Europa in die Hauptstadt des Senegals, sondern findet seit 2009 in Südamerika statt. Für das erfolgsverwöhnte X-Raid-Team endeten die 16 Etappen auch dieses Mal mit einem Erfolgserlebnis. Nasser Al-Attiyah, Quatar, und sein Co-Pilot Mathieu Baumel, Frankreich, gewannen im „Mini ALL4 Racing“ die Wertung der allradangetriebenen Fahrzeuge. In der Gesamtwertung belegte das Fahrzeug den zweiten Platz. Und noch drei weitere Fahrzeuge landeten in der Gesamtwertung unter den besten zehn.
Ein super Ergebnis. Doch das Team aus Trebur-Astheim, südlich von Rüsselsheim gelegen, konnte mit verschiedenen Piloten die Dakar in den vergangenen vier Jahren gewinnen. Pilot Al-Attiyah erklärte, warum es dieses Mal nicht ganz gereicht hat: „Durch den Überschlag auf der Fiambala-Etappe haben wir viel Zeit verloren, sonst hätten wir aus eigener Kraft ganz vorne stehen können. Aber so ist die Dakar und jeder macht Fehler. Ich will 2017 wieder bei der Dakar an den Start gehen und wieder um den Sieg mitkämpfen.“
Ein Sponsor des Rallye-Teams ist der Werkzeugproduzent KS Tools aus dem rund 40 Kilometer entfernten Heusenstamm. Seit 2008 stellt KS Tools für alle Fahrzeug-Teams das Werkzeug für alle Rennen, an denen X-Raid teilnimmt – darunter die Rallyes Dakar und Dubai. Der Kontakt wurde durch KS-Tools-Mitbegründer Stephan Schott hergestellt, der damals seine erste Rallye-Teilnahme im X-Raid-Team hatte. Der Grund für das Engagement ist neben der Präsenz in Print- und TV-Medien mit dem Firmenlogo auf Rennwagen und Teamkleidung, dass man demonstrieren kann, welchem extremen Einsatz die Werkzeuge standhalten. Die Werkzeuge müssen robust und zuverlässig sein und dem Einfluss von Schmutz, Sand und Wasser gewachsen sein. Bei den Rennen kommen die gleichen Werkzeuge zum Einsatz, die es regulär im Handel zu kaufen gibt. Nur ganz vereinzelt gibt es Adaptionen für den Renneinsatz, zum Beispiel einen längeren Aufsatz am Wagenheber wegen der speziellen Fahrzeughöhe.
Fast nichts mehr Serie
Bei dieser Rallye Dakar waren erstmals zwölf Mini des X-Raid-Teams am Start, in den beiden Jahren zuvor waren es zehn beziehungsweise elf. An den Rallye-Minis ist übrigens kaum noch ein Serienteil verbaut. Lediglich Windschutzscheibe, Türgriffe, Lichter, Logo und die Scheibenwischermotoren haben das BMW-Werk verlassen. An einem Rennfahrzeug arbeiten drei Mechaniker. Dazu kommen noch Elektriker, Motorspezialisten, Ingenieure und weitere Fachkräfte, die sich um mehrere Fahrzeuge kümmern. Alles in allem besteht das Team aus 120 Leuten.
Zum Fuhrpark gehörten bei der Dakar 2016 auch 13 Lkw. Pro Rennfahrzeug fährt in der Regel ein Service-Lkw mit. Vier Mini haben sich in diesem Jahr jedoch einen Servicetruck geteilt, sodass insgesamt zehn Servicetrucks dabei waren. Hinzu kamen ein Büro-Lkw, ein Küchen-Lkw sowie ein Race Truck. Rund 50 Tonnen Ersatzmaterial transportierten die Lkw sowie circa 800 Reifen inklusive Felgen. Abgerundet wurde der Fuhrpark von weiteren zehn Service-Pkw.
Das X-Raid-Team ist das einzige bei der Dakar mit so einem Küchentruck. Er ist hauptsächlich dabei, um Zeit zu sparen, da das Hospitality-Zelt des Organisators oft weit weg steht. Auch können die Rennfahrer somit gleich bei der Ankunft versorgt werden. Ein Koch und eine Hilfe betreuen den Küchentruck, zudem helfen weitere Leute aus.
In diesem Jahr haben einige Überschläge die Mechaniker auf Trapp gehalten. Zum Ausscheiden müssen derartige Stunts aber nicht zwangsläufig führen. Denn nur wenn der Sicherheitskäfig beschädigt ist, darf man nicht weiterfahren, da dieser bei einem weiteren Unfall endgültig brechen und damit zu schweren Verletzungen oder Schlimmerem führen könnte. Zudem darf der Motor nicht getauscht werden. Ansonsten haben die Mechaniker die ganze Nacht Zeit.
Täglicher Check nach der Etappe
Und die wird auch genutzt. Schlaf kommt während der Dakar definitiv zu kurz. Deswegen versuchen die Teammitglieder auch, jede freie Minute im Auto zu schlafen. Dafür ist aufgrund der 200 bis 800 Kilometer langen Fahrten Zeit. Je nach Abfahrt steht das Team zwischen 3:00 und 7:00 Uhr auf und fährt dann zum nächsten Biwak. Nachdem der X-Raid-Servicepark aufgebaut wurde, wartet man dann auf die ankommenden Rennfahrzeuge. Sobald die Mini ALL4Racing ins Biwak kommen, ist Zeit für das tägliche Durchchecken einiger Komponenten, zum Beispiel des Fahrwerks. Zudem sprechen die Ingenieure mit den Piloten und Co-Piloten. Wenn diese sie auf Probleme hinweisen, wird dem nachgegangen. Liegen keine Probleme vor, ist der Check der Fahrzeuge etwa zwischen 22:00 und 23:00 Uhr erledigt. Bei Problemen müssen die Mechaniker aber auch mal die ganze Nacht ran. Um sicherzugehen, dass bestimmte Bauteile nicht während der Etappen kaputt gehen, werden viele Bauteile nach festgelegten Kilometer-Laufleistungen getauscht.
Einige Reparaturen können die Piloten und Co-Piloten am Fahrzeug selbst durchführen. Dafür sind Werkzeug und Ersatzteile an Bord. Vor jeder Dakar gibt es ein Techniktraining, bei dem die Piloten die Reparaturen üben. Bei größeren Schäden muss der Racetruck helfen. Dort sind größere Ersatzteile und mehr Werkzeuge geladen. Allerdings müssen die Rennfahrer mehrere Stunden auf den Truck warten, da dieser später startet. Während den Etappen dürfen sich nur Teilnehmer untereinander helfen. Sollte das Team von außen einschreiten, würde der Fahrer disqualifiziert werden.
Einen speziellen Berufsweg, um Rennmechaniker zu werden, gibt es übrigens nicht. Beim X-Raid-Team haben viele eine Ausbildung in diesem Bereich, aber es gibt auch einige Quereinsteiger. Einige Mechaniker sind fest angestellt, die meisten sind allerdings freie Mitarbeiter und arbeiten während der Saison noch bei anderen Rennteams. Meistens auf der Rundstrecke, denn die hat im Winter Pause. Thomas Pietsch
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