Die Einstempel-Scheibenbremse von Haldex auf dem Vormarsch

Aus Sicht von Haldex hatte die Wirtschaftskrise von 2008 auch ihr Gutes: Sie führte zum Umdenken und brachte bei Haldex ein vollkommen neues Konzept für Scheibenbremsen hervor. Die Sache ging fix. Schon im Jahr 2010 zeigte Haldex auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover sein neues „ModulT“. Jeffrey Stokes, weltweit bei Haldex für Scheibenbremsen zuständig, erinnert sich: „Das war der Beginn einer neuen Ära für die pneumatisch betätigten Scheibenbremsen.“ Heute ist die Liste der Abnehmer lang. Den entscheidenden Unterschied zur herkömmlichen Technik macht die Verwendung von zwei Führungsbolzen sowie eines besonderen Einstempel- statt des bis dahin zumeist üblichen Zweistempelmechanismus: Dank smarter Konstruktion vereint ModulT die Vorteile aus beiden Welten: Vom Zweistempelmechanismus übernimmt die Scheibenbremse die großflächige Unterstützung sowie die homogene Anpressung der Beläge. Aus dem Einstempelmechanismus resultieren geringes Gewicht und schlanke Bauweise.

„ModulT hat alle Vorbehalte nachhaltig entkräftet, die bisher gegenüber dem Einstempelmechanismus vorhanden waren“, lautet Stokes’ Fazit aus heutiger Sicht. „Mit unserem Konzept haben wir eine Verteilung des Anpressdrucks sowie einen Kraftfluss in der Bremse geschaffen, der so günstig wie bei einem Zweistempelmechanismus ist.“ Mit 31 statt 35 Kilogramm Gewicht wiegt aber zum Beispiel die 22,5-Zoll-Bremse ModulT DBT22LT vier Kilogramm weniger als eine vergleichbare Bremse aus der traditionellen ModulXFamilie von Haldex. Das spare nicht nur Material und Kosten, sondern verringere auch die ungefederten Massen am Fahrzeug. Gewicht spart bei ModulT aber nicht nur der neue Einstempelmechanismus, sondern auch eine besonders schlanke Architektur des gesamten Layouts bis hin zum neuen Monoblock-Bremssattel. Sowohl Bremssattel als auch Träger unterzog Haldex einer intensiven Finite-Elemente-Analyse und konnte beide Komponenten gewichts- und festigkeitsoptimiert neu konzipieren.

Auch an den Service hat man bei der Konstruktion gedacht: Bremsbeläge können laut Haldex fast ohne Werkzeug gewechselt werden. Um freien Zugang zu den Pads zu bekommen, genüge es, die Haltefeder am Bremssattel per Daumendruck zu entriegeln. Auch ausgeschlagene Führungsbolzen oder der Bremssattel ließen sich in jeder Werkstatt mit geringem Aufwand ersetzen. Der Marktanteil von ModulT wächst laut Haldex kontinuierlich. Im Volumenmarkt mit Neun- Tonnen-Achsen bestückt nicht nur SAF, sondern auch der zu Krone gehörige Achshersteller Gigant Trenkamp & Gehle zum Beispiel sowohl die „Krone Trailer Achse“ als auch die bewährte „Euro- Achse“ mit ModulT. Und unter der Bezeichnung „DCA L7“ ist ModulT-Technik nun auch bei Mercedes-Benz TrailerAxleSystems zu finden, die inzwischen zur Jost-Gruppe gehört.

Ausweitung des Produktprogramms

Ihren Einstand gab die neue Bremsenfamilie ModulT als achsungebundene Trailerbremse. Längst ist Haldex jedoch damit beschäftigt, das Produktprogramm mit dieser Technik zu erweitern. Schließlich wurde die Scheibenbremse als komplettes Programm sowohl für gezogene als auch für ziehende Einheiten konzipiert. „Serienstart für die Trailerbremse in 19,5-Zoll war Frühjahr 2015, spezielle Truck- und Busvarianten von 17,5 bis 22,5 Zoll folgen“, kündigt Stokes an. Auf der IAA 2014 zeigte Haldex bereits eine neue 22,5-Zoll-Ausführung namens ModulT DBT 22 MD, die es auf ein maximales Bremsmoment von 25 kNm bringt und speziell für Lkw und Bus konzipiert ist, sich aber genauso für schwere Einsätze am Trailer eignet. Das ModulT-Spektrum soll insgesamt von 17,5-Zoll-Bremsen mit maximal 15 kNm bis hin zur Heavy-Duty-Version für 22,56-Zoll-Anwendungen reichen, die es auf maximal 30 kNm bringt.

Online-Tool hilft vielseitig

Eine weitere Neuheit im Kosmos von Haldex ist außerdem der Trailer Application Guide. Von ihm sollen Fahrzeugbau, Werkstatt oder Ersatzteilhandel profitieren. Das Online-Tool (www. haldex.com) erlaubt den Zugriff auf alle Haldex- Systeme für die gezogene Einheit. Ein Fahrzeugbauer sucht zum Beispiel nach Informationen, welches Bremsschema für ihn infrage kommt. Die entsprechenden Filter gesetzt, sucht ihm das System unter den circa 1.000 vorhandenen Plänen die paar passenden Schemata heraus, die für ihn relevant sein werden. Das Gleiche gilt für die Konfiguration von Luftfederungen oder der EBS-Verkabelung bis hin zu den Aux-Anschlüssen. Der Mechaniker in der Werkstatt steht vor der Aufgabe, ein EBS-Kabel auf seine Funktionsfähigkeit hin überprüfen zu müssen. Der Trailer Application Guide lotst ihn durch das reichhaltige Angebot an Kabeln und Varianten bis hin zu Unterseiten, die Details wie die jeweilige konkrete Kabelbelegung zeigen. So weiß der Mechaniker beim Verdacht auf Kabelbruch, was er gegebenenfalls an welcher Stelle durchzumessen hat.

Auch eine Anbindung an die Diagnose ist beim Trailer Application Guide vorhanden. Der Anwender kann hier die Parameter für die Aux-Belegung herunterladen und dann das elektronische Bremssystem entsprechend programmieren. Und gibt der Nutzer die ihm vorliegenden Fehlercodes ein, erhält er vom Trailer Application Guide die entsprechenden Handlungsanweisungen.