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Berührungslose Fahrwerkanalyse

Im Mai vergangenen Jahres hat die zum Bosch-Konzern gehörende Firma Beissbarth aus München ihre berührungslose Achsvermessung „Touchless“ nach langer Entwicklungsphase auf den Markt gebracht: eine beeindruckende Technologie.

Transporter sind derzeit noch die einzigen Nutzfahrzeuge, die berührungslos vermessen werden können.
Transporter sind derzeit noch die einzigen Nutzfahrzeuge, die berührungslos vermessen werden können.
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Thomas Pietsch

Wir nähern uns dem neuen Achsvermessungssystem von Beissbarth zunächst nicht aus wirtschaftlicher Sicht, sondern aus technischer. „Touchless“ heißt die Achsvermessung bei Beissbarth, etwas sperriger „FWA 9000“ bei Bosch. Beissbarth ist seit 2007 Teil des Automobilzuliefergiganten aus Gerlingen. FWA steht dabei übrigens für Fahrwerkanalyse. In Zeiten, in denen mobiles Internet, Funkdrucker und selbsteinparkende Autos zum Alltag gehören, mutet eine berührungslose Achsvermessung zunächst einmal nicht sehr innovativ an. Dem ist aber ganz und gar nicht so.

Es revolutioniert schlichtweg die Achsvermessung, da es keinerlei Kontakt zwischen dem Messsystem und dem Rad, der Felge oder dem Fahrzeug gibt. Der Anwender spart sich ­sämtliche Rüstzeiten für die Anbringung von Messtafeln, Reflektionsmarken, Haltern oder Elektronik am Fahrzeug. Das erhöht den Durchsatz um ein vielfaches und ist außerdem sehr präzise, da es keine mechanischen Toleranzen, wie sie etwa durch falsche Montage auftreten können, mehr gibt. Das Fahrzeug wird auf die Vier-Säulen-Hebebühne gefahren, die Messung kann beginnen: Sturz, Einzel- und Gesamtspur werden im sogenannten „Smart Test Modus“ sekundenschnell ermittelt. Weitere Messdaten wie Fahrachswinkel, Nachlauf oder maximaler Lenkwinkel werden in der programmgeführten Standardmessroutine erfasst – der Lenkwinkel allerdings nur in Verbindung mit dem elektronischen Drehteller.

Flexibel an der Lauffläche
Das Ganze funktioniert so: Touchless besteht aus einem innovativen Laserprojektor der Laserklasse 1M, einer Stereokamera sowie einem permanenten Referenzsystem. Der Laserprojektor wirft tausende Laserpunkte auf Reifen & Fahrgestell, die beiden Kameras erfassen die Laserpunkte. Diese stellen nun die Referenzpunkte dar. Es wird ein 3D-Modell des Rades erzeugt. Nun bewerten Bildverarbeitungsalgorithmen die einzelnen Laserpunkte und nutzen sie für die Berechnung der Fahrzeuggeometrie.

Mittels sogenanntem „Smart Link Adapter“ (beziehungsweise „Universal Smart Link Adapter“) wird das System seitlich an die Laufflächen der Hebebühne montiert und kann damit schnell auf den jeweiligen Radstand angepasst werden. ­Neben Bosch-eigenen Hebebühnen können somit auch Fremdprodukte genutzt werden. Die Liste der freigegebenen Hebebühnen ist jedoch noch sehr übersichtlich.

Steuerung per Fernbedienung
Abgerundet wird die moderne Anmutung durch eine Bedienung der Software per Fernbedienung, die im Lieferumfang enthalten ist. Futuristisch ist auch der Aspekt, dass die Fahrwerksanalyse automatisch startet, da das System die Bewegung des Fahrzeugs erkennt. Kaum noch erwähnenswert ist schließlich, dass der Nutzer Zugriff auf die Kundendatenbank hat und die Messdaten live angezeigt werden, was für das Einstellen sehr wichtig ist.
Aktuell funktioniert das System nur für Radstände zwischen 1,8 und 4,6 Meter und ist beschränkt auf zwei Achsen. Somit sind Transporter mit Kastenaufbau derzeit die größten Fahrzeuge, bei denen Touchless einen schnellen Fahrwerkcheck durchführen kann. Es wird aber an einer Ausweitung des Systems auf schwere Nutzfahrzeuge und Busse gearbeitet. Doch wann das auf den Markt kommt, darüber wagen die Verantwortlichen bei Beissbarth derzeit keine Prognose.

Offensichtlich ist: Das System arbeitet um ein vielfaches schneller als herkömmliche 3D-Systeme. Deshalb eignet es sich vor allem für Werkstätten mit hohem Durchsatz. Nach Ansicht von Beissbarth könne man das System in die Dialog­annahme einbinden und somit ein neuartiges Geschäftsmodell kreieren, das auf einer kostenlosen Eingangsvermessung basiert. Doch das lässt sich im Nutzfahrzeuggeschäft wohl kaum umsetzen. Und um schließlich auch einmal die wirtschaftliche Seite zu berücksichtigen: Momentan kostet Touchless etwa das 2,5 bis 3-fache einer 3D-Achsvermessung. Das klingt nach viel, ist angesichts des Zeitgewinns aber durchaus fair, sofern man das Gerät ordentlich auslasten kann.

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Artikel Berührungslose Fahrwerkanalyse
Seite | Rubrik Achsvermessung
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